Abgeordnete lehnen Kontrolle ab

Die Dietzenbacher Stadtverordnetenversammlung entscheidet, dass der Magistrat über einen Sonderfonds verfügen darf, was zu heftiger Kritik von CDU und Freien Wählern führt.
Dietzenbach – Lange schon gefordert, nun endlich eingerichtet: In ihrer jüngsten Sitzung haben die Stadtverordneten eine Anlagenrichtlinie für die Verwaltung des städtischen Geldes beschlossen. Was zunächst nicht sonderlich spannend klingt, denn dass etwa nicht mit dem Geld der Steuerzahler spekulativen Geschäften nachgegangen werden soll, ist schon in der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) vorgeschrieben.
Und doch hagelte es am Freitag seitens der Oppositionellen CDU und FW-UDS heftige Kritik an dem vorgelegten Entwurf: Grund dafür ist die Verfügungsgewalt über den sogenannten Spezialfonds „Finanzmanagement der Kreisstadt Dietzenbach“. In der Anlagenrichtlinie ist nämlich festgehalten, dass für den Spezialfonds die Vorgaben der Anlagenrichtlinie nicht gelten. Über den Fonds entscheidet ein Ausschuss, dessen Zusammensetzung vom Magistrat festgelegt wird.
Der Magistrat kann zudem bis zu drei Millionen Euro, so ist es in Paragraf 20 festgehalten, „zur Unterstützung der städtischen Liquidität“ entnehmen und muss dieses innerhalb eines Jahres wieder zurückzahlen.
Insbesondere die CDU kritisierte diese Ausnahme scharf. „Wir geben hier eine Drei-Millionen-Grenz frei, ohne Regeln“, sagte Fraktionschef Manuel Salomon. Die übrigen Regeln für das Finanzmanagement seien gut und richtig, doch dem Magistrat über drei Millionen Euro quasi freie Hand zu lassen, sei problematisch.
Die Koalitionäre verteidigten erwartungsgemäß die Vorlage und fragten, weshalb nicht schon der vorige Bürgermeister diese eingeführt habe. „Der Fonds ist keine 27 Millionen Euro schwere Handkasse“, sagte Grünen-Fraktionsvorsitzende Edeltraud Chawla, bei sämtlichen Transaktionen die Stadtverordneten erst um Erlaubnis zu fragen, bedeute „eine unnötige Lähmung des Systems“. Bei großen strategischen entscheidungen würden die Stadtverordneten ohnehin einbezogen.
„Weshalb sind Sie gegen Transparenz?“, fragte Stephan Gieseler (CDU) die Koalition. Schließlich gehe es hier nicht um „eine Pillepalle-Summe, sondern um drei Millionen Euro.“ Im Wahlkampf hätten insbesondere Grüne und SPD sich für einen Akteneinsichtsausschuss eingesetzt, als es um mangelnde Transparenz wegen eines vom vorigen Bürgermeister genehmigten Kredits gegangen sei. „Es gab von SPD und Grünen die Kritik am vorigen Magistrat, dass dieser nicht transparent gehandelt hätte – und nun beschließen wir etwas, um so ein Handeln zu legalisieren“, sagte Gieseler.
Auch Jens Hinrichsen (FW-UDS) betonte, dass dass es zum Akteneinsichtsausschuss nur deshalb gekommen sei, weil damals für den Magistrat keine Regeln existiert hätten. Die Verfügungsgewalt des Magistrats über drei Millionen Euro aus dem Fonds sei somit problematisch, die Stadtverordneten müssten stets das letzte Wort haben.
Man vertraue dem Magistrat, hieß es dazu von SPD und Grünen, Chawla erklärte, dass man die Arbeit des Magistrats bei „kleinen Summen“ nicht ständig lahmlegen könne.
„Es ist unser gesetzlicher Auftrag, den Magistrat zu überwachen“, betonte Gieseler, er verstehe nicht, weshalb die Koalition diese Aufgabe ablehne, sich Transparenz wie kontrolle aus der Hand nehmen lasse.
Dem Wunsch nach Änderung der Vorlage erteilte die Koalition eine Absage. Die Anlagenrichtlinien wurden von der Koalition gegen die Stimmen von CDU, FW-UDS, FDP und Jürgen Balzar beschlossen, die AfD enthielt sich. (Frank Sommer)