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Aus Abluft wird Waldbodenduft

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Über dicke PE-Rohre wird die Abluft aus Rohabwasserhebe-, und Zwischenpumpwerk, aus Belebungsbecken und noch etlichen mehr in die Biofilteranlage geleitet. Dort machen sich unzählige Mikroorganismen im Filtermaterial (rechts) an die Arbeit.
Über dicke PE-Rohre wird die Abluft aus Rohabwasserhebe-, und Zwischenpumpwerk, aus Belebungsbecken und noch etlichen mehr in die Biofilteranlage geleitet. Dort machen sich unzählige Mikroorganismen im Filtermaterial (rechts) an die Arbeit. © p

Dietzenbach -  Offiziell hat die städtische Kläranlage fünf Mitarbeiter, man könnte aber auch sagen Millionen, wenn nicht Milliarden. Dann nämlich, wenn die Mikroorganismen der Biofilteranlage mitgerechnet würden. Von Nina Beck

Diese werden in einem Filtermaterial aus gerissenem Wurzelholz (untere Schicht) und Holzhackschnitzeln aus Nadelholzrinde (Abdeckung) aktiv und ernähren sich gewissermaßen von Abluft – von einem „biologischen Rasen“ spricht Kläranlagenleiter Dieter Bretzigheimer denn auch. Und sie sorgen dafür, dass die Anwohner in Steinberg nicht „die Nase voll“ haben von dem Gestank, den eine Kläranlage üblicherweise mit sich bringt.

„Als die Kläranlage Mitte der 60er Jahre in Betrieb gegangen ist“, sagt Bretzigheimer, „stand diese noch auf der grünen Wiese. Doch dann begann der Bau-Boom, die Wohnbebauung rückte immer näher an die Kläranlage heran, die ihrerseits mehrmals, in drei Bauabschnitten, erweitert wurde.“ Und damit begannen die Probleme: Die Geruchsbelästigung war „überproportional wahrnehmbar“, besonders schlimm war es bei Ostwind, erinnert sich Bretzigheimer, der seit 1993 in der Kläranlage arbeitet. Und so blieben bittere Beschwerden der Anwohner nicht aus. Die Stadt musste handeln, gewisse Becken wurden abgedeckt, so dass es, vor allem im Sommer, zu deutlich weniger Geruchsbelästigung kam. Auch das Regierungspräsidium Darmstadt war hier mit im Boot, sagt Bretzigheimer.

Seitdem wird die Abluft abgesaugt und gereinigt, mit insgesamt drei Biofiltern – zwei davon im Jahr 2000 installiert – und einem physikalischen Abluftwäscher, der, gemeinsam mit Biofilter III, drei Jahre später eingerichtet wurde. Der Biofilter funktioniert so, dass die Abluft zunächst über PE-Rohrleitungen abgesaugt und schließlich künstlich über Einspritzdüsen angefeuchtet wird. So nimmt die Abluft Wasserteilchen mit und durchströmt von unten das Biofiltermaterial, das in rechteckigen Becken auf einem Gitterboden aufliegt, also das gerissene Wurzelholz. In diesem Milieu fühlen sich Mikroorganismen richtig wohl – und so machen sie sich an die Arbeit, sprich: Geruchsstoffe umwandeln in eine Luft, die, wenn sie das Wurzelholzbett beziehungsweise die Holzhackschnitzel an der Oberfläche verlässt, nach Waldboden riecht. „Das ist ein ganz natürlicher Prozess, ist abgekupfert aus der Natur“, sagt Bretzigheimer.

Je nach der Intensität der Belastung muss das Biofiltermaterial nach etwa drei bis fünf Jahren ausgetauscht werden. Das war gerade vor kurzem erst der Fall, erläutert Bretzigheimer, weshalb die Holzhackschnitzel aus Nadelholzrinde derzeit auch noch recht hell sind. Später werden sie dann grau. Außerdem fängt das Filtermaterial mit der Zeit an, von unten Humus zu bilden. Dann kann die Luft nicht mehr so ungehindert durchdringen wie gewünscht, so dass ein Austausch erfolgen muss.

Biologische Abluftbehandlung werde durchaus häufiger und in verschiedenen Bereichen angewandt. Dass Kläranlagen über einen solchen Filtermechanismus verfügen, sei kein Standard, Dietzenbach aber andererseits auch kein Einzelfall, so der Kläranlagenleiter. Ein Biofilter werde eben nur dann nötig, wenn die Wohnbebauung sehr nah an eine Kläranlage gerückt ist.

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