Wie ein Spiel entsteht: Holger Grimm ist Redakteur beim Dietzenbacher Spieleverlag Amigo

Besonders während der Pandemie haben viele wieder Gesellschaftsspiele gespielt. Ein Redakteur erzählt, welche aktuell beliebt sind.
Dietzenbach – Holger Grimm kennt die Zutaten für ein gelungenes Gesellschaftsspiel. Der Spieleredakteur beim Verlag Amigo weiß, dass eine Balance zwischen „Leichtigkeit und Anspruch“ den Reiz ausmacht. Auch der Überraschungseffekt darf nicht fehlen.
Die Ideen für neue Spiele erhalten Grimm und seine Kollegen aus der Redaktion von professionellen oder Hobbyautoren. Rund 1 500 Vorschläge werden jährlich bei dem Spieleverlag in der Waldstraße eingereicht. Davon schauen sich die Redakteure gerade einmal fünf Prozent genauer an und suchen Einsendungen raus, die sie dann der Geschäftsführung vorstellen. Erhalten die Spiele grünes Licht von der Verlagsspitze, beginnt die Produktion. Dabei ist die Herangehensweise unterschiedlich, wie Grimm erklärt. Bei den erfahreneren Autoren etwa könne man direkt mit der Umsetzung beginnen. „Es gibt aber auch Fälle, bei denen Spiele weiter ausgearbeitet werden müssen“, fährt Grimm fort. So sei es auch bei dem Spiel „Zauberberg“ gewesen, das 2022 zum „Kinderspiel des Jahres“ gekürt wurde. „Wir haben Jahre daran gesessen und überlegt, ob und wie wir es umsetzen können“, sagt der Spieleredakteur. Bei dem Spiel, bei dem die Zauberlehrlinge vor den gemeinen Hexen beim Magier Balduin sein müssen, sind es „Irrlichter“ in Form von Murmeln, die den Weg weisen. Dabei rollt die Kugel durch ein Labyrinth ans Ziel. Den Amigo-Mitarbeitern sei es wichtig gewesen, dass die Kugeln, wenn sie an eine Abzweigung geraten mal nach links und mal nach rechts rollen, erläutert Grimm. „Doch das war gar nicht so einfach, wie man sich das vorstellt“, macht er deutlich. Es habe mehrere Prototypen gebraucht, bis eine Lösung für das Problem gefunden wurde. Die Arbeit habe sich durch die Auszeichnung jedoch gelohnt.
Gesellschaftsspiele aus Dietzenbach: Anleitungen sind eine echte Herausforderung
Eine weitere Herausforderung, die sich Grimm insbesondere zu Beginn seiner Laufbahn als Spieleredakteur zeigte, ist das Schreiben der Anleitungen. „Bevor ich in die Redaktion gekommen bin, habe ich mir das Regelschreiben viel einfacher vorgestellt“, erzählt er. Doch es sei durchaus eine Herausforderung, das Regelwerk so zu verfassen, dass es jeder versteht. Denn: „Was für mich logisch ist, muss nicht für andere verständlich sein“, führt er aus. Hinzu kam, dass er vor seiner Karriere als Redakteur etwas völlig anderes gemacht hat. Schließlich hat Grimm ursprünglich als IT-Mitarbeiter bei Amigo angefangen, bevor er nach 15 Jahren in die Redaktion wechselte. Dabei wäre er gerne früher auf die Idee gekommen, sich enger an der Spieleentwicklung zu beteiligen.
An seiner jetzigen Aufgabe begeistert Grimm etwa, dass er, auch wenn er glaubt, bereits alles gesehen zu haben, doch immer wieder überrascht wird. „Es ist toll, ein Spiel zu einem Klassiker zu entwickeln“, beschreibt er einen weiteren Vorzug seiner Arbeit. Das treffe etwa auf das Handelsspiel Bohnanza zu, bei dem die Spieler verschiedene Bohnensorten anbauen und versuchen, ihre Ernte möglichst gewinnbringend zu verkaufen. Ursprünglich erfunden wurde das Spiel vor 25 Jahren. Doch es komme alle paar Jahre eine Ergänzung für die Fans hinzu, aber auch, um die Aufmerksamkeit bei dem Produkt zu halten. „Man könnte meinen, dass nur die neuen Spiele sich verkaufen, aber es sind vor allem die Klassiker, die gefragt sind“, sagt Holger Grimm mit Nachdruck.