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„Experiment auf Rücken der Kinder“: Ärzte aus Dietzenbach zeichnen bedrückendes Bild

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Von: Anna Scholze

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Dietzenbacher Ärzte sehen viele Nachteile für Kinder durch die Corona-Maßnahmen.
Dietzenbacher Ärzte sehen viele Nachteile für Kinder durch die Corona-Maßnahmen. © Jonas Güttler/dpa/Symbolbild

Die Coronapandemie hat weitreichende Folgen für Kinder. Zwei Ärzte stellen verstärkte Sozialphobien, mangelnde Sprachentwicklung und Fettleibigkeit fest.

Dietzenbach – Die Kinderärzte Kathrin Kramps und Thies Häfner von der Praxis Häfner und Aynal (Babenhäuser Straße 31) blicken sorgenvoll in die Zukunft. Auch sie beobachten, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie teils gravierende Folgen für die Entwicklung von Jungen und Mädchen haben. „Wir haben einen Patienten, dessen soziale Phobie sich durch das Homeschooling verschlimmert hat“, erzählt Häfner.

Das Kind habe nun noch größere Angst, in die Schule zu gehen. Hinzukommt, wie die beiden Mediziner schildern, dass einige Kindergartenkinder in der sprachlichen Entwicklung deutlich hinterherhinken. „Ich hatte neulich einen Erstklässler bei mir, der kein Deutsch gesprochen hat“, erzählt Kramps. Dies sei etwa darauf zurückzuführen, dass die Dietzenbacher Kitas die Mädchen und Jungen bereits bei ein wenig Schnupfen nach Hause schickten.

Corona-Maßnahmen haben die Sozialphobie und Fettleibigkeit bei Kinder deutlich verschlimmert

Dabei sei es völlig normal und auch wichtig, dass die Kleinen im Herbst erkältet sind. Wie die Ärztin mit Weiterbildung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie schätzt auch Häfner die Situation als fatal ein. Lernten die Kinder die Sprache in der Kita nicht, habe das erhebliche Folgen. Hinzukomme, dass aufgrund der Pandemie die Schuleingangsuntersuchung zwei Jahre hintereinander ausgefallen sei. „Das bedeutet, dass die Sechsjährigen unter Umständen bei keinem Mediziner waren, da die Routineuntersuchung in diesem Alter in der Bildungseinrichtung und nicht bei uns Kinderärzten stattfindet“, so Häfner. Auf diese Weise sei einiges entgangen.

So stellen er und seine Kollegin ebenso fest, dass die Fettleibigkeit bei den jüngeren Generationen deutlicher zum Problem werde. „Die Beweglichkeit war in den vergangenen 24 Monaten sehr eingeschränkt“, so Thies Häfner.

Ärzte aus Dietzenbach: Physischen und psychischen Auswirkungen der Coronakrise auf Kinder

Es habe kein Sportunterricht stattgefunden und die Spielkonsole oder der Fernseher seien wohl in vielen Fällen verlockender gewesen, als rauszugehen. „Hier den Weg zurückzufinden, wird schwer“, ergänzt Kathrin Kramps. Einige Eltern resignierten irgendwann. Allerdings gebe es auch Mütter und Väter, die versuchten dagegen zu steuern.

Das Beste gegen Adipositas oder eine verzögerte Sprachentwicklung sei jedoch die Prävention, verdeutlichen die beiden Ärzte. „Wenn das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen ist, ist es zu spät“, so Häfner. Und so wird es in der kommenden Zeit die Aufgabe der Mediziner sein, die physischen und psychischen Auswirkungen der Coronakrise auf ihre Patienten zu therapieren. Denn: „Wir sind die Verwalter des Mangels“, macht der Dietzenbacher Kinderarzt deutlich. Bereits jetzt ordneten die Kitas teure Besuche beim Logopäden an, um die fehlenden Sprachkenntnisse aufzuholen. Diese müssten dann von ihm und seinen Kollegen verschrieben werden.

Kein Verständnis für die Corona-Maßnahmen: Ärzte aus Dietzenbach sprechen über Folgen für Kinder

An der Situation seiner Patienten ärgert Thies Häfner besonders, dass sie aus seiner Sicht hätte vermieden oder zumindest abgeschwächt werden können. „Wenn die Politik den Mut gehabt hätte, die Kinder schon vor einem Jahr ohne Maske in die Schule zu schicken, hätten wir bereits jetzt eine Grundimmunisierung bei den Jüngeren erreicht“, macht er deutlich.

Stattdessen habe man weiter auf den Corona-Regeln bestanden und dies vor allem zum Schutz der Erwachsenen. Das sei ein Experiment auf dem Rücken der Kinder gewesen, schimpft Häfner. Für das Experiment habe er umso weniger Verständnis, da die Älteren nun lange genug Zeit gehabt hätten, um sich impfen zu lassen. (Anna Scholze)

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