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Betrügerin ergaunert unglaubliche Summe von Rentnern – nun erwartet sie lange Haftstrafe

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Immer wieder werden gutgläubige ältere Menschen Opfer perfider Betrugsmaschen, bei denen sie viel Geld verlieren. Eine besonders effektiv arbeitende Täterin musste sich gestern vor dem Landgericht Darmstadt verantworten.
Immer wieder werden gutgläubige ältere Menschen Opfer perfider Betrugsmaschen, bei denen sie viel Geld verlieren. Eine besonders effektiv arbeitende Täterin musste sich gestern vor dem Landgericht Darmstadt verantworten. (Symbolbild) © David-Wolfgang Ebener/dpa

Immer wieder werden gutgläubige ältere Menschen Opfer perfider Betrugsmaschen, bei denen sie viel Geld verlieren. Eine besonders effektiv arbeitende Täterin musste sich gestern vor dem Landgericht Darmstadt verantworten.

Dreieich/Darmstadt – Zwischen Juni 2015 und April 2019 ergaunerte sie laut Anklage rund 1,5 Millionen Euro. Die Vierte Strafkammer verurteilte die 49-Jährige wegen gewerbsmäßigen Betrugs zu sechs Jahren und neun Monaten Haft.

Die Masche der Frau war stets die gleiche: Sie benötige aufgrund einer persönlichen Leidensgeschichte dringend Geld. Sie stamme aus wohlhabenden Kreisen, sei nur momentan nicht liquide; deshalb der Hilferuf. Dem folgte ein knappes Dutzend Senioren, fast alle männlich. Stets beteuerte die Betrügerin, sie werde das Geld samt Zinsen zurückzahlen – auf die Einlösung des Versprechens warteten die Hilfsbereiten vergeblich.

Urteil in Darmstadt gesprochen – Rentner aus Dreieich zahlt 580.000 Euro an Betrügerin

Zu den Opfern zählt auch ein alleinstehender Rentner aus Dreieich. Er hält den traurigen Rekord an materiellem Verlust: 580 000 Euro. Am 23. Juni 2017 klingelt bei ihm das Telefon. Die Anruferin stellte sich als „Elke“ vor, man plaudert und dem Dreieicher ist die Frau sympathisch, er lädt sie zu sich nach Hause ein. Dort offenbart sie den wahren Grund der Kontaktaufnahme. Sie lebe in Scheidung mit ihrem arabischen Mann aus Dubai, dessen Bruder ihr mit dem Tode drohe. Sie habe aktuell keine Bleibe, wolle aber ein Haus kaufen. Zwar verfüge sie über genügend Geld auf einem Schweizer Konto, müsse aber zuerst Notare und Anwälte bezahlen, um an das Vermögen zu kommen – „bitte helfen Sie mir!“

Urteil in Darmstadt gesprochen Unglaubliche Betrugsmasche – 26 Fälle

Der 72-Jährige, der sich im Nachhinein ein Helfersyndrom attestiert, zögert nicht lange. Bereits drei Tage nach dem ersten Telefonat hebt er 15 000 Euro ab und übergibt die Scheine im guten Glauben, das Richtige zu tun. Damit hat die 49-Jährige ihn am Haken. Weitere 15 Geldübergaben – zwischen 3 000 und 120 000 Euro – folgen in den nächsten zehn Monaten. Bei der zehnten Übergabe hat der Senior bereits für 180 000 Euro sein Haus verkauft. Trotzdem durchschaut er das kriminelle Treiben lange nicht. Irgendwann erstattet er doch Anzeige und bringt das Verfahren ins Rollen.

Vier der 26 Fälle werden eingestellt. Das Urteil birgt indes keine Überraschung mehr: Kammer, Staatsanwaltschaft und die drei Verteidiger haben sich vorab in einem Rechtsgespräch auf ein Strafmaß zwischen sechseinhalb und siebeneinhalb Jahren Haft geeinigt. Bei voller Geständigkeit, versteht sich.

Verurteilte Betrügerin - frühere Strafverfahren in Bayern

Die überlässt die Analphabetin als Erklärung ihren Verteidigern. Strafanwalt Thomas Pfister vertrat seine Mandantin schon bei zwei früheren Strafverfahren in Bayern. „Sie bedauert ihr Fehlverhalten. Die Taten sind unbestritten übel und die Behandlung durch die Justiz ausgesprochen fair.“ Anwalt Oliver Gaertner umreißt die Vita der Angeklagten: „Sie ist das Kind einer Roma-Familie. Ihre Eltern und Großeltern gehörten noch zum fahrenden Volk, wurden im Deutschen Reich verfolgt. Sie hat nie eine Schule besucht und keine Berufsausbildung.“

Seit April 2019 sitzt die Angeklagte in U-Haft. Pfister betont ihre besondere Haftempfindlichkeit, plädiert auf Milde: Erst vor einer Woche wurde die Stieftochter bei dem Anschlag in Hanau erschossen. Lebenspartner, beide erwachsenen Söhne und die 75 Jahre alte Mutter verfolgen emotionsgeladen die Verhandlung. Nach den Plädoyers fließen Tränen. Dem Geständnis als großem Plus stehen laut Staatsanwalt Steffen Reuschel dicke Minuspunkte gegenüber: Vorstrafen, erhebliche kriminelle Energie, viele Taten, hoher Schaden. „Sie haben sich ganz gezielt Senioren mit einem hohen Maß an Hilfsbereitschaft ausgesucht. Diese Menschen gilt es zu schützen, da hat der Staat enorme Verantwortung.“

Einfühlsame Worte der Richterin in Darmstadt: „Leben eine Wendung geben“

Auch aufgrund der besonderen Umstände wählt die Vorsitzende Richterin Cornelia Hartmann-Grimm in der Urteilsbegründung einfühlsame Worte: „Wir wünschen Ihnen, dass das Leid um ihre Stieftochter irgendwann erträglich wird. Trotz allem: Nutzen Sie die Chance, in der JVA ihrem Leben noch mal eine Wendung zu geben!“

von Silke Gelhausen

In Dreieich kam es ebenfalls zu einem aufsehenerregenden Betrugsfall: Der Mitarbeiter eines Kurierdienstes in Dreieich will seinen Chef betrügen - doch er kommt damit nicht durch.

Außerdem bedrohte ein Pärchen eine Mitarbeiterin in dem Supermarkt in Dreieich, doch mit deren Reaktion haben sie nicht gerechnet.

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