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Stadt ehrt Dr. Willi Ott und – postum – Heinz Hepp mit Kulturpreis

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Von: Frank Mahn

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Für seine Verdienste um die Lokalhistorie ist Willi Ott mit dem Kulturpreis belohnt worden. Laudatorin Kim Bagus und Rathauschef Burlon freuen sich mit dem Vorsitzenden der Freunde Sprendlingens.
Ehrung fürs Lebenswerk: Ehefrau Mika Hepp-Degaita, Tochter Melina und Sohn Andreas Hepp nahmen die Auszeichnung für den verstorbenen Heinz Hepp aus den Händen von Bürgermeister Martin Burlon entgegen. Martin Winkler, Leiter der Musikschule, hielt die Laudatio. © Strohfeldt

Der eine ist ein umtriebiger Heimatforscher, der mit seinem Tatendrang ansteckend wirkt, der andere hat über Jahrzehnte mit seiner Musik und seinem gesellschaftlichen Engagement Herausragendes geleistet – Dr. Willi Ott und Heinz Hepp sind am Montagabend in Dreieich mit dem städtischen Kulturpreis 2018 geehrt worden.

Dreieich – Letzterer postum: Hepp war im November im Alter von 80 Jahren gestorben. Von der Entscheidung der Jury, ihn für sein Lebenswerk zu ehren, hat er nicht mehr erfahren. Seine Frau Mika Hepp-Degaita und seine Kinder Melina und Andreas nehmen die Auszeichnung entgegen.

Er sei sehr überrascht gewesen, als er von der Auszeichnung erfahren habe, bekennt Willi Ott. „Wieso erhält jemand, der durch Hecken kriecht und im Schlamm wühlt, einen Kulturpreis?“ Zum Beispiel weil er, wie Bürgermeister Martin Burlon sagt, ein vorbildlicher geschichtlicher und kultureller Botschafter für Dreieich ist. Ott, promovierter Chemiker, habe im Ruhestand einen neuen Vollzeitjob angetreten, konstatiert Laudatorin Kim Bagus vom Buchschlager Geschichtsverein. Der 71-Jährige hat ein Faible für historische Steine, mehr als tausend hat er auf seiner Homepage dokumentiert. Grenzsteine, Gedenksteine, Sühnekreuze, Steinbrunnen – als „Obmann zur Erfassung und zum Nachweis historischer Steine in Hessen“ hat sich Ott mächtig ins Zeug gelegt. „Die Dokumentationsarbeit über die Grenzsteine im Kreis ist fast beendet“, sagt der Preisträger. Ihm gehe es darum, die Wertschätzung für die steinernen Zeugen der Vergangenheit zu steigern. Er wolle seine Leidenschaft für Lokalgeschichte mit anderen teilen und sie dazu ermuntern, sich ebenfalls damit zu beschäftigen, so Ott.

Bei ihrer ersten Begegnung habe der Heimatforscher sie der Unterschlagung bezichtigt, schildert Bagus augenzwinkernd. Der Vorwurf: In ihrem Garten halte sich „illegal“ ein historisch wertvoller Grenzstein auf. Der „Stein des Anstoßes“ mit der eingravierten Jahreszahl 1783 steht dort immer noch – „auch wenn ich ihn gerne auswildern würde“, merkt der Sprendlinger süffisant an.

Den Freunden Sprendlingens, deren Vorsitzender Willi Ott seit 2014 ist, bescheinigt Bagus großartige Arbeit bei der Erforschung der Geschichte der jüdischen Bevölkerung. Unter seiner Regie werden viele weitere Projekte angestoßen, zum Beispiel ein Brunnenbau im Heckenborn. Ott sprüht nur so vor Ideen. So plant er unter anderem die Ausweisung von „Geschichtswegen“ in Dreieich und Umgebung. Ott forciert auch die Zusammenarbeit mit den beiden anderen Dreieicher Geschichtsvereinen. So wird es 2020 als Gemeinschaftsprojekt ein Konzert zum 200. Geburtstag von Henry Vieuxtemps geben, der zehn Jahre in Dreieichenhain lebte. Der Belgier gehörte zu den bedeutendsten Geigern des 19. Jahrhunderts.

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Für seine Verdienste um die Lokalhistorie ist Willi Ott mit dem Kulturpreis belohnt worden. Laudatorin Kim Bagus und Rathauschef Burlon freuen sich mit dem Vorsitzenden der Freunde Sprendlingens. © Strohfeldt

Musik war die große Leidenschaft von Heinz Hepp. Der gebürtige Thüringer, der mit Frau und Kindern in Götzenhain heimisch wurde, spielte drei Jahrzehnte die Solo-Klarinette beim Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks. Außerdem war er 20 Jahre als Dozent an der Akademie für Tonkunst in Darmstadt tätig. Hepp sei eine feinsinnige und bescheidene Persönlichkeit gewesen – und ein herausragender Künstler in der Region, sagt Martin Winkler, Leiter der Musikschule, in seiner Laudatio. Als er im Herbst mit ihm über die Neuausrichtung des Dreieicher Neujahrskonzerts gesprochen habe, sei Hepp voller Enthusiasmus gewesen, so Winkler, der sich sehr auf die Zusammenarbeit gefreut hatte und „traurig über die verpassten Chancen ist“. Winkler hätte Hepp gerne näher kennengelernt.

Der war ein großer Fan von Johannes Brahms. Hepp hat Instrumente restaurieren lassen, um Brahms’ Werk möglichst umfassend zu dokumentieren. Er hat dessen sämtliche Klarinetten-Kompositionen auf zwei CDs eingespielt. In Dreieich haben sich die Hepps mit ihren Neujahrskonzerten im Bürgertreff einen Namen gemacht. Sowohl Sohn Andreas als auch Tochter Melina sind in die künstlerischen Fußstapfen ihrer Eltern getreten. Versteht sich, dass auch die Enkel Musik machen.

Oft trat Hepp mit seiner Frau Mika auf. Der Klarinettist und die Pianistin waren seit mehr als 50 Jahren verheiratet und ergänzten sich perfekt. Das Duo hat mehr als 100 Aufnahmen veröffentlicht. Ihre Hauskonzerte erfreuten sich großer Beliebtheit und dienten auch sozialen Zwecken. Häufig ging der Erlös an notleidende Kinder.

Schriftstellerin Hanne F. Juritz, eine Freundin der Familie, spricht von einem Freigeist, der Heine und Brecht zugetan war. Folgerichtig gehörte Heinz Hepp zu den Förderern des Heinrich-Heine-Clubs in Offenbach.

Von Frank Mahn

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