Flüchtlingshilfe bereitet sich auf Menschen aus der Ukraine vor und kritisiert den Bund

Mehr als 350 Geflüchtete aus der Ukraine werden in den nächsten Wochen aus dem Aufnahmelager in Gießen voraussichtlich nach Dietzenbach kommen. Die Ankunft der ersten Menschen ist für den 28. März geplant, wie es von der Flüchtlingshilfe Dietzenbach (FHD) heißt.
Dietzenbach – Die Verwaltung im Rathaus suche deshalb auf Hochtouren nach Unterbringungsmöglichkeiten. Denn in den bereits bestehenden Gemeinschaftsunterkünften gibt es nur noch begrenzt Platz. Schließlich seien in Dietzenbach bereits rund 200 Geflüchtete ansässig.
Um den Neuankömmlingen dennoch eine adäquate Unterkunft zu bieten, werden derzeit Zimmer im Haus der Integration vorbereitet. 60 Frauen und Kinder sollen hier künftig wohnen. Die alleinstehenden Männer, die bisher darin gelebt haben, müssen indessen in andere Unterkünfte umziehen. Als weitere vorläufige Möglichkeiten werden, wie es von verschiedenen Seiten heißt, Traglufthallen und die Philip-Fenn-Halle sowie das Anmieten von Containern in Betracht gezogen.
Während sich die Stadt derzeit hauptsächlich mit logistischen Fragen beschäftigt, kümmern sich die Mitglieder der Flüchtlingshilfe bereits um die ersten Schutzsuchenden. Menschen aus der Ukraine, die zu Beginn des russischen Angriffskrieges geflohen sind, kamen hauptsächlich bei Privatpersonen unter. Nach dem Kenntnisstand der FHD bieten Dietzenbacher derzeit 31 Vertriebenen Schutz. Allerdings stießen diese auf ungeahnte Hürden - so etwa auch Alexander Yanitsky. Der Kreisstädter kommt selbst aus der Ukraine und hat bei sich seit 14 Tagen eine Mutter und ihre Kinder aufgenommen. Bald schon musste er feststellen, dass die Aufnahme der Geflüchteten nicht so unbürokratisch vonstattengeht, wie es Bundeskanzler Olaf Scholz versprochen hat. „Es dauert unheimlich lange, bis das Sozialamt die Anträge bearbeitet hat“, kritisiert Yanitsky. Derzeit sei er es, der für die Versorgung der Flüchtlinge aufkomme. „Allerdings fahre ich Gabelstapler und bin kein Großverdiener“, macht er die Problematik weiter deutlich. Umso dankbarer sei er, dass es Vereine wie die Flüchtlingshilfe gebe. „Der Vorsitzende Martin Skerra hat jeder Person 200 Euro gegeben“, erzählt der Familienvater, der trotz aller Unwegsamkeit seine Hilfsbereitschaft nicht bereut. Denn er habe sich nicht vorstellen können, dass die Menschen in der Frankfurter Messehalle übernachten müssen.
Hinsichtlich der Nothilfe durch die FHD sagt Skerra: „Wir wollen das auch weiter machen, solange es uns möglich ist.“ Allerdings werde auch die FHD an ihre Grenzen kommen. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass jetzt die Ankunft von mehreren Hundert Menschen aus der Ukraine bevorsteht. Dass der Staat die Menschen nicht selbst mit einer finanziellen Starthilfe ausstattet, können er und der einstige Vereinschef Gerd Wendtland, der sich auch heute noch engagiert, nicht nachvollziehen. „Als im Jahr 2015 die erste Flüchtlingswelle nach Deutschland kam, haben die Ankommenden bei ihrer Ankunft Bargeld erhalten, damit sie sich das Nötigste kaufen konnten“, verdeutlicht Wendtland. Dies sei auch nun dringend erforderlich. Trotz der Anlaufschwierigkeiten und ungeklärten Fragen blicken Wendtland und Skerra der Zukunft positiv entgegen. „Ich glaube, dass die Ukrainer willens und auch in der Lage sind, sich selbst zu helfen“, sagt Skerra. Denn diejenigen, die jetzt schon hier seien, seien sehr gut ausgebildet. Eine Beobachtung, die auch Wendtland schon gemacht hat. Teilweise seien die Geflüchteten sogar schon in Anstellung.
Um die Menschen zu unterstützen, will die Flüchtlingshilfe nun unter anderem ihren Deutschunterricht ausbauen. Dazu braucht der Verein allerdings weitere Lehrer. „Das können Pädagogen im Ruhestand oder Lehramtsstudenten sein“, sagt Gerd Wendtland. Ihre Hilfe werde insbesondere für Basis-Kurse benötigt.
Weiterhin überlegt die FHD, das „Café International“ unter Corona-Bedingungen wieder aufleben zu lassen. „Wir wollen den Leuten eine Möglichkeit geben, miteinander in Kontakt zu kommen“, so Skerra. Zusätzlich suche der Verein nach Paten und freue sich über weitere Spenden. Hierzu sagt der Vereinschef: „Wir freuen uns über die großzügige finanzielle Unterstützung, die bereits auf unserem Konto eingegangen ist.“ Die Spendenbereitschaft der Dietzenbacher sei sehr beachtlich.