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Wohnen im Denkmal

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Großzügig: Das Dachgeschoss des restaurierten Fachwerkhauses ist ein weitläufiger Lebensraum.
Großzügig: Das Dachgeschoss des restaurierten Fachwerkhauses ist ein weitläufiger Lebensraum. © sr

Die von Katja Boost-Munzel und Reinhard Munzel sanierte und bewohnte ehemalige Kommandantur der Gaylings in der Amtsgasse 31 ist mit dem Denkmalschutzpreis des Landkreises ausgezeichnet worden.

Babenhausen – Treppe rauf, zur Rechten die sandstein-rötliche Bruchsteinmauer, die bei der Präsentation zur Verleihung des Denkmalschutzpreises ein eigenes Bild wert war. Der Eingangsbereich vermittelt eine Ahnung der ungewöhnlichen Geschosshöhe dieses einstigen „Hallenhauses“, wie Kreisdenkmalschützerin Liane Mannhardt den Fachwerkbau in der Amtsgasse bei der Verleihung des Denkmalschutzpreises des Landkreises das Objekt bezeichnet hat. Dann wieder eine Treppe runter, gesichert durch einen provisorischen Handlauf, dessen Fixierung durch eine Schaubzwinge als dauerhaftes Provisorium fast schon wieder Teil des Denkmals geworden ist.

Das Vordach eines historischen Nebengebäudes, das Bauherr Reinhard Munzel Stein für Stein an diesen neuen Standort versetzt hat, bietet Gelegenheit zu einem entspannten Gespräch. Der Blick wandert immer wieder auf den großen Baukörper mit seiner für eine Fachwerk-Konstruktion ungewöhnlichen Fenster-Geometrie. „Das ist Barock“, sagt Munzel und datiert diese Fassade damit in das 17. oder 18. Jahrhundert – also später angefügt an die Kommandantur der Gaylings von Altheim, ein Burgmannenhaus von 1546, eingefügt in ein Cluster von Herrschaftshäusern im mittleren Abschnitt der Amtsgasse. Gegenüber stehen das Gasthaus „Zum Adler“ und das Territorialmuseum, in das Bauunternehmer Dieter Aumann viel Liebe und Geld investiert hat.

Muzel hat den größten Teil der umfangreichen Sanierung in familiärer Eigenleistung gestemmt. Und das will was heißen bei einem Bau mit 400 Quadratmetern Wohnfläche, der in nicht allzu ferner Zukunft 500 Jahre alt sein wird. „Eigentlich sind wir zu dem Haus gekommen wie die Jungfrau zum Kind“, berichtet der Zimmermann, der zudem in Darmstadt Architektur studiert hat. Aus dem Studienkontakten heraus ist die Firma ArchimediX entstanden, die – mit Sitz in einer Hofreite in Ober-Ramstadt – vor allem 3D-Visualisierungen von Gebäuden betreibt. „Wir haben bei Wiesbaden zur Miete gewohnt, und es gab Überlegungen, den Wohnsitz näher zur Arbeit zu bringen. So sind wir 2004 im Internet auf dieses Haus gestoßen, das damals schon eine Weile zum Verkauf stand, aber keinen Investor gefunden hat.“

Liebe zum Detail: Diese Tür hat Munzel wie viele andere aufarbeiten lassen.
Liebe zum Detail: Diese Tür hat Munzel wie viele andere aufarbeiten lassen. © sr

„Die Substanz war im Kern gut“, beschreibt Munzel die Ausgangssituation beim Start der Sanierung 2005. Ein Programm für Jahre. „Gegenwärtig wiege ich 92 Kilo und bin ziemlich schlank, bis zu unserem Einzug war ich runter auf 79.“ 2009 sind die Schwiegereltern im Erdgeschoss eingezogen, 2010 schließlich Munzel mit Familie obendrüber. Und damit war die Baustelle noch längst nicht abgeschlossen: „Die Straßenfassade haben wir erst 2017/18 neu gestaltet.“

Bei allem hat Munzel sich so nahe wie möglich am Original orientiert und iste voller Lob für das fast 500 Jahre alte Eichengebälk, das nur an wenigen Stellen ausgebessert werden musste. Lehmputze, aufgearbeitete Fliesen vom Dachstuhl, Dämmung aus Schafwolle – Bauen wie früher und mit so viel Natur wie möglich. Spätere Betonsünden hat er herausgebrochen.

Oben auf der Dachstuhl-Ebene erstreckt sich eine geräumige Wohnlandschaft mit Küche, mächtigem Esstisch aus uralten Balken und einer Lounge. In der Ecke steht ein kleines Elektrogerät. „Das ist ein Luftbefeuchter. Manchmal wird es in einem solchen Fachwerkbau nämlich recht trocken.“ Heißt: Stockflecken, ja Schimmel, oft ein Problem in schlecht gedämmten Bauten des vorigen Jahrhunderts, sind hier ein Fremdwort. Munzels: „Es gibt keine gesündere Wohnumgebung als ein solches Fachwerkhaus.“ (sr)

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