Dietzenbach digital: Große Hilfsbereitschaft in lokaler Facebook-Gruppe

Egal ob Homepages, Soziale Medien, Videos, Blogs oder Podcasts: Menschen aus Dietzenbach sind in vielfältiger Form im Netz präsent und liefern interessante, unterhaltsame, informative oder wichtige digitale Inhalte. In der Rubrik „Dietzenbach digital“ stellen wir in unregelmäßigen Abständen verschiedene Dietzenbacher Online-Aktivitäten vor.
Dietzenbach – Es ist Neujahr, die Geschäfte haben zu, doch plötzlich überfallen einen Gelüste und man verspürt Heißhunger auf etwas Bestimmtes – zum Beispiel auf Raclette-Käse. Und da am Tag zuvor traditionell viele Menschen zu Silvester den geschmolzenen Käse in kleinen Pfännchen essen, gibt es sicher genug Haushalte, die nach der Völlerei am Vorabend gerne ihren restlichen Käse abgeben würden. Doch wie erreicht man die potenziellen Spender? Die Nachbarschaft persönlich abklappern wäre dann doch etwas aufdringlich, glücklicherweise gibt es eine andere Lösung: Die sogenannten Sozialen Medien, genauer gesagt, lokale Gruppen auf Facebook. „Du bist aus Dietzenbach, wenn Du...“ nennt sich eine dieser Gruppen mit immerhin knapp 5700 Mitgliedern. Professionelle Dietzenbacher Facebook-Nutzer veröffentlichen ihre Beiträge dort, indem sie den Gruppen-Namen vervollständigen, also zum Beispiel: „...etwas Raclette-Käse von gestern über hast?“
Doch die Heißhunger-Gelüste einzelner Mitglieder sind bei Weitem nicht das einzige Thema in der digitalen Runde: Ob Restaurant-Empfehlungen, die Corona-Pandemie, die Schilderung persönlicher Erlebnisse, Meldungen über vermisste Haustiere oder gefundene Schlüssel – nahezu fast alles wird auf der Plattform veröffentlicht, diskutiert, thematisiert. Als im Sommer beispielsweise Geschäftsbetreiber und hunderte Kunden des Dreieich-Centers von der Abzocke einer privaten Parkplatzüberwachungsfirma betroffen waren, organisierten und informierten sie sich auch in dieser Gruppe.
Einzige Voraussetzung für Veröffentlichungen dort: „Die Posts müssen einen lokalen Bezug haben“, betont Saba Müller-Kaul. Sie ist eine von sechs Administratorinnen und Administratoren, die sich um die Gruppe kümmern, Beiträge freischalten, Diskussionen moderieren. Denn die im Sommer 2011 gegründete Gruppe ist privat, das heißt, Mitglieder müssen aufgenommen oder können ausgeschlossen werden. Willkommen ist laut Gruppenbeschreibung aber jeder, der etwas mit Dietzenbach zu tun hat.
„Wir wollen eine Plattform für sämtliche Dietzenbacher bieten, das heißt, für alle Meinungen, Religionen und politische Einstellungen, so lange der Inhalt den bestehenden Gesetzen, den Gruppenregeln und den Facebook-Richtlinien entspricht“, beschreibt Müller-Kaul die Gruppe. „,Toleranz für alle’ steht jedoch über ,Plattform für alle’“, stellt sie klar und verweist noch einmal ausdrücklich auf sogenannte „No-Gos“ (zum Beispiel fremdenfeindliche oder rassistische Inhalte und Beleidigungen) in den Gruppenregeln.
„Es kommt vor, dass wir Posts löschen, wenn eine Diskussion ausartet, aber das passiert vielleicht dreimal im Monat.“ Sie hat beobachtet, dass besonders ein Thema polarisiert: „Radfahrer und Autofahrer liefern sich immer sehr hitzige Diskussionen.“
Sie schätzt, dass etwa 30 Prozent der Beiträge gar nicht erst freigegeben werden. „Die meisten werden abgelehnt, weil es sich um Werbung handelt“, erklärt sie. Wobei auch gewerbliche Beiträge nicht grundsätzlich tabu seien: „Wenn es vorher abgesprochen wird und einen Mehrwert für die Gruppenmitglieder bietet, ist es auch Mal ok.“ Zum Beispiel wenn ein Imbiss neu eröffne und den Menschen in Dietzenbach einen Rabatt biete. „Auch bei Werbung für Veranstaltungen mit Kindern drücken wir oft ein Auge zu.“
Allerdings seien sich die Verantwortlichen nicht immer einig: „Wir haben eine Chatgruppe, da wird auch schonmal diskutiert. Doch wir haben immer den Rückhalt der Gruppengründerin und der anderen Admins.“ Bei abgelehnten oder gelöschten Beiträgen führe man mit den Urhebern keine Einzeldiskussionen, „sondern wir machen klar, dass wir die Entscheidung als Team gefällt haben“. Müller-Kaul schätzt, dass die Betreuung und Moderation der Gruppe wöchentlich insgesamt etwas drei bis fünf Stunden in Anspruch nimmt.
„Wir schützen die Mitglieder immer nur bis zu einem gewissen Grad vor sich selbst“, sagt die Administratorin. Als Beispiel nennt sie die Krawalle im Dietzenbacher Spessartviertel, als aus einigen Beiträgen möglicherweise herauszulesen war, dass die Verfasser beteiligt gewesen sein könnten. „Die Polizei hat sich an uns gewandt und um Screenshots der Beiträge gebeten.“ Gleichzeitig erzählt Müller-Kaul, dass die Gruppenverantwortlichen bislang noch nie wegen Veröffentlichungen die Polizei einschalten oder rechtliche Schritte einleiten mussten.
Besonders beeindruckend finde sie die große Hilfsbereitschaft unter den Dietzenbachern: „Zum Beispiel finden viele Dinge über die Kommunikation in der Gruppe zu ihren Besitzern zurück.“
So nahm auch das Raclette-Gesuch an Neujahr ein glückliches Ende: Gleich sechs Antwortende boten ihren Käse der heißhungrigen Bittstellerin an, die sich für die Resonanz auch überschwänglich bedankte: „Ihr Lieben. Danke. Ihr seid toll.“ (Von Niels Britsch)