„Lebensmittelpunkt“ in Babenhausen hat immer mehr Kunden

Armut anzugehen wird beim „LebensMittelPunkt“ in Babenhausen, dessen knapp 50 Aktive allesamt ehrenamtlich arbeiten, als soziale Aufgabe begriffen.
Babenhausen- Im Juni 2011 haben wir den Laden zur ersten Ausgabe geöffnet“, erinnert sich Manfred Müller, Vorsitzender der „LebensMittelPunkts“ (LMP). Bedürftige Menschen aus Babenhausen und Schaafheim mit Lebensmitteln zu unterstützen, das war und ist die Mission. Die ist größer geworden. Und man könnte von einem Erfolg des Projekts sprechen, wäre der Umstand, dass es die Einrichtung geben muss, nicht so ein trauriger. Armut anzugehen, wird beim LMP, dessen knapp 50 Aktive allesamt ehrenamtlich arbeiten, als soziale Aufgabe begriffen.
180 bis 220 Kunden pro Woche, die im Sozialkaufhaus in der Schlossgasse gegen ein paar symbolische Euro mit Lebensmitteln versorgt werden, das war lange der Durchschnittswert. Im Vorjahr habe sich die Zahl der Bedürftigen fast verdoppelt, sagt Manfred Müller. Fast 400 Menschen pro Woche kommen an den drei Ausgabetagen, seit der Krieg in der Ukraine ausgebrochen ist.
Der Vorsitzende des LMP, der mit seinen Vorstandskollegen Sören Elvert (stellvertretender Vorsitzender) und Jessica Elvert-Schumacher im kleinen Caféteria-Bereich des Ladens sitzt, lässt die vergangenen Monate Revue passieren. Kaffee und Kuchen stehen auf dem Tisch – dass ist selten geworden, seit dem Coronaausbruch. Noch immer herrscht Maskenpflicht für die Kundschaft, die bereits vorgepackte Tüten erhält. Bald, Anfang März, sollen die Abläufe wieder normal werden. Das heißt: Lebensmittel dürfen in den Warenauslagen ausgesucht werden, und die Caféteria öffnet zum Verweilen und Plaudern.
Die Warenregale sind blitzblank geputzt, alles ist ausgegeben. Obwohl die Spendenbereitschaft in den hiesigen Läden und Märkten nicht abreißt, wird es bei der Flut an Bedürftigen knapper. „Wir mussten unsere Stammkunden von zweimal auf einmal wöchentlich herunterfahren“, erzählt der Vorsitzende, „manchmal müssen wir auch die Warenausgabe reduzieren, damit jeder etwas bekommt.“ Müller spricht von einem explosionsartigen Kundenzuwachs seit der Flüchtlingswelle aus der Ukraine. Für die 42 Helfer und den Vorstand des LMP waren die vergangenen Monate eine Belastungsprobe: „Manchmal sind wir an unsere Grenzen gekommen.“ Allein die Sprachbarriere war gewaltig, und mangels menschlichem Übersetzer musste das Smartphone beim Übersetzen helfen. Trotz der Mehrbelastung habe keiner im Team aufgegeben: „Wir sind stolz auf unsere Leute.“
Im Vorstand jammern sie nicht, sondern zeigen sich dankbar. Auch, dass so viele Privatleute und Unternehmen unterstützen, selbst Parteien, zuletzt die Grünen, spenden Sitzungsgelder, Schulklassen sammeln, und Kirchenkollekten werden für den LMP gestiftet. „Wir kommen über die Runden“, so der Tenor aus dem Vorstand, wenngleich man ein bisschen die Luft anhält. Denn die Kosten steigen. Die Stromabrechnung des Anbieters für das Vorjahr steht noch aus, wahrscheinlich wird es eine Preisanpassung nach oben geben. Dass der Vermieter die Heizung gegen einen modernen, sparsameren Brennkessel austauschte, dürfte die höheren Gaskosten amortisieren, hofft Müller.
Dass die Einrichtung nicht nur Freunde und Unterstützer hat, beunruhigt Müller nicht. Eine Interessengemeinschaft (IG) aus Anwohnern hat sich formiert und den Laden als einen von drei „sozialen Brennpunkten“ in der Altstadt tituliert. Die wartenden Menschen, die dreimal wöchentlich zu den Ausgabeterminen kommen, sind ebenso ein Dorn im Auge, wie Fahrräder die angeblich an Hausfassaden lehnten.
Die Kritiker schrieben nicht nur die Stadt, die politischen Fraktionen und die Presse an, sondern auch den Vermieter der Räume sowie LMP-Unterstützer. Müller spricht von „einem Nachbarn, der ein Riesenproblem mit uns hat“. „Jetzt fotografiert er die Kunden – eine schlimme, unmögliche Art“, berichtet der LMP-Vorsitzende, der noch einmal versuchen will, das Gesprächs mit dem Nachbarn zu suchen. (zah)