„Homeoffice-Regelung ist der Tod einer jeden Kantine“: Gastronomie in der Krise

Steigende Preise und Homeoffice führen zu Schließungen. Auch Personal zu finden, wird zur Herkulesarbeit für viele Betreiberinnen und Betreiber in Dietzenbach.
Dietzenbach – Sie haben weiterhin zu kämpfen. Auch nach den Lockerungen der Coronamaßnahmen geht es für viele Gastronomen nicht bergauf. Im Gegenteil: Caterer Ralf Kiefer etwa hat sich entschlossen die „Hausnummer 21“ – eine Gaststätte für den Mittagstisch – zu schließen. Seither konzentriert er sich auf die Volvo-Kantine und seinen Catering-Service.
Zu der Schließung der Gastwirtschaft bewogen hätten ihn insbesondere die gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise. „Zwei Küchen zu betreiben ist einfach nicht wirtschaftlich“, sagt Kiefer. Zudem hätte er Probleme gehabt, geeignetes Personal für die Gaststätte in der Frankfurter Straße zu finden. Nach zwei missglückten Anläufen gibt Kiefer auf und schließt die Türen der „Hausnummer 21“ für immer. Auf diese Weise sei er nicht mehr unter dem Druck, Mitarbeiter finden zu müssen und habe gleichzeitig mehr Geld für seine übrigen Angestellten.
Kreis Offenbach: In Dietzenbach führen steigende Preise und Homeoffice zu Schließungen
Kiefers Personalstamm ist von zehn Leuten vor der Pandemie auf fünf gesunken. Früher habe er noch Aushilfen beschäftigt. Doch das gehe finanziell nicht mehr. Mehr arbeiten müsse sein Team deshalb aber nicht, denn die Auftragslage sei immer noch nicht wie vor der Corona-Krise. Früher hätten Firmen oft Essen für die Versorgung von Lehrgangsteilnehmern bestellt. Derzeit kämen solche Anfragen nur noch selten.
Mit ähnlichen Problemen haben auch Ulrich Schmidt und seine Frau Marion Kiefer-Schmidt von K.S. Gourmet Partyservice und Catering zu kämpfen. „Die Homeoffice-Regelung ist der Tod einer jeden Kantine“, sagt der Küchenchef gefrustet. Da man dadurch nie wisse, wie viele Personen zur Arbeitsstelle kommen, sei es für ihn schwerer planbar, wie viel er kochen muss. „Mache ich etwa mehr Essen als Leute kommen, muss ich Lebensmittel entsorgen, die ich vorher teuer eingekauft habe“, schildert Schmidt das Problem. Aufgrund der Regelung hat auch er sich dazu entschieden, seine kleineren Kantinen bei Finanz- und Arbeitsamt in Offenbach sowie bei der Offenbach Post zu schließen.
Dietzenbach: Fehlendes Personal macht auch im Kreis Offenbach Schwierigkeiten
Hinzu kommt, dass auch das Ehepaar aufgrund von fehlendem Personal zumindest vorübergehend vor Herausforderungen stand. „Mir hat der Koch gekündigt“, berichtet Ulrich Schmidt. Für den Inhaber von K.S. Gourmet eine Katastrophe. Denn das bedeutet für den Küchenchef, dass er zeitweise in der von ihm betriebenen großen Kantine in Offenbach alleine am Herd stand. Zusätzliche Catering-Aufträge waren somit für ihn und seine Frau Marion Kiefer-Schmidt schwerer stemmbar.
„Wir mussten schon einige Catering-Anfragen ablehnen“, sagt der Kantinen-Chef. Denn neben dem Koch haben sich weitere Mitarbeiter während der Pandemie umorientiert. Die übrigen Mitarbeiter seien somit stark gefordert, wie etwa auch Marion Kiefer-Schmidt zu berichten weiß.
Neues Personal zu finden, gleicht indessen einer Herkules-Aufgabe. „Wir haben sämtliche Wege ausprobiert“, sagt Ulrich Schmidt. Doch der Markt sei wie leer gefegt. Und die wenigen Bewerber, die noch verfügbar sind, könnten ein höheres Gehalt verlangen. So habe sich etwa auch der Koch für eine andere Stelle entschieden, weil diese lukrativer sei.
Kreis Offenbach: Suche nach neuen Kräften oft nervenaufreibend
Erst nach einer nervenaufreibenden Suche haben die Besitzer des Catering-Services Ersatz gefunden. „Seit dem 15. August arbeitet eine gelernte Hotelfachfrau bei uns“, sagt Schmidt. Allerdings: Diese müsse zunächst eingearbeitet werden. Und das nehme Zeit in Anspruch.
Bei Andrea Robens und Aman Singh von der Ratsstube hingegen sind die Stellen eines Jungkochs und eines Sauciers weiterhin offen. Doch ähnlich wie K.S. Gourmet müssen auch die beiden Gastronomen feststellen, dass diese Arbeitsplätze schwer zu besetzen sind. „Wir suchen bereits seit zwei Jahren einen Jungkoch“, berichtet Robens. Doch vergeblich. Und so muss der Küchenchef zu meisten Aufgaben selbst übernehmen. Immerhin sorgen die Auszubildenden für Entlastung.
Die insgesamt vier offenen Stellen im Service und an der Spüle haben die Gastronomen mit Aushilfen besetzt. „Wir fangen das mit Jugendlichen und Studierenden auf“, sagt Robens. Allerdings müssten auch sie zunächst eingearbeitet werden. Zudem komme hinzu, dass junge Menschen aufgrund von Ausbildung und Studium zeitlich nicht immer verfügbar seien und es aufgrund ihrer Pläne zu einem häufigen Wechsel komme. (Anna Scholze)
In Dietzenbach sorgt ein besonders kleiner Laden für viele neugierige Blicke. Dahinter steckt ein ganz besonderer Onlineshop.