„Bewährtes fortführen, neue Ideen platzieren“

Zeitgleich zur Bundestagswahl am 26. September wird im Kreis Offenbach auch der Landrat gewählt. Carsten Müller (SPD) und Robert Müller (Grüne) fordern Landrat Oliver Quilling (CDU) heraus.
Dietzenbach – Wir haben die Kandidaten porträtiert und in Interviews zu ihren politischen Zielen befragt. Den Abschluss unserer Reihe bildet das Interview mit Carsten Müller.
Warum wollen Sie Landrat werden?
Ich möchte mit Kompetenz und klarem sozialen Profil neue Akzente in der Kreispolitik setzen; insbesondere die unabweisbaren Herausforderungen einer nachhaltigen Klimapolitik für Familien und sozial schlechter gestellte Menschen verträglich gestalten; Finanzen mit sozialem Augenmaß führen und soziale Fürsorge und Hilfen effizient organisieren, was mir als Sozial- und Finanzdezernent in den letzten Jahren bereits gut gelungen ist.
Warum sollen die Menschen im Kreis Offenbach Ihnen ihre Stimme bei der Landratswahl geben?
Aus den zuvor genannten Gründen und weil eine Persönlichkeitswahl auch immer die Gelegenheit ist, Bewährtes fortzuführen und neue Ideen zu platzieren. Trotz meines noch relativ jungen Alters habe ich meine Leistungsfähigkeit bereits bewiesen und bleibe hungrig nach neuen Herausforderungen.
Was sind die größten Baustellen im Kreis?
In einem weiterwachsenden Kreis die Infrastruktur für Familien, insbesondere bei Kitas und Schulen quantitativ und qualitativ auszubauen. Weiterhin gehören der Klima- und Umweltschutz sowie eine zukunftsfähige Mobilität oben auf die Tagesordnung. Die sozialen Folgen der Pandemie für Kinder, Familien und Ältere in der Gesellschaft werden uns vor neue Aufgaben stellen.
Was kann man auf Kreisebene angesichts sich häufender Wetterextreme gegen den Klimawandel machen und wie kann sich der Kreis gegen die Folgen wappnen (zum Beispiel Hochwasserschutz etc.)?
Nach dem bewährten Motto: „Global denken – lokal handeln“ in enger Kooperation mit den Städten und Gemeinden des Kreises insbesondere bei der Bauleitplanung Retentionsflächen von baulicher Nutzung freihalten; Zusätzliche, notwendige Wohnungen durch Nachverdichtung aber auch durch zusätzliche Flächen in verdichteter Bebauung so flächenschonend wie möglich entwickeln.
Welches Projekt im Kreis liegt Ihnen besonders am Herzen, wofür wollen Sie sich besonders einsetzen?
Die Behindertenhilfe Stadt und Kreis Offenbach leistet hervorragende Arbeit. Sie macht unsere Gesellschaft menschlicher, in dem sie verschiedene Angebote in den Städten und Gemeinden vorhält. Menschen mit Behinderungen gehören in die Mitte der Gesellschaft. Das ist gelebte Inklusion. Sehr gerne bin ich der Vorsitzende des Vereins und in Hainburg entsteht gerade die dritte neue Wohnanlage, die in meiner Amtszeit entwickelt wurde.
Wo besteht im Kreis Ihrer Meinung nach dringender Handlungsbedarf?
Der Druck auf Mieten und Preise für Wohnraum muss abgebaut werden. Sozialverträgliche Mieten zu fördern, ist eine wesentliche Frage der sozialen Gerechtigkeit. Eine Wohnungsbaugesellschaft auf Kreisebene als Ergänzung zu den bereits bestehenden kommunalen Wohnungsbaugesellschaften kann dies unterstützen.
Das Recherchenetzwerk Correktiv hat Daten zu Parteispenden an Kreisverbände der Parteien gesammelt, die SPD im Kreis verweigert bisher dazu aber Auskünfte. Warum?
Die Frage ist an den Unterbezirk zu richten, dessen Vorsitzender ich seit einigen Jahren nicht mehr bin. Allerdings sei eine derartige Anfrage dort nicht bekannt.
Sie sind seit 16 Jahren hauptamtlicher Kreisbeigeordneter, Ihre Partei seit 2004 in einer gemeinsamen Koalition mit der CDU – ist es da nicht schwer, Wahlkampf zu machen?
Wahlkampf ist immer ein Wettbewerb, wer die besseren Ideen für die Zukunft des Kreises hat und wer nicht nur verspricht. Ich habe auch bereits unter Beweis gestellt, dass ich liefern kann. In dieser Hinsicht ist es unter den Bedingungen einer Koalition möglich, einen fairen aber auch mit unterschiedlichen politischen Grundwerten zwischen SPD und CDU erkennbaren Wahlkampf zu führen.
Was würden Sie im Falle eines Wahlsiegs anders machen als ihr Vorgänger?
Insbesondere bei der Wohnraumschaffung und beim Klimaschutz in enger Kooperation mit den Städten und Gemeinden mehr Elan und Tempo zeigen.
Seit Jahren schlagen Eltern wegen fehlender Kita-Plätze im Kreis Alarm und kürzlich hat ein Gericht den Kreis zur Zahlung von 23000 Euro Schadenersatz an eine Mutter verurteilt, weil dem Kind kein Kita-Platz vermitteln werden konnte – hätte der Kreis – beziehungsweise. Sie als zuständiger Dezernent - nicht viel früher das Problem erkennen und entsprechend handeln müssen?
Das Problem ist mir als zweifacher Vater und nach der Phase des Homeschoolings sehr wohl bekannt. Wir machen seit Jahren als Kreis Druck, dass Betreuungsplätze in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen. So haben wir die Kita-Bedarfsplanung einer Stadt als unzureichend zurückgewiesen und zu Nachbesserungen aufgefordert. Allerdings sind für die Schaffung von Kitaplätzen und damit für die Umsetzung der Bedarfsplanung die Städte und Gemeinden zuständig. Daher geht es nur im Zusammenwirken von Städten und Kreis. Wir unterstützen die Gewinnung von zusätzlichen Fachkräften, indem beispielsweise die Pro Arbeit Qualifizierungskurse anbietet. Die Tagespflege soll weiter gestärkt werden.
Das Interview führte Niels Britsch.