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Schnuppertag und keiner kommt

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Das beste und teuerste Feuerwehrfahrzeug nutzt nichts, wenn sich keiner reinsetzt und mit ihm zum Einsatz ausrückt.  J Fotos: zsd
Das beste und teuerste Feuerwehrfahrzeug nutzt nichts, wenn sich keiner reinsetzt und mit ihm zum Einsatz ausrückt. © zsd

Dietzenbach - Ein Schnuppertag ist für die Freiwillige Feuerwehr ein wichtiges Werkzeug, um neue Mitglieder zu locken. Dennoch ist am Wochenende niemand auf der Wache erschienen. Dabei ist der Bedarf an Nachwuchs groß. Von Sascha Dreger

Eine Bildschirmpräsentation wartet im Unterrichtsraum der Feuerwache an der Rodgaustraße auf interessierte Blicke. Im Hof stehen Brandschützer am Drehleiter-, Tanklösch- und Hilfeleistungslöschfahrzeug bereit, um Fragen zu beantworten und die Technik zu präsentieren. Die Freiwillige Feuerwehr hat zum Schnuppertag eingeladen und hofft auf Interessierte, die Lust auf ehrenamtliches Engagement haben. Bürger, die zwischen Kameradschaft und Zusammenhalt einen Adrenalinkick suchen und die im wahrsten Sinne des Wortes dafür brennen, anderen zu helfen. Aber niemand kommt, um Fragen zu stellen. Niemand will wissen, wie man Feuerwehrmann werden kann. Die ehrenamtlichen Brandschützer können niemandem erklären, was es für ein erhebendes Gefühl ist, beim Retten, Bergen und Löschen die Gefahrenabwehr in der Stadt sicherzustellen. Stadtbrandinspektor Michael Plahusch wartet am Samstag mit seinen Kameraden vergeblich.

„Ich habe nicht mit vielen Leuten gerechnet“, verrät Feuerwehr-Pressesprecher Oliver Schuster, der den Schnupper- und Informationstag initiiert hat. „Dass aber gar niemand kommt, ist frustrierend.“ So sieht es auch Bürgermeister und Feuerwehrdezernent Jürgen Rogg. „Es ist einfach enttäuschend, dass wir es nicht schaffen, Menschen zu motivieren, bei der Freiwilligen Feuerwehr mitzumachen. Jedes neue Mitglied wäre ein Gewinn.“

Platz genug für neue Retter. Die Dietzenbacher Brandschützer suchen Verstärkung.
Platz genug für neue Retter. Die Dietzenbacher Brandschützer suchen Verstärkung. © zsd

Ganze 70 ausgebildete Feuerwehrmänner und -frauen bilden zurzeit die Einsatzabteilung der Freiwilligen Feuerwehr einer rund 34 000 Einwohner zählenden Kreisstadt. „Zu wenig“ sagt Plahusch. „Der Personalstand ist alarmierend gering.“ Das sei aber nicht alleine ein Problem in Dietzenbach. „Das gibt es Land auf, Land ab.“ In drei Alarmschleifen unterteilt, von denen jede abwechselnd eine Woche lang Bereitschaftsdienst hat, stellen diese 70 Ehrenamtlichen den Brandschutz sicher, kümmern sich etwa bei Verkehrsunfällen darum, eingeklemmte Personen aus ihren Fahrzeugen zu befreien, sorgen bei Unwettern dafür, dass Hab und Gut ihrer Mitmenschen zu schützen und haben im vergangenen Jahr 353 Einsätze bewältigt.

Was der Personalmangel bedeutet, erklärt Plahusch beispielhaft am Szenario eines gemeldeten Zimmerbrandes. Vom Einsatzleiter über Fahrzeugführer und Atemschutzgeräteträger bis zur Sicherstellung der Wasserversorgung seien laut Vorschrift 31 Einsatzkräfte bei einem solchen Brand vor Ort nötig. Das sei unter der Woche, wenn viele arbeiten, nicht realisierbar, erläutert der Stadtbrandinspektor. Montags bis freitags werden zwischen 7 Uhr und 16.30 Uhr daher bei Brandmeldungen automatisch die Freiwilligen Feuerwehren aus Heusenstamm oder Offenthal mit alarmiert, je nachdem, wo es in der Kreisstadt brennt. Zudem rückt ein Einsatzleitwagen der Feuerwehr Ober-Roden mit aus, um den Einsatz zu koordinieren.

Archivbilder:

Wochentags kümmern sich tagsüber fünf hauptamtliche Feuerwehrleute um die Fahrzeuge und Gerätschaften. „Bei Einsätzen fahren sie natürlich mit raus“, sagt Plahusch. Spricht damit aber den berühmten Tropfen auf den heißen Stein an. „Um personell gut aufgestellt zu sein, bräuchten wir mindestens 100 Brandschützer.“ Der demografischen Entwicklung, in der sich die Mitgliederzahl altersbedingt oder durch Wegzug stetig verringert, könne man auch mit den 33 momentan in der Jugendfeuerwehr tätigen Nachwuchsrettern oder den rund 20 noch jüngeren Nachrückern aus der Kinderfeuerwehr nicht wirklich entgegenwirken, beschreibt der Feuerwehrchef.

Außer Plakaten in der Stadt, Werbung in sozialen Netzwerken oder dem Tag der offenen Tür, an dem Interessierten die Wache und alle Fahrzeuge zum Begutachten offen stehen, bleibe für das Akquirieren neuer Mitglieder nicht viel, bedauert Schuster. Der Zeitaufwand für ein aktives Mitglied sei etwa mit dem Engagement in einem Sportverein zu vergleichen, führt er an. Dienstags zwischen 19.30 und 21.30 Uhr ist praktischer und theoretischer Unterricht in der Feuerwache. „Wer Fragen hat oder sich für eine Mitgliedschaft interessiert, ist aber zu jeder Zeit willkommen“, sagt Plahusch.

Mit dem vollendeten 17. Lebensjahr kann die Grundausbildung bei der Feuerwehr begonnen werden. Mit weiterführenden Lehrgängen kann etwa die Qualifikation zum Maschinisten oder Atemschutzgeräteträger bis hin zum Zugführer oder Einsatzleiter erworben werden. „Wir freuen uns über jeden, der ernsthaft helfen möchte.“ Wer sich einbringen möchte, bekommt unter Tel.: 06074/33311 oder auf feuerwehr-dietzenbach.de weitere Informationen.

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