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Preispolitik der EVO in der Kritik: Fernwärme wird drastisch teurer

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Von: Anna Scholze

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Der Offenbacher Energieversorger EVO hat seine Preise für Fernwärme drastisch erhöht. Menschen in der Stadt und im Kreis sind davon betroffen.

Dietzenbach – Seit Monaten kündigt es sich unheilvoll an, nun ist es eingetreten: Die Preise für die Fernwärme in Dietzenbach (Landkreis Offenbach) werden deutlich erhöht. Kunden, die den Tarif EVDSmart gebucht haben, müssen somit 57 Prozent mehr bezahlen. Das hat aufs Jahr gesehen eine Steigerung von 1068 Euro zur Folge. „Es ist keine schöne Entwicklung und wird einige Haushalte sicherlich vor eine Herausforderung stellen“, sagt Christian Beyer, Sprecher der Stadtwerke, die in der Energieversorgung Dietzenbach (EVD) in Sachen Fernwärme mit der Energieversorgung Offenbach (EVO) kooperieren. Allerdings sei man mit dieser Erhöhung meilenweit von dem entfernt, was Gaskunden von jetzt an zahlen müssten. Beobachtet man die Bewegung an den Weltmärkten für Erdgas, zeigt sich hier ein Anstieg von weit über 500 Prozent.

Der Grund dafür, dass Dietzenbachs Haushalte, die Fernwärme beziehen, im Vergleich glimpflicher wegkommen, liege im sogenannten Energiemix der beteiligten EVO. So werde die Fernwärme im Müllheizkraftwerk in Offenbach etwa zu knapp 46 Prozent durch die Verbrennung von Abfällen gewonnen. Da die EVO jedoch gleichzeitig etwa mit Kohle heize, deren Anteil bei 45,3 Prozent liegt, sei sie nicht umhingekommen, die Preissteigerung weiterzugeben, erläutert Beyer. Die Preise für den Rohstoff seien im vergangenen Jahr um 135 Prozent gestiegen. Zudem schlage die CO2-Abgabe deutlich zu Buche. Diese ist nach den Aussagen des Energieversorgers um 104 Prozent gestiegen.

Viele Arbeitsplätze und hohes Bruttoinlandsprodukt
Kunden, die den EVDSmart Tarif haben, zahlen aufs Jahr gesehen 1068 Euro mehr © dapd

Dietzenbach: IG Energie übt Kritik an EVO wegen Erhöhung des Fernwärmpreises

Dass mit der Abgabe die Fernwärme-Bezieher belastet werden, ist einer der Punkte, die Manfred Geske von der Interessengemeinschaft Energie (IG) sauer aufstößt. „Es gibt hierfür überhaupt keine vertragliche Grundlage“, sagt er auf Nachfrage. Hinzu- kommt, dass die IG in ihrer nun veröffentlichen Stellungnahme zur Preiserhöhung ihr Unverständnis darüber äußert, dass, obwohl die EVO aufgrund eines effizienteren Verbrennungsvorgangs nach ihrer Auffassung eine geringere CO2-Abgabe haben müsste, dies nicht an die Kunden weitergebe. Im Gegenteil: Sie habe die Abgabe mehr als verdoppelt.

Die IG-Mitglieder fragen zudem: „Warum wird die „alte“ Kohle mit dem aktuellen Preis für Kohle gleichgesetzt?“ Denn, wie etwa Geske im Gespräch verdeutlicht, besitze die EVO seines Wissens nach einen erheblichen Steinkohle-Vorrat. „Mit Sicherheit ist davon noch nicht viel verbraucht worden“, sagt Geske. Schließlich komme der fossile Brennstoff vor allen Dingen im Winter zum Einsatz. Hieraus ergebe sich für die IG eine weitere Frage. Diese laute: „Nutzt hier die EVO/EVD den sogenannten Windfall-Profit?“ Also einen nicht einplanbaren Gewinn, welcher gerade auf politischer Ebene als moralisch höchst zweifelhaft eingestuft werde und nach Möglichkeit verhindert werden soll.

Kreis Offenbach: IG Energie schlägt EVO Senkung des Grundpreises vor

Doch anstatt den Kunden tief in die Tasche zu greifen, schlägt die IG dem Energieversorger erneut vor, bei dem verbrauchsunabhängigen Grundpreis zu reduzieren. Dieser solle nicht höher als bei Gas sein. Dort liege er bundesweit zwischen 80 und 120 Euro jährlich. „Bei unserer Fernwärme liegt der Preis bei 10 Kilowatt Anschlusswert um die 800 Euro plus die ominöse Ablesegebühr von circa 100 Euro, die es bei Gas gar nicht gibt“, moniert die IG. Die Reduzierung könne somit die Fernwärme um mehrere hundert Euro verbilligen, ohne dass die Finanzierung der Beschaffungspreise tangiert wäre.

Dass nun jedoch die Fernwärmepreise erhöht werden, wird einige Dietzenbacher Haushalte in Schwierigkeiten bringen, ist sich Geske sicher. Zwar hofft er, dass die Entlastungen durch den Bund die Energiepreiserhöhungen ausgleichen können. Allzu wahrscheinlich ist das aufgrund der Sozialstruktur der Stadt nach seinem Dafürhalten jedoch nicht.

Eine Einschätzung, wie viele Kunden Probleme bekommen könnten, will der Stadtwerke-Vertreter Christian Beyer hingegen nicht abgeben. Er empfiehlt jedoch jedem, der in eine finanziell schwierige Lage kommt, sich beim Kundenservice zu melden. Hier werde man sicherlich einen Weg finden. So sei etwa eine Ratenzahlung möglich. Gleichzeitig rät er davon ab, die Abschlagszahlung zu senken. Das sorge nur kurzfristig für eine Erleichterung. Denn der Abschlag sei so berechnet, dass sich keine Nachzahlungen ergeben. Werde dieser jedoch verringert, verschiebe sich das Problem lediglich und der Kunde müsse den zuvor eingesparten Betrag dennoch bezahlen. (Anna Scholze)

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