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Bewährung nach Schüssen mit Schreckschusswaffe

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Von: Nicole Jost

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Zu einer Bewährungsstrafe wurde ein Mann nach Schüssen aus der Schreckschusswaffe verurteilt.
Zu einer Bewährungsstrafe wurde ein Mann nach Schüssen aus der Schreckschusswaffe verurteilt. © Arne Dedert/dpa

Ein 42 Jahre alter Mann aus Dreieich hat mit einer Schreckschusswaffe auf Familienmitglieder seiner Lebensgefährtin geschossen und muss sich dafür vor dem Amtsgericht Langen verantworten. Richterin Natalia Wawoczny folgt mit dem Strafmaß der Forderung von Staatsanwalt Thomas Betten und „verknackt“ den Italiener, dem im Blut Spuren von Kokain nachgewiesen wurden, zu elf Monaten Haftstrafe auf Bewährung.

Dreieich - Außerdem muss der Angestellte eines Restaurants monatlich zum Drogentest und 1500 Euro ans Kinderhilfswerk zahlen. In ihren Worten an den Angeklagten macht die Richterin klar, dass der Mann dringend daran arbeiten müsse, Streitigkeiten und Konflikte friedlich zu lösen. „Sie sind außer Rand und Band und machen noch nicht einmal vor der Familie halt. Bekommen Sie sich in den Griff, sonst landen Sie im Gefängnis!“, warnt ihn die Vorsitzende.

Am 7. Mai 2021 sind bei dem Dreieicher, der wegen unerlaubten Waffenbesitzes mehrfach vorbestraft ist, offensichtlich die Sicherungen durchgebrannt. Nach einem Streit mit dem Freund der Nichte seiner Verlobten am Vorabend dringt er mittags über den Balkon des jungen Paares in dessen Wohnung an der Hainer Chaussee ein. Der Großvater öffnet die Tür, weil er fürchtet, der Mann würde sie in seiner Wut sonst mit einem Brecheisen einschlagen. Der Angeklagte sagt vor Gericht aus, es habe ein Handgemenge mit dem Vater seiner Lebensgefährtin gegeben, weil dieser ihn festhalten wollte. Die Nichte habe ihn zudem mit Reizgas attackiert. Die Schüsse aus der Schreckschusspistole hätten sich in diesem Tumult gelöst.

Ganz anders klingt die Geschichte aus den Mündern der beiden Zeugen, die wenige Monate nach diesem Vorfall – nach eigener Aussage aus Angst vor dem Angeklagten – nach Italien gegangen sind. Der 23 Jahre junge Mann berichtet, dass er geglaubt habe, der Angeklagte wolle mit ihm sprechen. „Ich saß auf dem Bett, plötzlich zieht er die Pistole aus der Jackentasche und schießt aus nächster Nähe auf meinen Kopf. Mich hat kein Geschoss getroffen, aber ich hatte wahnsinnige Angst“, übersetzt die Dolmetscherin die Aussage. Seine Freundin habe den Mann mit der Waffe dann angesprungen und mit Reizgas besprüht. „Sie ist zu Boden gegangen, anschließend hat er auch auf sie geschossen.“

Seine 21 Jahre alte Freundin erzählt den Vorfall nahezu identisch. Sie wird gefragt, ob es gezielte Schüsse waren oder ob sie sich im Gerangel gelöst hätten. „Er hat gezielt!“, sagt sie ohne zu zögern. Nur mit Glück – da sind sich Richterin und Staatsanwalt einig – bleibt das Paar unverletzt.

Der Großvater will sich im Zeugenstand nicht so richtig erinnern, zu lange sei der Vorfall her. Der 69-Jährige berichtet aber, dass er seinem Schwiegersohn in spe die Waffe abgenommen und ihn aus der Wohnung begleitet habe. Das junge Paar ruft die Polizei, die den Angeklagten festnimmt. Seine Verlobte beruft sich im Gericht auf ihr Recht auf Verweigerung der Aussage.

Der Dreieicher gesteht das Mitführen der Waffe, für die er den benötigten kleinen Waffenschein nicht hat und sagt auch: „Ich bin kein Unschuldslamm.“ Es tue ihm leid. Er pocht aber darauf, nicht absichtlich gefeuert zu haben.

Der Staatsanwalt betont, die Zeugenaussagen seien detailreich und stimmten überein. „Wer in einem so engen Zimmer in Kopfnähe schießt, nimmt schwere Verletzungen in Kauf“, erklärt Thomas Betten das Strafmaß für versuchte gefährliche Körperverletzung in zwei Fällen, Bedrohung und unerlaubten Waffenbesitz. Für den Angeklagten spricht, so Richterin Natalia Wawoczny, dass die Tat zwei Jahre her ist und er seither nicht mehr aufgefallen ist, in geregelten Verhältnissen lebt und arbeitet.

Von Nicole Jost

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