Ernst-Reuter-Schule will „MINT-freundlich“ werden

Dietzenbach - Die MINT-Schwerpunktklasse an der Ernst-Reuter-Schule ist gerade ins zweite Jahr gegangen. Wer sich für Naturwissenschaften interessiert, bekommt an der Offenbacher Straße aber noch deutlich mehr geboten. Von Christian Wachter
Aktuell bemüht sich die Schule um ein renommiertes Zertifikat. Eine Bedingung knüpft Marcus Rass ja schon ans naturwissenschaftliche Engagement für die Schülerschaft: „Wenn’s einen Nobelpreis gibt, würden wir gerne namentlich erwähnt werden“, sagt der stellvertretende Leiter der Ernst-Reuter-Schule mit einem Augenzwinkern. Er spielt damit etwa auf einen Jungen aus der Mittelstufe an, der unbedingt ein Praktikum machen wollte, das ganz speziell mit Physik zu tun hat. Also bemühte man sich mit guter Miene und einem Empfehlungsschreiben bei der Frankfurter Universität, dass der Schüler dort im passenden Fachbereich unterkam.
Dass der Schule sehr an ihrem naturwissenschaftlichen Profil gelegen ist, wurde bereits im vergangenen Jahr offenkundig, als die erste Schwerpunktklasse MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschafen und Technik) auf den Weg gebracht wurde. „Wer Interesse an Sport hat, kann in einen Verein gehen, wer sich für Naturwissenschaften begeistert, hat weniger Möglichkeiten“, sagt Rass.
Nun bemüht man sich um ein Zertifikat, das sonst häufig eher Gymnasien als Gesamtschulen als Aushängeschild nutzen können. So möchte man gerne von der Initiative „MINT Zukunft schaffen“, die unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel steht, als MINT-freundliche Schule ausgezeichnet werden. Dafür musste ein vielseitiger Kriterienkatalog abgearbeitet werden. Eine Schule muss etwa Zusatzaktivitäten anbieten, die im Lehrplan nicht zu finden sind, an spezifischen Wettbewerben teilnehmen, Eltern in Projekte einbeziehen, sich um eine praxisnahe Berufsorientierung kümmern oder besondere Anstrengungen unternehmen, Mädchen für MINT-Fächer zu begeistern.
Die Aktivitäten für die Bewerbung zu bündeln, sagt Rass, sei ein langer Prozess gewesen, an dem viele aktiv mitgeholfen haben. „Die Auszeichnung wäre aber kein Aushängeschild per se, wir möchten die Naturwissenschaften stärken und eine höhere Relevanz im Lernprozess. „Wir haben uns allein stundenlang den Datenpool angeschaut, jemand der Phyisik und Mathe unterrichtet, bekommt aus der Chemie ja nicht immer alles mit“, beschreibt die Lehrerin Laura Jarosch.
Martin Heizenreder, MINT-Fachsprecher an der ERS, ist überzeugt, schon mit der „Teilnahme eine Qualitätsverbesserung“ erreicht zu haben. „Wir sind aber nach wie vor keine Eliteschule und müssen auch massive Basisarbeit leisten“, betont der Pädagoge. Punkten will man auch mit AGs, rund 60 gibt es an der Schule, von Robotik über Physik und Biochemie bis hin zu Schach. Dabei hat die ERS auch Kinder im Blick, die noch in den Grundschulen sind. Das Programm MINTies richtet sich an Viertklässler, deren Schulen in fußläufiger Nähe zur ERS liegen. Allerdings, berichtet Kerima Softic, die für die Koordination der MINT-Klassen zuständig ist, bekomme man längst auch Anfragen von Eltern, deren Kinder andere Schulen besuchen. Rund 40 MINTies werden nach den Herbst- bis zu den Osterferien wöchentlich an die ERS kommen, um dort erste technische Forschungserfahrungen zu sammeln oder einfaches Programmieren zu lernen. Und wie Softic berichtet, ist der Drang nach Erkenntnis durchaus groß. So gebe es etwa Kinder, die mit Lego-Technik in einem Pappkarton etwas Neues schaffen. Keine Frage – auch aus diesem Kreis kommt der potenzielle Nachwuchs für die MINT-Klasse, die ab dem Jahrgang fünf startet. Der Stundenplan unterscheidet sich zwar nicht augenscheinlich von dem anderer Klassen, dennoch läuft so manches anderes, allein bei der Verzahnung der Fächer. So wird beim Thema Tierhaltung zum Beispiel im Fach Technik vermittelt, wie man ein Gehege plant und baut, in Mathe, wie es sich mit dem Maßstab und der Genauigkeit verhält. Der Klassenausflug führt dann zur Anschauung auf einen Erlebnisbauernhof.
Ein Überflieger muss indes niemand sein, der sich einer MINT-Klasse anschließen will. „Wichtig für eine Aufnahme ist eher die Willensbekundung“, sagt Heizenreder. In den Vorgesprächen fragt Softic also eher nach den persönlichen Interessen als nach Geometrie.