Neues Quartier soll Belebung bringen: Viel Bewegung in der Innenstadt

Lange geplant und gebaut wurde die Neue Mitte in Dreieich-Sprendlingen. Das Fünf-Häuser-Quartier ist zwar schon fertig, eingezogen ist aber noch nicht jeder.
Dreieich - Der Sogeffekt lässt noch auf sich warten. In der Neuen Mitte, dem im Frühjahr mit einem Biomarkt, einer Rossmann-Drogerie, der Sparkasse, einer Arztpraxis und mehr als 50 Wohnungen eröffneten Innenstadtquartier an der Hauptstraße in Dreieich-Sprendlingen (Landkreis Offenbach), ist urbane Betriebsamkeit eher selten. Mit ein Grund: Das Restaurant am Quartiersplatz ist – auch aufgrund von Lieferengpässen bei Materialien und Equipment – noch geschlossen.
Im „Nova – a Lovestory now“ werden nach Angaben des Betreibers frühestens Ende Oktober die Tische gedeckt – mit einem Angebot von morgens bis abends. Für die weitere Belebung des Quartiers ist die Gastronomie ein entscheidender Faktor. Aber mit der Wahrnehmung ist das ja so eine Sache. Auf Nachfrage gibt nämlich Rossmann zu Protokoll, mit dem neuen Standort bislang „rundum zufrieden“ zu sein. „Das neue Erscheinungsbild und das erweiterte Sortiment werden sehr gut angenommen“, teilt eine Referentin aus dem Bereich Unternehmenskommunikation mit.
Dreieich: Wohnungen in neuem Quartier in Sprendlingen zu 60 Prozent vermietet
Derweil kann Projektentwickler Schoofs vermelden, dass alle gewerblichen Flächen vermietet sind. Bereits im Februar hatten Dr. Marie-Christine Blecher und Dr. Laura Schmitt ihre Praxis für Kieferorthopädie bezogen. Vor wenigen Tagen haben Dr. Konrad Binder eine diabetologische Schwerpunktpraxis und die Zahnärztin Medeea Winkler eröffnet. Seine Hausarztpraxis in der Frankfurter Straße führt Binder weiter.
Von den 53 Wohnungen sind nach den Worten von Doreen Vasicek (Schoofs) etwa 60 Prozent vermietet. Sie sind hochwertig ausgestattet, von daher nichts für den schmalen Geldbeutel. Zu haben sind unter anderem noch die beiden Penthouse-Wohnungen mit Blick über die Dächer von Sprendlingen.

Große Hoffnungen in die Eröffnung der Gastronomie in der Neuen Mitte setzt auch Melanie Großmann. „Sie ist einfach wichtig zur Belebung.“ Großmann ist seit Jahresbeginn Leiterin des Fachbereichs Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing bei der Stadt Dreieich. Einen ihrer Schwerpunkte hat sie auf die Entwicklung der Sprendlinger Innenstadt gelegt. Über allem steht die Steigerung der Aufenthaltsqualität. Und dazu braucht es auch ein gutes Einzelhandelssortiment und ein breit aufgestelltes gastronomisches Angebot.
Neues Innenstadtquartier in Dreiech: Sprendlingen freut sich über neue Attraktivität
Gift für die Attraktivität einer Innenstadt ist ein hoher Leerstand. Großmann ist von daher froh, dass einige Lücken geschlossen werden. In das Haus in der Frankfurter Straße, in dem Rossmann bis zum Umzug ansässig war, eröffnet demnächst der „Elit Frischemarkt“. Der Innenausbau ist noch nicht fertig, aber die Chefin der Wirtschaftsförderung hat sich schon mal umgeschaut. „Die Gestaltung ist sehr hochwertig.“ Großmann ist überzeugt, dass der Laden für eine Aufwertung sorgt.
Ein paar hundert Meter weiter nördlich können die Dreieicher seit Kurzem italienische Feinkost einkaufen. Bulgarische Lebensmittel gingen dort wohl nicht so richtig. Das „Isola del Sole“ ist ein Bar-Café mit Pasticceria (Konditorei), Käse-, Wurst- und Eistheke – und was sonst noch so alles zum Dolce Vita gehört.
Inselnamen liegen aktuell offenbar im Trend. In der Kurve der Darmstädter Straße gibt’s seit ein paar Wochen das „Sushi Island“. Im Gebäude schräg gegenüber – ganz früher mal Zigarren-Keim – hat das Café den Betreiber gewechselt. Es heißt jetzt „Café du Coin“.
Dreieich: Inhaber von Eiscafé Central in Sprendlingen hört auf
Das Eiscafé Central in der Hauptstraße hingegen stand mehr als drei Jahrzehnte für Kontinuität. Seit Mai 1991 ist das Lebenswerk von Andrea Lichtner-Volkmuth und Günter Volkmuth Treffpunkt für Eis-Liebhaber und Kaffeetrinker. Dass man dort immer die neuesten Gerüchte aus Sprendlingen erfuhr, hat der Beliebtheit gewiss nicht geschadet. Jetzt hat das Ehepaar einen Schlussstrich gezogen – gestern haben die beiden letztmals ihre Gäste bedient. Günter Volkmuth wird demnächst 65. „Es ist an der Zeit, auf meinen Körper zu hören“, sagt der Eismacher. „Ich freue mich darauf, nicht mehr täglich funktionieren zu müssen und das Leben mehr zu genießen“. Eine Nachfolgerin ist gefunden, aber einen nahtlosen Übergang gibt es nicht.

Vom Rentenalter noch einige Jährchen entfernt ist Stergios Kelesis. Seit gut 16 Jahren betreibt er das Stadtgeflüster in der Frankfurter Straße. Immer mal wieder wurde in der Vergangenheit im Sprendlinger Flurfunk die Schließung kolportiert – dieses Mal ist es mehr als ein Gerücht. „Ich habe meinen Vertrag, der Ende April 2023 ausläuft, nicht verlängert“, bestätigt Kelesis. Bei ihm kommen verschiedene Faktoren zusammen. Er müsse inzwischen mehr an seine Gesundheit denken, sagt der Gastronom.
Die Entscheidung habe er nach reiflicher Überlegung schon im April getroffen. Die Rahmenbedingungen machten ein wirtschaftliches Arbeiten unmöglich. Fachkräftemangel und massive Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie nennt Kelesis als Gründe. Zudem blieben beispielsweise mittags viele Kunden weg, weil sie im Homeoffice seien. Und: „Die Leute haben weniger Geld in der Tasche. Weggehen ist für viele zum Luxus geworden.“ (Frank Mahn)