1. Startseite
  2. Region
  3. Dreieich

Rewe macht dicht, Nachfolge verzögert sich: Anwohner könnten „für gewisse Zeit keinen Markt haben“

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Frank Mahn

Kommentare

Noch sichert der Rewe-Markt in der Borngartenstraße die Grundversorgung der Offenthaler. Aber Ende nächsten Jahres macht der Laden definitiv dicht. Die Immobilie steht zum Verkauf. 	Fotos: strohfeldt
Noch sichert der Rewe-Markt in der Borngartenstraße die Grundversorgung der Offenthaler. Aber Ende nächsten Jahres macht der Laden definitiv dicht. Die Immobilie steht zum Verkauf. © Strohfeldt

Der Rewe in Dreieich Offenthal schließt bald. Ein neuer Edeka-Markt soll folgen. Doch der Planungsprozess verzögert sich. Anwohner könnten bald auf dem Trockenen sitzen.

Dreieich - Aus dem erhofften Baubeginn im ersten Halbjahr 2022 wird nichts. „Er wird sich um ein halbes bis Dreivierteljahr verschieben“, sagt Markus Schäfer, Gebietsexpansionsleiter von Edeka, auf Anfrage.

Das kleine Geschäftszentrum in der neuen Ortsmitte blutet langsam aus. Die Sparkasse Langen-Seligenstadt hat ihre Filiale schon vor einiger Zeit aufgegeben und ist mit einem SB-Terminal unter das Dach der nur einen Steinwurf entfernten Volksbank Dreieich geschlüpft. Seit ein paar Wochen ist nun auch das Schreibwarengeschäft geschlossen. Cristina Arnold zog dort Ende September einen Schlussstrich. Gut sechs Jahre lang hatte sie dort in der Nachfolge von Wilhard Kneib Tageszeitungen, Zigaretten und Magazine verkauft, Lottospielern Glück gewünscht und Pakete von Hermes angenommen. Doch nach einem schweren persönlichen Schicksalsschlag reifte der Entschluss, das Geschäft aufzugeben.

„Es war keine spontane Entscheidung. Nach dem Tod meines Mannes im vergangenen Jahr möchte ich jetzt noch mal was ganz anderes machen“, sagt Arnold. Sie geht auch mit einem weinenden Auge: „Der Standort hier war ganz prima für dieses Geschäft. Durch den Rewe und den Bäcker waren viele Leute und auch Kinder hier, und ich mochte die Kunden.“

Dreieich (Kreis Offenbach): Rewe macht dicht – Prozess um Nachfolger verzögert sich

Die Entwicklung setzt sich fort. Nächstes Jahr zieht sich Rewe aus Offenthal zurück. Ende 2022 läuft der Mietvertrag aus, dann gehen dort die Lichter aus. Das ist unumstößlich, eine Verlängerung kein Thema. „Wir werden den Standort nicht weiterbetreiben“, sagt Rewe-Sprecherin Anja Loewe. Für die Offenthaler bedeutet das: Wenn kein Wunder geschieht, sind sie für unbestimmte Zeit auf Märkte außerhalb des Stadtteils angewiesen.

Und wie geht es mit dem Gebäudekomplex in der Borngartenstraße weiter? Nach Informationen unserer Zeitung steht der vordere Bereich zum Verkauf. Es soll auch mehrere Interessenten geben. Der hintere Teil mit China-Restaurant, Bistro und vier Wohnungen gehört einem anderen Eigentümer. Von dessen Hausverwaltung heißt es, man habe nicht vor, „die Immobilie aktiv zum Verkauf anzubieten“. Die beiden gastronomischen Betriebe sind dort seit 1991 zu Hause, damals wurde der Komplex gebaut. Sie gehören zu den „letzten Mohikanern“ der Offenthaler Gastroszene.

Pläne um Rewe-Schließung in Dreieich beschlossen: Verfahren verzögert sich

Rewe war mit den in die Jahre gekommenen und vergleichsweise kleinen Räumlichkeiten schon lange unzufrieden, spekulierte über Jahre auf einen neuen Markt auf der grünen Wiese. Dann aber zog der Konzern beim Pokern um die Grundstücke neben dem Autohaus Milzetti an der Mainzer Straße gegen die Grundstücksverwaltungsgesellschaft von Edeka den Kürzeren. Sie kaufte von zwei Eigentümern insgesamt 11 700 Quadratmeter zum Bau eines Vollsortimenters.

Im April wurden die Pläne öffentlich. Kurz darauf beschloss das Stadtparlament die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Heißt: Die Verfahrenskosten gehen zu Lasten von Edeka. Damit allein ist es aber nicht getan. Denn die ausgedeutete Fläche in der Größe von etwa eineinhalb Fußballfeldern ist im Regionalen Flächennutzungsplan aktuell nur für Gewerbe vorgesehen. Es bedarf einer Umwidmung in „Sondergebiet Einzelhandel“. Das wiederum lässt sich nicht von jetzt auf gleich bewerkstelligen, zumal nicht nur der Regionalverband FrankfurtRheinMain involviert ist, sondern auch das Regierungspräsidium in Darmstadt.

Dieses Abweichungsverfahren nimmt laut Markus Schäfer mehr Zeit in Anspruch als erhofft. Auch weil durch Corona viele Sitzungen ausgefallen seien, so der Edeka-Expansionsleiter. Der Plan, Mitte 2022 mit dem Bau des 1500 Quadratmeter großen Marktes beginnen zu können, ist nicht zu halten. Es werde mindestens ein halbes Jahr mehr ins Land gehen, so Schäfer. Von daher ist es schwierig zu sagen, ob und wann der Markt 2023 öffnet.

Dreieich (Kreis Offenbach): Offenthaler werden „für eine gewisse Zeit keinen Markt haben“

Auch Schäfer geht davon aus, dass die Offenthaler „für eine gewisse Zeit keinen Markt haben“. Eine Übergangslösung in den Rewe-Räumen in Dreieich hält der Edeka-Mann für unwahrscheinlich. „Das muss ja auch wirtschaftlich darstellbar sein.“

Im Rathaus arbeite man mit Hochdruck daran, den Antrag zur Änderung des Regionalen Flächennutzungsplans fertigzustellen, sagt Bürgermeister Martin Burlon. Den kann nämlich nur die Kommune stellen. Dazu sind verschiedene Gutachten notwendig, für die die Stadt sich externe Unterstützung geholt hat.

Den Verwaltungschef versetzt die sich jetzt anbahnende Situation – ein Stadtteil vorübergehend ohne Grundversorger – in Alarmbereitschaft. „Wir sind im Gespräch mit allen Beteiligten, um eine Versorgungslücke zu vermeiden“, versichert der Bürgermeister. Zur Not müsse man über eine „mobile Lösung“ nachdenken, also Händler, die mit einem Verkaufswagen im Stadtteil Station machen. (Frank Mahn/Nicole Jost)

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion