Helfende Wirkung des Tischtennisspiels

„Plopp, plopp, plopp“: Schon alleine das gleichmäßige Geräusch, mit dem der Mini-Ball seinen Weg über die Platte findet, verleitet automatisch zu Handbewegungen und zum Mitmachen. Ebenso setzt ein Reflex ein, der die Kugel flugs über das Netz treiben will.
Dietzenbach – Indes sind das nur zwei der Komponenten, die das Tischtennisspiel neben seinen Wettbewerbsqualitäten auch zur Therapie machen. Dass ihr Sport nicht nur der körperlichen Ertüchtigung dient, sondern als Therapie vor allem auch Parkinson-Erkrankten hilft, weiß das Team der Tischtennis-Abteilung beim SC Steinberg inzwischen genau. Mitte des vergangenen Jahres hat sich die Gruppe daher der Initiative „Ping-Pong-Parkinson“ (PPP) angeschlossen. Ausgehend von den USA hat das mittlerweile weltweite Projekt Erfolge in der Behandlung der Erkrankung des zentralen Nervensystems vorzuweisen.
Dabei ist klar, dass auch Tischtennis Parkinson nicht heilen kann. „Aber die Krankheit schreitet nicht mehr so schnell voran“, sind sich Betroffene sicher.
Dass das Spiel mit dem kleinen Schläger darüber hinaus auf Anhieb auch Freude macht, ist den Neulingen anzusehen, die den Weg zu einem PPP-Schnupperabend der Tischtennisabteilung in der Turnhalle der Heinrich-Mann-Schule gefunden haben. „Wir dürfen Betroffenen diese Möglichkeit nicht vorenthalten und möchten das Angebot bekannter machen“, sagt Uwe Andres, stellvertretender Leiter der Abteilung. Zu Gast ist an diesem Abend auch Harry Wißler, neben Thorsten Boomhuis Mit-Initiator von PPP in Deutschland. Die helfende Wirkung des Tischtennisspiels erfährt der 55-Jährige, der seit 15 Jahren an Parkinson leidet, noch immer täglich am eigenen Leib. „Die Symptome verbessern sich nachhaltig“, sagt er. Das Spiel wirke bei allen Erscheinungen der Krankheit, ob Zittern oder Krampfen. Es fördere die Motorik, die Beweglichkeit und das Reaktionsvermögen. Darüber hinaus gehe es aber auch um das soziale Gefühl, die Gemeinschaft und das Zusammensein. „Viele, die erkrankt sind, schämen sich und ziehen sich zurück, Tischtennis bringt Menschen wieder zusammen und macht Spaß.“ Entsprechend wichtig sei es nun für den gemeinnützigen deutschlandweiten PPP-Verein, der inzwischen mehr als 1000 Mitglieder umfasst, viele kleine sogenannte Stützpunkte wie in Dietzenbach zu schaffen, damit das Angebot auch immer heimatnah ist. Erste wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirkung von Tischtennis auf die Parkinsonsche Krankheit sind mittlerweile auf den Weg gebracht. Die Idee zu dem Projekt hatte vor einigen Jahren der amerikanische Musiker Nenad Bach. Nachdem er nicht mehr Klavier und Gitarre spielen konnte, nahm ihn ein Freund zum Tischtennis mit. „Irgendwann konnte ich mich wieder besser bewegen, ich fühlte mich besser und heute würde ich sogar wieder auftreten“, zieht er Bilanz. Zu einer ersten von ihm initiierten Weltmeisterschaft in PPP kamen 61 Teilnehmer aus drei Kontinenten, darunter Harry Wißler, der in der Sieger-Rangliste ganz vorne landete. Doch das sei nicht das Wichtigste gewesen. Vielmehr erinnert Wißler sich an einen Teilnehmer, der im Rollstuhl in die Halle gefahren wurde, am Tisch aber ohne Probleme den Ball schlug.
Kontinuierlich im Training sind auch zwei an Parkinson erkrankte Dietzenbacherinnen, die ebenfalls die Erfolge durch den Sport mit dem kleinen Ball bestätigen. „Ja, es geht mir deutlich besser“, bestätigen sie jeweils. Die Reaktionen seien inzwischen sicherer „und wir kriegen jetzt Bälle, die uns früher entgangen wären“. Die Freude am Spiel entdeckt hat ebenso ein Ehepaar, bei dem der Mann mit der Erkrankung leben muss und das zum Schnupperabend gekommen ist. Sport hat schon immer das Leben der beiden bestimmt, viele Jahre sind sie zum Bowling gegangen. „Es tut gut, wieder zusammen aktiv zu sein“, sagen sie nach dem Tischtennisabend. Und es sei vorstellbar, zum nächsten Training wiederzukommen.
Weitere Informationen haben Uwe Andres unter ua-bts@t-online.de und Holger Reußwig unter hreusswig@googlemail.com. (von Barbara Scholze)