„Wie bei den eigenen Kindern“: Flüchtlingshilfe hat neuen Vorsitzenden

Seit mehr als sieben Jahren engagieren sich die Ehrenamtlichen der Flüchtlingshilfe Dietzenbach (FHD) für Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten. Nun gibt es an der Spitze einen Wechsel. Dr. Gerd Wendtland hat den Vorsitz altersbedingt aufgegeben, zum neuen Vorsitzenden wurde Martin Skerra gewählt. In der Zukunft wollen sich die Helfer auf die individuelle Betreuung von Geflüchteten konzentrieren. Dafür suchen sie noch engagierte Freiwillige.
Dietzenbach – „Ich bleibe weiterhin aktiv“, sagt der 74-jährige, langjährige Vorsitzende Gerd Wendtland. Er hat die Flüchtlingshilfe seit ihrer Geburt als Bürgerinitiative im Jahr 2014 begleitet. 2017 wurde dann daraus offiziell ein gemeinnütziger Verein. „Zu unseren Hochzeiten 2015 und 2016 haben wir gut 350 Flüchtlinge betreut“, erinnert sich Wendtland. In der Anfangszeit sei für die gut 200 Ehrenamtlichen bei der FHD noch viel „Learning-by-doing“ gewesen, dann aber haben sie auch Lehrgänge von Pro Asyl bekommen. „Das Aufgabengebiet ist ja sehr breit, von Behördengängen bis Deutschunterricht machen wir alles.“ Auch die Menschen und kulturellen Hintergründe seien sehr verschieden. Während aus Syrien überwiegend Muslime kommen, kommen aus Eritrea auch viele orthodoxe Christen, sagt Wendtland.
„Das Ziel ist, dass die Menschen irgendwann mal auf eigenen Beinen stehen können“, sagt der neue Vorsitzende Martin Skerra, „da geht es darum, dass sie einen Hauptschulabschluss machen können und dann eine Ausbildung beginnen.“ Doch das sei nicht immer leicht zu vermitteln, denn viele Flüchtlinge wollen lieber, sobald sie die Erlaubnis der Behörden haben, voll arbeiten gehen und nicht erst eine Ausbildung machen. „Denn so können sie die hohen Fluchtkosten ihrer Familie begleichen, die mal schnell in die Tausender gehen kann“, sagt Wendtland. Dann sei Überzeugungsarbeit gefragt.
Flüchtlingshilfe sucht zurzeit noch nach Paten
Über die Jahre sei zwischen den Ehrenamtlichen und den Geflüchteten eine enge Freundschaft entstanden. Deshalb sei es dann auch mal schmerzhaft, wenn die Schützlinge auf eigenen Beinen stehen und Umziehen. „Das ist dann ein bisschen so wie bei den eigenen Kindern.“ Während Corona sei der Kontakt zu den Flüchtlingen schwierig gewesen, da die Ehrenamtlichen nicht in die Gemeinschaftsunterkünfte durften, die zeitweise auch unter Quarantäne standen. Aktuell seien dort rund 30 neue Menschen angekommen, zu denen die Ehrenamtlichen noch gar keinen Kontakt aufbauen konnten, berichtet Wendtland. Durch den Unterricht von zu Hause seien auch erhebliche Nachteile für die Schüler und Azubis entstanden, die etwa in der Flüchtlingsunterkunft an der Paul-Brass-Straße immer noch keine richtige Internetverbindung haben, so Wendtland. „Die mussten dann teure mobile Verträge abschließen.“ Der Kreis habe aber nun zugesichert, eine Internetverbindung einzurichten.
Seit Kurzem sei auch einer der afghanischen Ortskräfte im Haus an der Justus-von-Liebig-Straße untergekommen. Er arbeitete als Koch für die Bundeswehr. „Wofür ich Unverständnis habe, ist, dieser Mann und seine Familie werden hierher gebracht und dann wird ihnen zum Start nichts gegeben, andere Flüchtlingsfamilien haben deshalb erst mal das Essen mit ihnen geteilt“, erzählt der ehemalige Vorsitzende. Jetzt müsse man sich erst mal darum kümmern, dass sie so schnell wie möglich eine Krankenversicherung bekommen.
Die Flüchtlingshilfe sucht aktuell noch Paten für Geflüchtete. Aufgaben sind dabei die individuelle Betreuung, etwa bei Behördengängen. Wer sich bei der Flüchtlingshilfe Dietzenbach als Paten engagieren möchte, kann sich per Mail an kontakt@ flüchtlingshilfe-dietzenbach.de oder bei Martin Skerra unter 06074/282201 melden. Eine Mitgliedschaft in der FHD ist dafür nicht notwendig. (Von Lukas Reus)