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Sozialdemokrat Rainer Engelhardt blickt auf seine Zeit in Dietzenbach zurück

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Von: Anna Scholze

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An die Gräueltaten erinnern: Rainer Engelhardt (links) war es besonders wichtig, dass Dietzenbach einen Anne-Frank-Platz bekommt. ArchiV: wachter
An die Gräueltaten erinnern: Rainer Engelhardt (links) war es besonders wichtig, dass Dietzenbach einen Anne-Frank-Platz bekommt. ArchiV: wachter © -

Sozialdemokrat Rainer Engelhardt prägte zwei Jahrzehnte lang die Politik in Dietzenbach mit. Nun hat er sich aus familiären Gründen dazu entschieden, in seine Heimatstadt Kassel zurückzukehren. Im Magistrat wird der ehemalige Stadtrat durch seinen Parteigenossen Cengiz Hendek ersetzt.

Dietzenbach – Blickt er auf seine Zeit in der Kreisstadt zurück, ist Engelhardt unter anderem besonders stolz darauf, dass er die Namensgebung für den Anne-Frank-Platz durchgesetzt hat. „Auch wenn das im Verhältnis zu anderen kein großes Projekt war, war es mir wichtig, an die Gräueltaten der Nationalsozialisten zu erinnern“, sagt er. Ebenso positiv bewertet er im Nachhinein die Entwicklung des Baugebietes 70, westlich der Offenbacher Straße und südöstlich des Stiergrabens. „Ich bin froh, dass wir verhindert haben, dass der damalige Bürgermeister Stefan Gieseler das Areal an ein Unternehmen verkauft, das dort lediglich Reihenhäuser bauen wollte“, betont der einstige Fraktionschef der SPD. Jetzt stünden dort wenigstens viele verschiedene Hausarten.

Als Aufsichtsratsmitglied der Stadtwerke Dietzenbach (SWD) hat Engelhardt zudem die Entwicklungen des Unternehmens intensiv begleitet. Die einstmalige Entscheidung, die Versorgung mit Wasser und Wärme sowie die Entsorgung von Müll in städtische Hände zu legen, hält er weiterhin für richtig. „Den Bürgern soll ein guter Preis gemacht werden und kein privatwirtschaftliches Unternehmen soll an ihnen verdienen“, macht Engelhardt deutlich. Wenn überhaupt, solle das Geld der Dietzenbacher in die Kasse der Stadt fließen. Allerdings: „In den letzten Jahren sind Experimente gemacht worden, die man besser hätte durchdenken müssen“, sagt er. Denn diese hätten viel Geld gekostet. So sei etwa EDIE-Strom kein Erfolgsgarant. Auch die gescheiterte Idee, im Rosenpark eine Hausverwaltung zu etablieren, hätte besser überlegt sein müssen. Jedoch sei auch von Seiten der Politik viel Druck gemacht worden, damit die SWD mehr Geld verdient.

Damit das städtische Unternehmen im Hinblick auf die Finanzen wieder in sichere Gewässer zurückfindet, hält der 62-Jährige etwa eine Veränderung in der Personalpolitik für notwendig. „Man hat personell zu sehr aufgestockt“, macht er deutlich. Deshalb sei es sinnvoll, eine Stellenbesetzungssperre zu verhängen. Sobald ein Arbeitsplatz unbesetzt sei, solle zunächst einmal etwa sechs Monate abgewartet werden, bevor dieser wieder neu besetzt wird. „Vielleicht stellt sich in dieser Zeit heraus, dass sich die Aufgaben anders verteilen lassen und die Stelle nicht mehr gebraucht wird“, erläutert Engelhardt. Darüber hinaus sollten mehr Kooperationen mit anderen Kommunen eingegangen werden.

Der Umgang mit der prekären finanziellen Lage des städtischen Eigenbetriebes hat unter anderem zu einem Bruch zwischen Rainer Engelhardt und Altbürgermeister Jürgen Rogg geführt. „Er hat im Hinblick auf die Stadtwerke nicht offen gespielt“, kritisiert der SPDler. Rogg hätte den Magistrat viel früher über die mittlerweile bekannten finanziellen Probleme in Kenntnis setzen müssen. Stattdessen habe man versucht, Dinge zu bereinigen, damit sie nicht ans Tageslicht kommen. Engelhardt führt das Verhalten des einstigen Rathauschefs auf seinen schlussendlich gescheiterten Plan zurück, im März 2021 noch einmal gewählt zu werden. Darüber hinaus habe sich dieser in den beiden Jahren vor der Wahl verändert. „Rogg hat sein persönliches Interesse über die Politik gestellt“, moniert Engelhardt, der gemeinsam mit seinem Parteikollegen Jerome Alex gegen den einstigen Rathauschef eine Fachaufsichtsbeschwerde beim Regierungspräsidium Darmstadt eingereicht hatte. Darin hatten sie ihm vorgeworfen, als Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke seine Amtspflicht verletzt zu haben (wir berichteten). Zu seiner eigenen Rolle als früheres Mitglied im Aufsichtsrat sagt Engelhardt indessen: „Wenn der Rat über die Entwicklungen nicht informiert wird, kann er auch nicht handeln.“

Doch nicht allein die Entwicklungen in den Stadtwerken gehören für Rainer Engelhardt zu den prägenden Kapiteln aus seiner Zeit in Dietzenbach. Auch der Abschnitt als Bürgermeisterkandidat ist ihm nachhaltig im Gedächtnis geblieben. „Ich würde das heute nicht mehr machen“, sagt er. Zu schmerzhaft seien die negativen Reaktionen auf seine Ehe mit einem Mann gewesen. Dennoch sehe er die Anfeindungen von damals als einen Teil seines Erfahrungsschatzes.

Seinem langjährigen Weggefährten und heutigen Bürgermeister Dieter Lang hat Rainer Engelhardt vor seinem Umzug indes ans Herz gelegt, dass er die Verwaltung nach der Pandemie dazu anhalten soll, mehr für den Bürger da zu sein. „Es heißt nun mal kommunale Selbstverwaltung“, so Engelhardt. Lang selbst solle hingegen darauf achten, dass seine positive Wirkung auf die Leute wieder mehr zur Geltung komme. Doch das werde ihm mit Sicherheit gelingen, sobald die Krise vorbei ist. (Anna Scholze)

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