Die „Dinosaurier“ der Insekten

Dietzenbach - Im OGV-Garten im Hessentagspark sorgen Hobbyimker dafür, dass die gelb-schwarzen Insekten sich vermehren und Honig produzieren können. Von Ronny Paul
Damit Bienen ausreichend Nahrung finden und damit Pflanzen bestäuben können, soll es bald im Stadtgebiet verteilt Blühwiesen geben. Zwischen Äpfel-, Birnen-, und Zwetschgenbäumen, Hochbeeten und Kräuterecken summt es auf dem Gelände des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) im Hessentagspark. Elf Bienenstöcke mit jeweils rund 50 000 gelb-schwarzen Insekten sorgen dafür, dass die Pflanzen dort gedeihen. So soll es künftig auch an anderen Punkten der Stadt sprießen. Christoph Köhler, Teamleiter der Grünflächenbewirtschaftung der Städtischen Betriebe, und Hobbyimkerin Gisela Schiratis-Erlat vom OGV haben sich bestimmte Punkte im Stadtgebiet ausgeguckt, an denen sie Blühwiesen schaffen oder erhalten wollen. Auf diesen sollen Sommerblütenmischungen gesät, beziehungsweise die vorhandenen Pflanzen stehen gelassen, sprich nicht abgemäht werden.

Dabei handelt es sich um rund fünf Meter breite und zehn Meter lange Flächen, die mit Schildern gekennzeichnet werden, etwa „Am Bieberbach“ „Am Stiergraben“ und vor dem Rathaus. Köhler macht das in seinem eigenen Garten schon jahrelang, wie er berichtet. Er lasse Pflanzen auf einer fünf bis sechs Quadratmeter großen Fläche zwei bis drei Jahre wachsen, grabe die Fläche dann um, dass keine Monokulturen entstehen und säe anschließend neu aus. Das bietet Bienen reichhaltige Nektar- und Pollenversorgung. Und die gelb-schwarzen Summer wiederum bestäuben Nutzpflanzen – in Europa sind mehr als 80 Prozent auf Bestäubung von Insekten angewiesen, betont Schiratis-Erlat.
Dass Insekten- und damit auch die Bienenpopulationen zurückgehen, ist seit Jahren bekannt. Denn obwohl die Zahl der Honigbienen in Hessen wieder steigt, sind mehr als die Hälfte der 561 Wildbienenarten in Deutschland vom Aussterben bedroht. Das liegt vor allem an zu viel eingesetzten Pestiziden, abnehmender Pflanzenvielfalt durch Monokulturen, zunehmender Versiegelung und Parasiten, wie etwa der Varroa-Milbe. Dass Bienen gleichzeitig ein unverzichtbarer Teil der Nahrungskette und nach Rind und Schwein das wichtigste Nutztier des Menschen sind, ist ebenfalls bekannt.
Das alles wissen die drei Hobbyimker Gisela Schiratis-Erlat, Anette Löhr und Klaus Heusel zu gut. Während Schiratis-Erlat mit dem ersten Kurs des Imkervereins Maingau auf dem OGV-Gelände 2013 ihre Passion für die „Dinosaurier der Insekten“ – Bienen gibt es seit mehr als 50 Millionen Jahren auf der Erde – entdeckt hat, ist Löhr seit einem Jahr dabei. Heusel hatte zunächst für ein Jahr zuhause „Gast-Bienen“, bevor er einen Imkerkurs absolviert hat, in den OGV eingetreten und nun „Herr“ über ein eigenes Volk ist. „Ich kenne das aus Frankreich“, berichtet Heusel, „dort haben viele Familien Bienenstöcke“.
Zwischen April und Juni ist die Hauptschwarmzeit der Bienen. Das ist im OGV-Garten nicht zu überhören. Die fleißigen Honigproduzenten fliegen in die Bienenstöcke ein und aus. „Das ist die Zeit, in der sich das Volk vermehrt“, erläutert Schiratis-Erlat, öffnet einen Stock und holt ein Magazin heraus. Unzählige Bienen wuseln an den Waben herum, produzieren Honig. Der Ertrag beim süßen Saft ist dabei abhängig von der Wetterlage: „Es gibt Jahre mit wenig und Jahre mit viel Honig“, berichtet Schiratis-Erlat, die entgegen den anderen beiden Imkern ohne große Schutzkleidung einen der elf Bienenstöcke öffnet und begutachtet. Sie habe schon unzählige Bienenstiche gesammelt: „Ich bin bestimmt schon 40 Mal gestochen worden.“ Einmal hatte sie sieben Stiche am Bein gleichzeitig. „Man sagt, nach 40 Stichen werde die Wunde bei Frauen nicht mehr dick“, berichtet Schiratis-Erlat und schmunzelt.
Wer mit den emsigen Insekten arbeiten oder gar sein eigenes Volk hochziehen möchte, hat im kommenden März wieder die Gelegenheit, einen Kurs des Imkervereins Maingau, der gleichzeitig Mitglied im OGV ist, im Hessentagspark zu besuchen. Weitere Informationen gibt’s online auf imkerverein-maingau.net sowie auf ogv-dietzenbach.de.