Darmstadt: Bedroht ein Riesenkäfer-Fund die ICE-Pläne der Bahn?

Ein Riesenkäfer sorgt für Riesenwirbel: Wegen des unter Schutz stehenden Insekts muss die Deutsche Bahn die geplante ICE-Trasse durch den Westwald überdenken.
Darmstadt – In Darmstadt* droht eine vom Aussterben bedrohte Riesenkäfer-Art, die Pläne der Deutschen Bahn (DB) durcheinander zu bringen. Diese will ab 2030 eine neue ICE-Trasse zwischen Frankfurt und Mannheim in Betrieb nehmen. Das Problem: Die geplante Strecke führt mitten durch den Westwald, wo Umweltaktivisten den unter Artenschutz stehenden Großen Eichenbock (auch Heldbockkäfer) entdeckte haben wollen. Zuerst berichtete der Hessischen Rundfunk (hr) über den Fall.
Im Sommer 2021 hätten Umweltaktivisten typische Bohrlöcher an einer Eiche, mehrere Käferteile, Hinweise auf Larven sowie ein lebendes Exemplar des Großen Eichenbocks gefunden, teilte die Westwaldallianz mit, ein Bündnis aus Umweltverbänden und Bürgerinitiativen. Die Population der bedrohten Art schrumpft durch die Nahrungsknappheit vielerorts. Der Käfer ernährt sich laut Naturschutzbund Deutschland (NABU) vornehmlich von Eichen, die sehr alt und bereits geschädigt sind.
Die moderne Forstwirtschaft, der voranschreitende Klimawandel und die einhergehende Trockenheit bedrohen den Eichenbestand und damit auch den Großen Eichenbock. Inzwischen ist er durch die Naturschutz-Richtlinie der EU streng geschützt. Auch einen geschützten Hirschkäfer wollen die Naturschützer in dem Darmstädter Wald aufgespürt haben. Sie erhöhen nun den Druck auf die Verantwortlichen des Streckenausbaus.
Planungen für ICE-Trasse in Darmstadt in Gefahr? Käfer-Fund sorgt für Unsicherheit
Bei der DB dürfte man deshalb weit weniger erfreut über die Entdeckung des Waldbewohners sein. Die neue, bei Anliegern nicht besonders beliebte ICE-Trasse*, die die Süd-Anbindung an die neue ICE-Schnellstrecke zwischen A5 und A67 darstellen soll, führt laut der Pläne von Anfang 2020 mitten durch den Westwald in Darmstadt Um diesen zu schonen, sollen Teile der Anbindung im Tunnel verlaufen, heißt es schon in den Ursprungsplänen der ausgewählten Vorzugsvariante 2b.
Allerdings erstrecken sich die Funde des Großen Eichenbocks laut hr über die gesamte geplante Trasse. Auch zwischen der A5 und der A67, wo die Bahnstrecke komplett überirdisch verlaufen soll, wurden mutmaßlich besiedelte Eichen gesichtet. Umweltschützer fordern jetzt, dass alle Bäume im betroffenen Gebiet unter Naturschutz gestellt werden – was den Ausbau und die damit verbundenen Baumfällungen mindestens ausbremsen könnte.
Der Deutschen Bahn sei das Vorkommen des Großen Eichenbocks schon länger bekannt, bestätigte eine Sprecherin gegenüber dem hr. Allerdings plane das Verkehrsunternehmen den Käfer-Bestand aller relevanten Arten in einigen Bereichen neu zu kartieren. „Ein Ausschlusskriterium für die Genehmigung einer Trasse“ sei das Vorkommen nicht. Ein möglicher Lösungsansatz der Bahn wäre es dem Bericht zufolge, besiedelte Bäume an eine andere Stellen zu verpflanzen. Allerdings sind die Pläne noch nicht konkret.
Darmstadt: Riesenkäfer könnte Deutsche Bahn teuer zu stehen bekommen
Die Stadt Darmstadt verwies auf hr-Anfrage zur IC-Trasse im Westwald auf eine alte Forderung: Bis zur A5 solle die Bahnstrecke unterirdisch verlaufen – und zwar so tief, dass er das Wurzelwerk der Bäume nicht beschädigt. Das könnte ein möglicher Lösungsansatz des Käfer-Problems sein.
Auch die Westwaldallianz sieht darin „das geringere Übel“. Für die Bahn könnte das allerdings sehr schmerzvoll werden: Nach eigenen Aussagen wären mit dem Tunnel, nur für die Strecke bis zur A5, Mehrkosten von bis zu 45 Millionen Euro verbunden. Letztendlich liegt Entscheidung über den Streckenverlauf beim Bundestag. (Monja Stolz) *op-online.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.