Auslaufmodell Städtepartnerschaft in Dreieich

An den Einfahrtsstraßen der Dreieicher Stadtteile stehen noch Schilder mit den Namen der Partnerstädte, aber im Bewusstsein der Bevölkerung spielt der Verschwisterungsgedanke kaum noch eine Rolle. In Dreieich hält allein der Verkehrsverein das Fähnlein hoch und versucht, die Beziehung zum französischen Joinville am Leben zu erhalten. Doch beide Seiten teilen ein Problem:
Dreieich - Für die älteren Mitglieder, teilweise von Beginn an dabei, rücken keine jüngeren nach. Die Pandemie hat dem kränkelnden Pflänzchen der Verschwisterung weiteren Nährboden entzogen. Wer’s nicht weiß: Dreieich hat fünf Partnerstädte. Zwei in den Niederlanden (Oisterwijk, Bleiswijk), zwei in Frankreich (Joinville, Montier-en-Der, das nach einer Eingemeindung seit 2016 La Porte-du- Der heißt) und eine in Großbritannien (Stafford).
„Schon seit einem halben Jahrhundert pflegt Dreieich gute Beziehungen zu seinen europäischen Nachbarn. Städtepartnerschaften haben die Absicht, auf kommunaler Ebene und über Staatsgrenzen hinweg den kulturellen und wirtschaftlichen Austausch zu fördern und freundschaftliche Beziehungen aufzubauen“, ist auf dreieich.de in der Rubrik Stadtporträt zu lesen. Die Realität hält diesem Anspruch nicht mehr stand. Die Beziehungen sind so gut wie eingeschlafen. Die Fraktion der Grünen wollte jüngst in einer Anfrage an den Magistrat wissen, welche Ziele die Stadt mit den Partnerschaften verfolge, wann der letzte Austausch stattfand und ob die Partnerkommunen zu den interkulturellen Wochen eingeladen wurden.
Die Antwort macht wenig Hoffnung. Die seinerzeitigen Begründungen seien auch in einem weitgehend vereinten Europa noch aktuell, heißt es da. „Die Partnerschaften leben jedoch von den Aktivitäten der Menschen aus den Städten, die Kommunalverwaltungen können diese befördern und unterstützen.“ Genau hier liegt der Hund begraben. Bei den jüngeren Generationen hat sich die Idee überlebt, vielleicht auch, weil vieles selbstverständlich geworden ist. So haben sich auch die Schulen andere Ziele gesucht, oftmals in Übersee.
Am aktivsten ist die Verbindung nach Joinville, die der Verkehrsverein pflegt. Hier gab es nach Angaben von Bürgermeister Martin Burlon trotz Pandemie bereits wieder erste persönliche Kontakte. Der Förderverein für die Partnerschaft mit Stafford hatte 2019 eine englische Gruppe zu Gast, ehe er sich aus Altersgründen auflöste. Ein paar private Kontakte gibt es noch.
Aber das reicht natürlich nicht als Fundament. Burlon nennt Beispiele für das fehlende Interesse. Eine Anfrage in Stafford wegen des 40. Jahrestags der Verschwisterung beider Städte vom Dezember 2021 sei bis heute nicht beantwortet worden. Als Dreieich 2017 sein 40-jähriges Bestehen feierte, waren alle Partnerstädte eingeladen worden. Auch diese Schreiben gingen ins Leere. Seither verzichtet die Stadt auf weitere Einladungen zu Veranstaltungen.
Das muss nicht so bleiben. Die Verschwisterung Buchschlags mit dem damaligen Montier-en-Der jährt sich 2023 zum 60. Mal. Womöglich unternimmt die Stadt dann doch noch mal einen Anlauf, das Vakuum zu füllen. Aber dazu bräuchte es neue Impulse.
Von Frank Mahn