GEW kritisiert Schulentwicklungsplan des Kreises

Seit einigen Tagen liegt eine Neufassung des Schulentwicklungsplans für den Kreis Offenbach vor, die vorherige Planung geht auf das Jahr 2018 zurück. Nicht sonderlich zufrieden mit dem Werk zeigt sich nun der Kreisverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)
Dietzenbach – In einer Stellungnahme heißt es angesichts steigender Geburtenzahlen und anhaltenden Zuzugs: „Der Plan ist keine vorausschauende Planung.“ Bereits vor vier Jahren habe sich abgezeichnet, dass viele Schulen an ihren Kapazitätsgrenzen angelangt seien. „Die Planung von drei neuen Grundschulen und einer kooperativen Gesamtschule sowie zahlreichen Erweiterungsbauten kommt deutlich zu spät“, rügt die GEW. Zudem habe der Kreis versäumt, die Schulgemeinden im Vorfeld des Schulentwicklungsplans mit ins Boot zu nehmen. Auch dort, wo das vereinzelt geschehen sei, etwa in stark betroffenen Kommunen wie Langen und Dreieich, habe man die Lehrer außer Acht gelassen.
Bedingt durch das inklusive Konzept der Schulen, fehlten an vielen Orten nun zusätzliche Räumlichkeiten, um in Kleingruppen qualifizierte inklusive Förderung anbieten zu können. Darüber hinaus orientierten sich die geplanten Neubauten häufig nicht an den notwendigen Vorgaben für Schüler mit Behinderung. Ebenso sieht die GEW die Entwicklung zur Ganztagsschule stellenweise gefährdet. Allzu oft werde auf „kurzfristige Ausweichmöglichkeiten“ gesetzt, zu welchem Zeitpunkt geplante Neu- oder Erweiterungsbauten zur Verfügung stehen, bleibe meist offen.
Hinsichtlich der Digitalisierung mit ihrem Schub durch die Corona-Pandemie fordert die Gewerkschaft die künftige Trennung des pädagogischen Netzes vom Verwaltungsnetz, Internet-Bandbreiten, die tausenden von Nutzern gerecht werden und WLAN auch in Turnhallen. Außerdem einheitliche Präsentationstechniken und Fachkräfte für Support und Administration.
Wie bereits von der Schulgemeinschaft verlangt, plädiert die GEW im Weiteren dafür, die Helen-Keller-Schule in Dietzenbach zu erhalten (wir berichteten). Zudem sei in der Kreisstadt ein neuer Grundschulstandort notwendig, auch die Prognosen für die weiterführenden Schulen seien „fern jeder Realität“. Insbesondere moniert die Lehrervertretung in ihrer Erklärung auch das Losverfahren, mit dem an weiterführenden Schulen, etwa in Langen, die Schülerströme gelenkt würden. Das sei nicht nur emotional belastbar, sondern auch pädagogisch nicht mehr vertretbar.
Über die Stellungnahme hinaus haben die GEW-Vertrauensleute der Schulen im Kreis Offenbach auch eine Resolution verfasst. Unter dem Motto „Schulen am Limit, keine Besserung in Sicht“, stellt das Schreiben fest: „Die Lehrkräfte gehen immer mehr über die Grenzen ihrer Belastbarkeit.“ Dabei sei zu bedenken, dass Lehrersein mehr sei als die Vermittlung von Wissen und Kompetenzen. So würden die pädagogischen, erzieherischen und sozialen Anforderungen zunehmen, bedingt auch durch „Kinder mit herausforderndem Sozialverhalten und beeinträchtigtem Sozialvermögen, oft verursacht durch psychische Probleme.“
Während die Corona Pandemie die Belastung noch verstärkt habe, ignoriere das Kultusministerium nach wie vor die Gegebenheiten. So beklagt die GEW etwa Bürokratie, die nach wie vor nicht abgebaut werde, höhere Klassenstärken und „häufig unsinnige“ Schulentwicklungsprojekte. Entsprechend steige die Zahl der Lehrer, die ihre Stelle reduzieren, Leitungsstellen blieben unbesetzt und der Beruf des Lehrers werde zunehmend unattraktiv. Es heißt: „Die körperliche und seelische Gesundheit der Lehrer ist gefährdet, erkrankte Lehrer werden selten angemessen ersetzt.“
Grundsätzlich sei der professionelle Unterricht nun in Gefahr, die Resolution fordert Kultusminister Alexander Lorz dazu auf, seine Verantwortung und Fürsorgepflicht wahrzunehmen. Notwendig sei dazu unter anderem, die Pflichtstundenzahl und die Klassengrößen zu reduzieren und auf Zusatzbelastungen wie etwa Lernstandserhebungen und Sonderaufgaben zu verzichten, beziehungsweise für Entlastung zu sorgen. Weiterhin fordert die Gewerkschaft einen Abbau der Bürokratie, Zuweisungen im Rahmen der Inklusion, eine Vergütung der Mehrarbeit in der Coronazeit sowie eine Eingangsbesoldung nach A13 auch an Grundschulen und mehr Studienplätze.