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Eine letzte Bewährung für aggressiven Ladendieb

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Von: Stefan Mangold

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Justitia
Eine Statue der Justitia steht unter freiem Himmel. © Arne Dedert/dpa/Symbolbild

Weil er in einem Supermarkt am Masayaplatz geklaut und zwei Angestellte erheblich verletzt hat, verurteilt das Schöffengericht in Offenbach einen 53-Jährigen zu 14 Monaten Haft, ausgesetzt zur Bewährung. Der Angeklagte leidet an Schizophrenie, laut psychiatrischem Gutachten hatte die Tat aber nichts mit der Krankheit zu tun.

Dietzenbach – Staatsanwältin Michelle Burda zählt Rindfleisch und ein alkoholfreies Dosengetränk als Diebesgut auf, Gesamtwert: 27 Euro. Die Lebensmittel hatte der Mann im Dezember 2020 eingesteckt. Als der Ladendetektiv und ein Kollege den Mann stellen, wehrt dieser sich: Laut Staatsanwältin soll er dem Detektiv eine heftige Kopfnuss gegeben und ihn in die Hand gebissen haben. Einem weiteren Angestellten Kollegen soll der Angeklagte äußerst schmerzhaft das Handgelenk verdreht haben.

Der Ladendetektiv berichtet im Zeugenstand, der Angeklagte habe eine enorme Kraft entwickelt, man habe ihn letztlich nicht halten können. Der 50-Jährige berichtet, dass er wegen der Kopfnuss operiert werden musste und nun eine Platte unter der Stirn habe. Die Entschuldigung des Angeklagten nehme er an: „Mein christlicher Glaube macht mir das leicht“.

Pflichtverteidiger Hans Georg Kaschel erklärt auf Nachfrage von Richter Manfred Beck, sein Mandant werde sich zu den Vorwürfen äußern. Der Angeklagte gibt die Vorwürfe zu und sagt, im Supermarkt sei er nach der Aufforderung der Männer zwar stehen geblieben, dann habe man ihn aber festgehalten. Im Zusammenhang mit seiner psychischen Erkrankung habe er große Angst verspürt und sich deshalb gewehrt.

Der psychiatrische Gutachter, Dr. Thomas Holzmann, berichtet von der diagnostizierten Schizophrenie des Angeklagten, der im Bundeszentralregister bisher 15 Einträge habe: Vor fast dreißig Jahren wurde der Mann wegen schweren räuberischen Diebstahls zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Zwischendurch saß er auch in der forensischen Psychiatrie. Holzmann erläutert, dass der Angeklagte sich bisher weigerte, Medikamente zu nehmen. Seinen Alkoholkonsum habe er nach eigener Auskunft massiv reduziert, er laboriere jedoch an seinem Hang zu Geldspielautomaten. Die Schizophrenie des Mannes habe nicht zu dem schweren Raub geführt. Schließlich habe er während der Tat keine inneren Stimmen gehört, „er war voll steuerungsfähig, der Diebstahl war geplant“, sagt der Gutachter. Der Angeklagte wirft ein, aufgrund einer Bewährungsauflage des Amtsgerichts in Langen lasse er sich mittlerweile jeden Monat vom Psychiater eine Depotspritze setzen, „ich fühle mich jetzt ruhiger“.

Staatsanwältin Burda erklärt, weil der Angeklagte in den letzten Jahren vor der zur Verhandlung stehenden Tat nur relativ leichte Formen von Kriminalität ausübte, könnten die von ihr beantragten 14 Monate Gefängnis noch einmal zu Bewährung ausgesetzt werden. Außerdem soll der Angeklagte in Raten 500 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen. Rechtsanwalt Kaschel zeigt sich mit jeder Bewährungsstrafe einverstanden. Von der Geldauflage halte er aufgrund der wirtschaftlich prekären Lage des Hartz-IV-Empfängers nichts.

Richter Manfred Beck und die Schöffen verhängen die 14 Monate Gefängnis auf Bewährung, außerdem muss der Angeklagte als Auflage 30 Sozialarbeitsstunden ableisten. Beck: „Es ergibt keinen Sinn, Sie heute für eine Tat ins Gefängnis zu stecken, die fast zwei Jahre zurückliegt.“ Der Vorsitzende hofft, dass die Medikamente helfen werden: „Auf der Straße können wir uns zufällig begegnen, aber hoffentlich nicht wieder im Gerichtssaal.“ Das Urteil ist rechtsgültig. (Stefan Mangold)

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