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50 Jahre Bürgerhaus Dreieich: Bühne auch für Superstars

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Von: Nicole Jost

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Tschaikowskys Schwanensee, Mitte der 80er Jahre in der Adventszeit präsentiert vom Ballet Classique de Paris. Bürgerhauschef Benjamin Halberstadt hütet etliche Plakatschätze im Archiv.
Tschaikowskys Schwanensee, Mitte der 80er Jahre in der Adventszeit präsentiert vom Ballet Classique de Paris. Bürgerhauschef Benjamin Halberstadt hütet etliche Plakatschätze im Archiv. © Jost

Das Dreieicher Bürgerhaus feiert 50. Geburtstag. Eine Plakatausstellung dokumentiert die Vielfalt des Programms.

Dreieich – Was für Namen: Zarah Leander, Harald Juhnke, Mario Adorf, Max Greger und etliche weitere Hochkaräter gaben sich im Laufe der Jahrzehnte im Bürgerhaus die Ehre. Im Oktober 1973 war’s, als die in Schweden geborene Schauspielerin und Sängerin in Sprendlingen auftrat – also kurz nach Eröffnung des Hauses. Das Leander-Plakat ist einer der Schätze im Bürgerhaus-Fundus.

Mit Schwung zieht Benjamin Halberstadt die tiefe und breite Schublade in einem von mehreren Schränken im Keller auf: Tschaikowskys Schwanensee, das erfolgreichste Ballett Europas auf Tournee. In leuchtend blau und weiß gehalten. Präsentiert vom Ballet Classique de Paris – in der Adventszeit Mitte der 80er Jahre auf der Bühne des Bürgerhauses. „Hier lagern wir die Plakate, mit denen wir für unsere Veranstaltungen werben. Die, die schon waren, aber auch die neuen, die noch kommen“, erläutert der Bürgerhauschef. Von künftigen Veranstaltungen liegen kleine Stapel großformatiger Drucke, die Künstler, Bilder oder manchmal auch nur Text zeigen, in den Schränken. Sie müssen ja noch auf die Konzerte, Kabarett- oder Schauspielvorstellungen in Dreieichs Kulturtempel hinweisen.

Auch Plakate der vergangenen 50 Jahre schlummern hier – sie anzuschauen ist wie eine Zeitreise in die Vergangenheit. Die Poster erzählen Geschichten über die Menschen, die im Bürgerhaus auf der Bühne standen, die Theaterensembles, die spielten und die Stars, die in Dreieich gastiert haben. „Seit den 80er Jahren wurde hier wirklich jedes Plakat gesammelt. Immer wenn eine Veranstaltung vorbei ist, bekommen die Kindergärten die Reste als Spende zum Malen und Basteln – und ein Exemplar heben wir jeweils für unser Archiv auf“, erklärt Halberstadt. Auch aus den ersten Jahren sind noch Plakate vorhanden. Das erste vom Eröffnungsfest am 30. September 1972, gestreift in gelb-orange-rot, hat Halberstadt eher zufällig zusammengefaltet in einem Ordner entdeckt.

Der Betriebsleiter der Bürgerhäuser plant jetzt nicht, die Besucher der Jubiläums-Feierlichkeiten durch die Katakomben zu führen – seine Schätze aus Papier möchte er dennoch zeigen. „Wir haben eine Ausstellung mit Plakaten vorbereitet. Aus jedem Jahr, beginnend mit dem Eröffnungsplakat von 1972, habe ich eines ausgesucht. Das war gar nicht so leicht, wir haben mehr als 100 Veranstaltungen im Jahr im Haus“, so Halberstadt. 50 Stück sind es insgesamt, die das Bürgerhaus-Team zum Jubiläum vom 22. bis zum 26. September präsentiert. Die Auswahl ist spannend. „Damals waren die großen Namen der Kulturszene öfter hier. Sprendlingen war das erste große Haus auf dem Land. Sonst gab es nur Bühnen in den großen Städten“, erzählt Benjamin Halberstadt und blickt auf das Konterfei des einstigen Ufa-Stars Zarah Leander. Einerseits war es deutlich schwerer, Kultur auf die Bühnen zu holen. Es gab nicht die Netzwerke und Agenturen, die es heute gibt. „Mein Vater war ja auch kein ausgebildeter Kulturmanager, er war Gewerkschaftler. Aber er hat alle abtelefoniert und hat es geschafft, Leben ins Haus und die großen Namen nach Dreieich zu bringen“, hat Halberstadt Junior großen Respekt vor der Arbeit des ersten Bürgerhauschefs, Gustav Halberstadt.

Damals waren die großen Namen der Kulturszene öfter hier. Sprendlingen war das erste große Haus auf dem Land. Sonst gab es nur Bühnen in den großen Städten.

Benjamin Halberstadt

Ein Jahr später gastiert Mario Adorf mit Molières „Der Wirrkopf“ in Sprendlingen. Stellvertretend für das Jahr 1982 schmunzelt der begnadete Entertainer Harald Juhnke mit „Musik bleibt Trumpf“ vom Plakat, für 1984 sind es die Schriftzüge der legendären Combos aus der Region: Rodgau Monotones und Flatsch, die hessischen Superstars jener Zeit.

Einer, der immer noch regelmäßig in Dreieich zu Gast ist, taucht 1986 das erste Mal auf: Konstantin Wecker. Beinahe jugendlich wirkt er auf dem großen Farbfoto, das sein Konzert für den 6. Oktober ankündigt. Eine Art Wohnzimmer ist das Bürgerhaus für Badesalz. Das Plakat vom 15. und 16. August 1989 zeigt das allererste Programm des Comedy-Duos – „Das Super Dong-Dong“. Gerd Knebel hatte schon damals keine Haare mehr, obwohl es schon mehr als 30 Jahre her ist.

Benjamin Halberstadt hat nicht nur die großen Namen für die Plakatausstellung ausgesucht: „Ich möchte vor allem die Vielseitigkeit unseres Hauses abbilden, die große Bandbreite der Kultur, die wir hier bieten mit Programm aus Schauspiel, Musik, Kabarett, Kindertheater und auch den Vereinen einen Platz einräumen.“ So stehen für 1990 die Video-Disco mit dem Buchschlager Jugend-Club Wiric in der Hochzeit des Musiksenders MTV oder der Tanz unterm Eichbaum für 1998, den die Sprendlinger Karneval Gesellschaft am Samstag nach der Saisoneröffnung am 11. November über viele Jahre im Bürgerhaus feierte, die Mineralientage für das Jahr 2004 oder die Kunsttage für 2017. Aus dem Jahr 2006 gibt es ein Poster der bayerischen Kabarettistin Martina Schwarzmann, die damals am Maislabyrinth auftrat. Heute füllt sie bei den Festspielen den Burggarten. „Dieses Jahr hätten wir sie doppelt verkaufen können“, sagt Halberstadt. In Dreieich fing Schwarzmanns Karriere klein an, mittlerweile ist sie auch oft im Fernsehen.

Die Ausstellung zum Jubiläum endet mit einem besonderen Plakat – dem Bild der Kabarettistin und Musikerin Jelena Poprzan. Nach ihrem Auftritt am 21. Oktober 2020 wurde der Kulturbetrieb im Bürgerhaus mit Beginn des zweiten Lockdowns wieder auf Eis gelegt. (Nicole Jost/fm)

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