Ausgeglichener Haushalt in Dietzenbach für 2022

Der Dietzenbacher Bürgermeister Dieter Lang stellt den Stadtverordneten den Haushaltsplan für 2022 vor. Dabei hat er gute und schlechte Nachrichten.
Dietzenbach – Die Einbringung des Haushaltsplanes für das Jahr 2022 während der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung (SVV) glich einer Achterbahnfahrt der Gefühle. Die Stadtverordneten hatten zunächst durchaus Anlass zur Freude. Bürgermeister Dieter Lang (SPD) leitete seine Präsentation mit den folgenden Worten ein: „Ich habe positive Nachrichten für Sie. Wir werden 2022 einen ausgeglichenen Haushalt haben.“
Dietzenbach werde ein Jahresüberschuss von 400.000 Euro ausweisen können, kündigte Lang, der auch als Kämmerer fungiert, an. Zudem kommt es 2021 zu einem Rekordergebnis bei den Gewerbesteuern. Diese seien völlig unerwartet auf 27 Millionen Euro angestiegen. „Das ist ein All-Time-High, wie wir es noch nie gesehen haben“, betonte der Rathauschef. Schließlich hätten sich die Einnahmen in den vergangenen Jahren zwischen 13 und 18 Millionen Euro pro Jahr befunden.
Dietzenbach: Mehreinnahmen aus Gewerbesteuer
Jedoch: Auf die positive Einleitung folgte schnell der erste Dämpfer. Lang kam nicht umhin, zu verdeutlichen, dass es sich bei der Erhöhung um pandemiebedingte Einmaleffekte und eine Nachzahlung von etwa acht Millionen Euro handele. „Diesen Betrag müssen wir rausrechnen“, erläuterte er. Damit könne man in Zukunft nicht wirklich rechnen. Die Gewerbesteuer sei schließlich „volatil“.
Allerdings dürfte das Stimmungsbarometer bei der Auskunft, dass es zum Jahresende keine Liquiditätsdefizite mehr geben werde, zumindest kurzfristig wieder nach oben geschnellt sein. Möglich wird das, da die Erträge – also die Mehreinnahmen aus der Gewerbesteuer und der Grundsteuer B sowie den Einsparungen durch die Haushaltssperre – erstmalig mit den Verlusten verrechnet werden dürfen.
Regierungspräsidium Darmstadt stuft Dietzenbach als „gefährdet“ ein
Zu einer erneuten Talfahrt setzte Lang jedoch an, als er mitteilte, dass das Regierungspräsidium Darmstadt bei der nun offiziell vorliegenden Genehmigung des Haushaltes für das laufende Jahr 2021 die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt als „gefährdet“ eingestuft hat. Er spreche hingegen von einer „strukturellen Unterfinanzierung“ der Kreisstadt. Diese mache er an verschiedenen Faktoren fest. So seien sieben Prozent der Einwohner unter sechs Jahre alt. Die 2 528 Kinder hätten alle einen Rechtsanspruch auf Betreuung. „Dadurch brauchen wir mehr Kitaplätze als andere Kommunen“, fuhr der Kämmerer fort. Und dieser Mehrbedarf müsse durch die Stadt finanziert werden.
Zudem seien 24 Prozent der Stadtbevölkerung unter 21 Jahre alt. Auch das ziehe vergleichsweise höhere Kosten für Bildung sowie etwa Schulsozialarbeit nach sich. Dabei komme es allein bei dem Faktor Kindergartenbetreuung zu einer erheblichen Kostensteigerung, die gesetzlich vorgegeben sei. Während die Ausgaben sich im Jahr 2019 noch auf knapp neun Millionen Euro belaufen haben, liegen sie für den Haushalt 2022 bereits bei 12,3 Millionen Euro. „Ein Ende der Steigerung ist bei weitem nicht in Sicht“, verdeutlichte der Bürgermeister. Schließlich sei immer mehr Personal notwendig.
Dietzenbach: Hohe Sozialkosten
Hinzu kommt, dass Dietzenbach niedrigere Einnahmen hat als andere Kommunen. „Wir haben mit 13,1 Prozent die höchste SGB-II Quote und das nicht nur im Kreis Offenbach, sondern überhaupt“, erläuterte Lang. Zusätzlich liege die Beschäftigungsquote unter 60 Prozent. Das bedeutet: Während die Kreisstadt 470 Euro Einkommenssteuer je Einwohner erhält, bekommen vergleichbare Kommunen im Rhein-Main-Gebiet etwa 640 Euro pro Bürger. Auch nehme die Stadt weniger Gewerbesteuern ein als Kommunen mit einer ähnlichen Größe.
Zusätzlich belasten Altschulden von „weit über 100 Millionen Euro“ die Stadtkasse, wie Lang, der den Haushaltsplan 2022 auch in seiner neuen Podcastfolge anschaulich erklärt, mitteilte. Immerhin werden die Kassenkredite, wie der Bürgermeister prognostiziert, auf null abschmelzen.
Im Jahr 2023 müsse man nun mit einer geringeren Schlüsselzuweisung rechnen, kündigte der Kämmerer an. Dies hänge mit den hohen Gewerbesteuereinnahmen von 2021 zusammen, verdeutlichte Lang. Weiterhin komme es coronabedingt zu weniger Einnahmen. Gleichzeitig werde neben den Sozialkosten die Kreis- und Schulumlage mit hoher Wahrscheinlichkeit steigen. Und die Stadt muss ab 2024 unter anderem einen Liquiditätspuffer von rund zwei Millionen Euro aufbauen. Immerhin: „Im Jahr 2023 können wir Schulden in Höhe von etwa sieben Millionen Euro tilgen“, sagte das Stadtoberhaupt. Wenn das gelinge, habe man eine Verbesserung im Ergebnis um die 500.000 Euro. „Das gilt es zu schaffen“, so Lang. (Von Anna Scholze)