Furioser Auftakt der Burgfestspiele Dreieichenhain

Der Start ist schon einmal geglückt. Zur Premiere der Burgfestspiele Dreieichenhain nach zweijähriger pandemiebedingter Pause begeistert am Donnerstag The Ukulele Orchestra of Great Britain. Bereits vor Beginn genießen die geladenen Gäste beim Empfang der Sparkasse und der Stadtwerke die schöne Atmosphäre. Einziger Störfaktor des furiosen Abends ist, dass es ohne Schauer nicht geht und zeitweise die Regencapes genutzt werden müssen.
Dreieichenhain - Natürlich darf ein neuer Burgfestspiel-Jingle von Badesalz zur Begrüßung nicht fehlen. Als Uschi und Rosi witzelt das Duo darüber, dass die Orchester-Mitglieder wohl kein Geld für eine Gitarre hätten. Doch bei dem kleinen Zupfinstrument handelt es sich nicht um einen Ableger der Gitarre, hinter der es sich nicht zu verstecken braucht. Das beweisen die acht Musikerinnen und Musiker eindrucksvoll, die schon mehrmals in der Burg waren und die es allemal verdient haben, die neue Ausgabe zu eröffnen. Auch wenn es die erklärte Mission von Dave Suich, Peter Brooke Turner, Hester Goodman, Ben Rouse, Ewan Wardrop, Leisa Rea, Laura Currie und Jonty Bankes ist, dem Ernst des Lebens entgegenzuwirken, sind sie allesamt hervorragende Musiker, die mit ihren großartigen Arrangements bekannter Hits dem Ruf der Ukulele als ausschließliches Gute-Laune-Instrument entgegentreten.
Ziemlich am Anfang zeigen die acht gleich ihre Meisterschaft, in dem mehrere legendäre Hits von David Bowie, Stevie Wonder und Frank Sinatra fast unmerklich miteinander verwoben werden. Mit großer Lust streifen sie durch die unterschiedlichsten Genres von Rock, Pop, Folk, Jazz, bis Blues und Country. Auch vor ernsteren Songs wie „You Know I’m No Good“ von Amy Winehouse oder „Dancing Barefoot“ von Patti Smith schrecken sie nicht zurück. Der Winehouse-Song wird auf das Wesentliche reduziert und die Stimme von Leisa Rea gibt ihm eine besondere Note.
Das musikalische Können verbinden die Briten mit Ironie, Humor und Charme. David Suich berichtet vom 90. Geburtstag der Queen, bei dem das Orchester aufspielte, dem dortigen Treffen mit Prinzen und leitet zum Song des nicht-royalen Sängers Prince („Kiss“) über. Ben Rouse antwortet auf die Frage, warum er Ukulele spielt, mit dem Song-Titel „Born This Way“ von Lady Gaga, der dann erklingt. Ewan Wardrop ist ein wenig traurig, weil ihn seine Freundin verlassen hat. „Doch meine Frau hat es gefreut.“ Er ist auch der einzige, der seinen Stuhl während des Konzerts kurzzeitig verlässt – zu fast akrobatischen Bewegungen bei einem Bluegrass-Titel. Bei einem Blues-Titel wird das Publikum gewarnt, dass es jetzt sehr langweilig, es aber danach wieder geweckt wird. Der Song danach ist alles andere als langweilig. Als einzige Schottin im Ensemble fühlt sich Leisa Rea verpflichtet, Kultur in den Abend einzubringen und kündigt den Titel eines Italieners an („Pencil Full of Lead“).
Nach der Pause erklingt mit Ennio Morricone („The Good, the Bad and the Ugly“) eine Art Erkennungsmelodie des Ensembles, langsam beginnend und sich furios steigernd, wobei das Pfeifen nicht fehlen darf.
Auch gesanglich sind die Mitglieder in bestechender Form, beispielsweise bei „Dreams“ der Cranberries mit herrlichen Vokalharmonien. „Thank You for the Music“ von ABBA erklingt kurz vor Schluss, dem Dank schließt sich das Publikum mit stehenden Ovationen an.
Quasi zum Fazit des Abends wird die Zugabe. Da die Mitglieder sich nicht einigen können, ob es nun Klassik, Disco, Pop oder vielleicht doch Rock sein soll, erklingt kurzerhand alles, ausgehend von einer Händel-Melodie, was wunderbar zusammen passt. The Ukulele Orchestra zeigt so, dass es keine musikalischen Grenzen kennt und sich nicht einschränken braucht. Denn die Mitglieder können einfach alles.
Sie schaffen es auch mühelos, gegen den zwischenzeitlichen Regen anzukommen. Dabei spielt ein wenig Glück mit, da kurz vor der Pause ein Gewitter im Anmarsch zu sein scheint, das sich dann doch verzieht. Nach einem Windstoß fliegen sogar Notenblätter durch die Luft, was Bürgermeister Martin Burlon zu einem Einsatz auf der Bühne veranlasst.
In seiner Begrüßung zu Beginn bezeichnet er die bis dahin letzte Vorstellung am 18. August 2019, die wegen des Sturms nicht stattfinden konnte, als böses Omen. Burlon erinnert an die besonders schwierige Zeit für die Kulturschaffenden während Corona und dankt dem Bürgerhaus-Team, durchgehalten zu haben. Zugleich bedankt er sich für Zuschüsse durch den Bund für die Kultur und bei den Sponsoren der Burgfestspiele, stellvertretend die Sparkasse und Stadtwerke.
Von Holger Klemm
Andy Ost und Federspiel in der Burg
Nach der gestrigen zweiten Vorstellung des Ukulele Orchestras geht es am heutigen Samstag um 20 Uhr weiter mit Andy Ost und Band mit dem Programm „Kunstpark Ost XXL“. Dabei verbindet er auf unnachahmliche Weise Kabarett, Musik und Comedy.
Federspiel, das Bläserensemble mit jungen Musikern aus Österreich, gastiert am morgigen Sonntag um 19 Uhr. Volksmusikalische Tradition trifft dabei auf lässige Experimentierfreude. Für beide Abende gibt es noch Karten, entweder im Ticket-Service des Bürgerhauses, Fichtestraße 50, Tel. 06103 60000, heute geöffnet von 10 bis 13 Uhr, oder an der Abendkasse, die eine Stunde vor Beginn der Vorstellung öffnet.