„Es ist ein großes Drama“: Dietzenbacher berichten aus ihrer Heimat im Katastrophengebiet

Der Schock sitzt tief. Zwar sind die Menschen in Dietzenbach viele Kilometer vom Ort des Geschehens entfernt, doch die Nachrichten über das Erdbeben in der Südosttürkei gehen ihnen spürbar nah.
Dietzenbach – Schließlich leben in der vom Beben betroffenen Provinz Kahramanmaras viele Verwandte. Die Region war am frühen Montagmorgen von Erschütterungen der Stärke 7,8 betroffen. Kurz darauf folgte in der Provinz Gaziantep ein zweites Beben mit einer Stärke von 6,7. Von der Naturkatastrophe ebenso betroffen ist die Stadtgemeinde Helete. Sie gehört zum Landkreis Caglayancerit, welcher sich in Kahramanmaras befindet. Allein 1500 Dietzenbacher stammen aus dem Ort. Angehörige haben türkisch stämmige Kreisstädter jedoch nicht allein in Helete, sondern auch im übrigen Teil der Provinz.
„Es ist ein großes Drama“, sagt Bilal Barak, Vorsitzender des Helete Jugend- und Sportvereins, am Montagvormittag. Beinahe stündlich stiegen die Zahlen der Verletzten und Toten im betroffenen Gebiet. Unter den Verstorbenen seien auch sechs Menschen aus Helete, die in der Provinzhauptstadt Kahramanmaras zu Besuch waren, überbringt Barak die traurige Nachricht. In der Gemeinde selbst sei nach bisherigem Kenntnisstand jedoch niemand ums Leben gekommen. Und auch Aykan Aydin, Vorsitzender der DITIB türkisch-islamischen Gemeinde, berichtet, dass in Dietzenbach immer weitere Nachrichten über verstorbene Verwandte ankommen. So seien etwa sieben Mitglieder einer Familie dem Erdbeben zum Opfer gefallen, sagt Aykan, der im engen Austausch mit den Gemeindemitgliedern steht.
Die Menschen in der Türkei verlieren am Montag jedoch nicht nur auf tragischerweise ihre Angehörigen, sondern auch viele ihr Zuhause. „In Helete sind 70 Prozent der Häuser kaputt“, sagt Barak. Ein Teil davon sei stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Darüber hinaus ist die Straße von Helete in die Stadt Kahramanmaras aufgerissen und die Versorgung mit Strom und Gas unterbrochen.
Zusätzlich verschlimmert wird die Situation durch die Kälte. „Es liegen rund 60 Zentimeter Schnee“, berichtet der Helete-Vereinschef um die Mittagszeit. Auch später kennt das Wetter kein Erbarmen, wie Salman Yavuz, Vereinsvorsitzender des türkischen Kulturvereins Caglayancerit berichtet. „Es schneit immer weiter“, sagt er. Insbesondere in den ländlicheren Gegenden suchen die Menschen deshalb verzweifelt Unterschlupf. „Sie sitzen zum Teil in ihren Autos“, schildert Yavuz die Lage in den betroffenen Gebieten. Andere hingegen hätten sich in Garagen zurückgezogen oder wärmten sich an einem Feuer. In ihre Häuser hätten sie sich indessen nur für kurze Zeit getraut, da es gegen die Mittagszeit erneut zu einem Beben mit der Stärke 7,5 gekommen sei. Und auch die Hilfsorganisationen, die nach und nach eingetroffen sind, hatten große Schwierigkeiten, ihre Infrastruktur aufzubauen. „Da es immer wieder zu Nachbeben kommt, können die Rettungskräfte nicht alles auf einmal machen“, verdeutlicht Yavuz,
Der Caglayancerit-Vorsitzende sowie Bilal Barak und Aykan Aydin planen nun Spendenaktionen für die Menschen im Krisengebiet. (Von Anna Scholze)