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Diskussion in Dreieich über Energiewende

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Von: Frank Mahn

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Nicht immer einer Meinung, zum Beispiel beim Thema Erdgas: Steffen Arta (links), Geschäftsführer der Dreieicher Stadtwerke, und Jürgen Eiselt von Scientists for Future.
Nicht immer einer Meinung, zum Beispiel beim Thema Erdgas: Steffen Arta (links), Geschäftsführer der Dreieicher Stadtwerke, und Jürgen Eiselt von Scientists for Future. © -strohfeldt

Um die Energiewende und den Klimaschutz ging es am Mittwochabend bei einer Diskussion im Bürgerhaus Sprendlingen.

Dreieich – Starkregenereignisse häufen sich, Unwetter nehmen zu, extreme Hitzesommer setzen dem Wald zu: Klimaschutz und Energiewende sind die zentralen Herausforderungen unserer Zeit. Was Kommunen tun können, um den Ausstoß von Kohlendioxid zu reduzieren und die Erderwärmung zu stoppen, ist am Mittwochabend im Bürgerhaus Thema einer Diskussion.

Auf dem Podium sitzen die Geschäftsführer der Stadtwerke Dreieich, Langen und Neu-Isenburg. Steffen Arta, Manfred Pusdrowski und Kirk Reineke skizzieren, welche Anstrengungen sie unternehmen und welche weiteren Möglichkeiten sie sehen. Dazu gesellen sich Jürgen Eiselt von Scientists for Future Frankfurt und Wissenschaftsjournalist Thomas Ranft, der souverän und unterhaltsam moderiert. Hinter der Veranstaltung steht der Verein ByeByeBiblis – Energiewende in der Region, der knapp 100 Interessierte begrüßen kann.

Eine Erkenntnis, die sich unter dem Strich festhalten lässt, ist eigentlich eine banale: Jeder sollte bei sich selbst anfangen, sein Verhalten überprüfen – mit dem Ziel, möglichst wenig CO2 zu produzieren. Landrat Oliver Quilling als Schirmherr nennt ein paar Beispiele: Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel, Reduzierung des Fleischkonsums, weniger Kurzstreckenflüge, mehr Radfahren. Beim Thema Stromerzeugung setze der Kreis seit Jahren auf Fotovoltaik. Gut ein Drittel der Dächer der 86 Schulen sei inzwischen mit Solarmodulen bestückt, so Quilling. Und: „Durch die Sanierung unserer Schulen konnte die jährliche CO2-Immission von über 20 000 auf 8 730 Tonnen gesenkt werden.“

Auf die Kraft der Sonne setzen die drei Stadtwerke in unterschiedlicher Form. In Dreieich gibt es mit Solarpur das ambitionierteste Förderprogramm, auch Neu-Isenburg treibt den Ausbau voran, während Langen sich auf Blockheizkraftwerke und Fernwärme konzentriert. Das Trio macht deutlich: Die Versorgung eines Ballungsraums wie dem Rhein-Main-Gebiet mit hier erzeugten erneuerbaren Energien – also weg von nuklearen und fossilen Brennstoffen – ist unrealistisch. Versuche mit Geothermie seien gescheitert, sagt Manfred Pusdrowski. Auch Windkraftanlagen seien nicht geeignet, so Reineke. „Unsere Möglichkeiten sind begrenzt“, ergänzt Arta. Der Chef der Dreieicher Stadtwerke sieht neben der Fotovoltaik vor allem beim Anlagen-Contracting Potenzial zur Steigerung der Energieeffizienz. Wasserstoff sei aktuell noch nicht wirtschaftlich, wird seiner Meinung nach aber eine große Rolle bei der Energiewende spielen. Es gebe nicht die eine Lösung. Arta: „Im Moment fehlt mir die Fantasie, wie Erdgas in den nächsten zehn Jahren ersetzt werden soll.“ Die Anschlussdichte beim Gas liege in Dreieich bei 80 Prozent.

„Wir haben nicht mehr viel Zeit, um den Hebel umzulegen“, sagt Jürgen Eiselt, Experte für erneuerbare Energien und Mitglied von Scientists for Future. Das ist ein Zusammenschluss von rund 26 000 Wissenschaftlern, die die aktuellen Klimaziele für völlig unzureichend halten. Ein Festhalten am Erdgas wäre aus Eiselts Sicht fatal. „Wir befeuern die Klimakrise, weil bei der Produktion Methan entsteht.“ Ob Strom, Wärme oder Mobilität – die Energiewende auf diesen Feldern sei bis 2030 „zu 100 Prozent machbar“, ist Eiselt überzeugt. Er wirbt für die Umsetzung von Energiezellenkonzepten und für den Zusammenschluss zu Energiegemeinschaften. Dringend verbessert werden müsse das Beratungsangebot für Bürger, zum Beispiel mit Blick auf die energetische Sanierung von Gebäuden.

Auch wenn die Möglichkeiten vor Ort überschaubar sind, müsse Deutschland eine Vorreiterrolle übernehmen, fordert Manfred Pusdrowski. „Die wichtigste Aufgabe ist es, den CO2-Ausstoß auf Null zu stellen. Wir müssen als reiches Industrieland vorangehen, damit die anderen mitmachen. Wir müssen die Welt mitnehmen, zeigen, wie es geht.“ Steffen Arta wünscht sich klare regulatorische Vorgaben von Land, Bund und EU, weniger Bürokratie und mehr Tempo in allen Bereichen.

Franz Scheidel von ByeByeBiblis bewertet den Abend positiv. „Es war interessant, zu erfahren, welche Möglichkeiten und Schwierigkeiten die Stadtwerke haben.“ Scheidel spricht von einem guten Auftakt, der Verein werde am Ball bleiben. Der Langener kann sich eine kreisweite Initiative vorstellen, „um die gewaltige Aufgabe besser zu koordinieren“. Von der Diskussion gibt es einen Film bei Youtube, im Suchfeld einfach die Stichworte Energiewende Dreieich eingeben. » Angemerkt

Von Frank Mahn

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