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„Wir sind mittlerweile absolut ratlos“: Eltern verzweifeln an fehlenden Kita-Plätzen

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Von: Barbara Scholze

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„Die Anmelde- und Platzsituation ist gleichbleibend unbefriedigend“, stellt Peter Amrein, Dietzenbachs Fachbereichsleiter Soziale Dienste, fest. (Symbolbild)
„Die Anmelde- und Platzsituation ist gleichbleibend unbefriedigend“, stellt Peter Amrein, Dietzenbachs Fachbereichsleiter Soziale Dienste, fest. (Symbolbild) © dpa

Die Wartelisten für Kita-Plätze in Dietzenbach (Kreis Offenbach) sind hoffnungslos überfüllt. Eltern sind ratlos – und überlegen, wegzuziehen.

Dietzenbach – Lange Wartelisten, zu wenig Erzieher und fehlende Räumlichkeiten: Die Situation der Eltern, die auf einen Kita-Platz für den Nachwuchs warten, wird zunehmend schwieriger. Der Mangel an Plätzen trifft vor allem junge Frauen, die arbeiten möchten, wie etwa Sabrina Manzey. Die Journalistin arbeitet für eine Online-Redaktion, Hauptarbeitszeit ist vormittags.

„Da muss ich aber unsere Kinder betreuen“, sagt sie. Im Jahr 2019 wurde die erste Tochter geboren, Ende 2020 die zweite. „Wir haben uns natürlich jeweils sofort für einen Kindergartenplatz angemeldet“, erzählt Manzey. Anfang 2021 sei dann die Mitteilung gekommen, dass das Anmeldesystem auf das sogenannte Web-Kita-Portal umgestellt werde und damit die bisherige Warteliste ihre Gültigkeit verliere. „Seitdem hat sich nichts getan.“

Kitas in Dietzenbach (Kreis Offenbach): „Die Anmelde- und Platzsituation ist unbefriedigend“

Mit zwei Anträgen für die kommende Sitzung der Stadtverordnetenversammlung (SVV) am Montag, 8. November, greift die Koalition aus SPD, Grünen und Linke die Situation nun auf. So soll zum einen der sogenannte Masterplan, der im Jahr 2017 zur Sanierung verschiedener Kitas erstellt wurde, bis zum Dezember aktualisiert werden. Der zweite Antrag setzt auf Flexibilität und hat zum Ziel, in „kürzester Zeit“ in Dietzenbach 100 Kitaplätze und 80 Krippenplätze zu schaffen. Fehle doch zurzeit laut Warteliste genau diese Anzahl an Betreuungsmöglichkeiten, „viele davon als Plätze mit Mittagsversorgung und Nachmittagsbetreuung“.

„Die Anmelde- und Platzsituation ist gleichbleibend unbefriedigend“, stellt Peter Amrein, Fachbereichsleiter Soziale Dienste, im Sozialausschuss fest. Auch der Ausschussvorsitzende Cengiz Hendek (SPD) schildert die Lage der Familien: „Wer heute ein kleines Kind hat, kommt nicht drumherum, auf einen Betreuungsplatz zu warten.“ Allerdings sei es an der Zeit, nicht immer nur zu reden und auf lange Zeit zu planen. „Es muss doch auch möglich sein, in kurzer Zeit einen solchen Bedarf zu decken“, ruft Hendek zu schnellem Handeln auf.

Kitas in Dietzenbach (Kreis Offenbach): Verwaltung prüft zusätzliche Plätze

Um die Familien in Wartestellung möglichst rasch zu versorgen, soll die Verwaltung prüfen, ob zusätzliche Plätze in bereits vorhandenen Einrichtungen oder in städtischen Gebäuden geschaffen werden können. Darüber hinaus geht es darum, „weitergehende Maßnahmen“ in den Blick zu nehmen, damit die Stadt zukünftig den geltenden Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz erfüllen kann. Vor allem aber steht die Frage im Mittelpunkt: Wie kommt die Stadt an das erforderliche Personal?

In die Planung einbeziehen will die Koalition laut Antrag auch die freien Träger einer Kinderbetreuung in der Stadt. Dafür plädiert auch Thomas Goniwiecha (CDU), der daran erinnert, dass die Stadt die Pläne der katholischen St. Martin-Gemeinde, das mittlerweile verkaufte Hildegardishaus zu einer Kita umzubauen, am Ende nicht mitgetragen hatte. „Das würde uns jetzt vielleicht helfen“, sagt er.

Kitas in Dietzenbach (Kreis Offenbach): „Wir sind mittlerweile absolut ratlos“

Bekannt ist ebenso, dass der örtliche Montessori-Verein im vergangenen Jahr sein Kinderhaus nicht etwa in Dietzenbach erweitert, sondern die Trägerschaft einer Kita für insgesamt 75 Kinder in Neu-Isenburg übernommen hat. Eher skeptisch gegenüber eventuellen Ausbauplänen zeigt sich dagegen Jens Hinrichsen von den Freien Wählern. „Wir müssen erst einmal erfahren, wie hoch die Zahlen wirklich sind, mir scheinen sie seit Jahren ungefähr gleichbleibend und ich kann diesen großen Bedarf nicht sehen“, wendet er ein.

Sabrina Manzey sagt nun indes: „Wir sind mittlerweile absolut ratlos und haben schon darüber nachgedacht, aus Dietzenbach wegzuziehen.“ Über die Sozialen Medien hat sie gar Mitstreiter für eine Sammelklage gegen die Stadt gesucht. Grundlage ist der Rechtsanspruch auf eine entsprechende Betreuung der Kleinen ab dem vollendeten ersten Lebensjahr. Auch wenn es in Dietzenbach an der Klagefront eher ruhig ist, so haben andernorts bereits Eltern einen Schadensersatz wegen Verdienstausfalls erstritten.

Doch obwohl Manzey auf ihren Aufruf zahlreiche Rückmeldungen erhielt, blickt sie erst einmal auf den hohen Aufwand an Zeit und Kosten, den eine entsprechende Klage mitbringt. „Aber die Situation ist schon sehr frustrierend, ich möchte arbeiten und kann nicht und ich bin es nicht gewohnt, kein Einkommen zu haben, dafür habe ich nicht studiert“, sagt sie. Völlig verständnislos sei sie zudem, wenn Freunde aus anderen Kommunen berichteten, wie gut die Kita-Anmeldung laufe. „Es gibt Gemeinden, die Zusagen weit im Voraus geben, damit die Eltern ihre weitere Berufstätigkeit planen können, warum kriegt Dietzenbach das nicht hin?“ (Barbara Scholze)

Zur Unterstützung hat die Stadt Dietzenbach fachfremdes Personal in Kitas eingestellt.

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