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Anklage nun vor dem Landgericht

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Von: Stefan Mangold

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Prozessakten im Gericht (Symbolbild)
Ein 39-jähriger Dietzenbacher, der 2016 seine damalige Freundin vergewaltigt haben soll, steht erneut vor Gericht. (Symbolbild) © Swen Pförtner / dpa

Vor dem Schöffengericht in Offenbach hatte ein Dietzenbacher im vergangenen Jahr nach seinem Freispruch wegen einer mutmaßlichen Vergewaltigung hoffen dürfen, es sei vorbei. Die Staatsanwaltschaft legte aber Berufung ein. Das Landgericht in Darmstadt verhandelt den Fall nun neu.

Dietzenbach/Darmstadt – Zu Beginn des ersten Prozesstages moniert die Richterin Isabel Rieger, die Staatsanwaltschaft hätte den Fall gleich vor dem Landgericht in Darmstadt verhandeln lassen und direkt dort Anklage erheben sollen und nicht erst in Offenbach. Richter Manfred Beck verfüge zwar über ein hohes juristisches Urteilsvermögen, aber es sei vorherzusehen gewesen, dass in einem Vergewaltigungsfall, in dem Aussage gegen Aussage stehe, eine Partei in Berufung gehe. Nun müsse die Geschädigte das Trauma noch mal durchleben, so Rieger.

Angeklagter aus Dietzenbach weist nach wie vor alle Vorwürfe zurück

Die Richterin liest aus der Anklageschrift vor. Es geht um eine Vergewaltigung und Körperverletzungsdelikte. Der 39-Jährige soll seine damalige Freundin im November 2016 in deren Dietzenbacher Wohnung mit Schlägen und dem Festhalten ihres Kopfes gezwungen haben, mit ihm den Geschlechtsverkehr zu vollziehen. In weiteren Fällen soll er die 39-Jährige während ihrer Schwangerschaft 2018 gegen die Oberschenkel getreten haben, als sie in Schutzhaltung am Boden lag. Andere Male geht es um eine schwere Kopfnuss und weitere Schläge und Tritte.

Das Offenbacher Schöffengericht hatte im vergangenen Jahr ein klassisches „Im Zweifel für den Angeklagten“-Urteil gefällt. Es könne sein, dass die Vorwürfe stimmten, hieß es damals. Aber auch der Streit um das Besuchsrecht könne die entscheidende Motivation für die Anzeige gewesen sein, so die Zweifel des Gerichts.

Rechtsanwältin Jennifer Pia Gehrke betont in der Wiederauflage des Prozesses, ihr Mandant weise nach wie vor alle Vorwürfe zurück. Der Angeklagte erklärt, er sei sicher temperamentvoll, habe auch mal geschrien, aber weder vergewaltigt noch geschlagen. Der Mann erzählt, er habe sich sehr gefreut, als er im Mai 2017 von der Schwangerschaft seiner Freundin erfahren habe.

Die Dietzenbacherin ist Nebenklägerin und wird von Rechtsanwältin Karin Weber vertreten. Sie erklärt: „Er freute sich, aber für mich war der Gedanke schrecklich.“ Wie im ersten Prozess schildert die Frau einen Charakter, dem keine Liebesbezeugung ausreichen konnte. In einem Moment habe er sich lieb und nett verhalten, im nächsten gebrüllt und sie wüst beschimpft. Während und nach der Vergewaltigung habe sie geweint. Immer wieder kehre in ihrem Kopf der Satz zurück, „heul‘ nicht, hat Dir doch gefallen“. Sie stamme keineswegs aus gewaltaffinen familiären Verhältnisse, „ich hätte es immer weit von mir gewiesen, dass mir so etwas passiert“.

Warum sie nicht gleich zur Polizei gegangen sei, fragt Richterin Rieger: „Sie wurden erst Monate nach der Vergewaltigung schwanger, warum haben Sie sich nicht gleich getrennt und die Anzeige erst drei Jahre später erstattet?“ Die Frau, die strukturiert und detailliert aussagt, erklärt, sie habe die Vergewaltigung erst als „sexuellen Vorfall“ verdrängt. Später habe ihre damalige Anwältin im Konflikt ums Besuchsrecht von einer Anzeige ebenso abgeraten wie die Polizei in Dietzenbach, „ich dachte, er kommt sowieso davon“.

„Ich hatte so ein Bauchgefühl, dass es stimmt“

Der Frankfurter Polizist, der den Fall im August 2019 aufnahm, bevor er ihn nach Offenbach leitete, sagt aus, der Vorwurf der Vergewaltigung werde häufig geäußert, wenn es ums Sorgerecht gehe. Er habe deshalb extra einen Vermerk notiert, der diese Sachverhalte nicht vermenge: „Ich hatte so ein Bauchgefühl, dass es stimmt.“ Es sei nicht ungewöhnlich, dass eine Frau eine Vergewaltigung erst drei Jahre später zur Anzeige bringe.

Die Nebenklägerin erklärt, nachweisbar habe sie sich nicht gegen ein Besuchsrecht des Vaters gestellt, „aber nur unter Aufsicht des Kinderschutzbundes; ich hatte Angst, dass er dem Jungen etwas antut“. Der Prozess wird fortgesetzt. (Stefan Mangold)

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