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Frau (71) durch frei laufenden Hund verletzt: Soll die Leinenpflicht her? – Pro und Contra

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Von: Frank Mahn

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Die Fraktion Bürger für Dreieich (BfD) fordert eine Leinenpflicht für Hunde und stärkere Kontrollen. (Symbolbild)
Die Fraktion Bürger für Dreieich (BfD) fordert eine Leinenpflicht für Hunde und stärkere Kontrollen. (Symbolbild) © picture alliance/Nicolas Armer/dpa

Die Fraktion Bürger für Dreieich (BfD), die mit zwei Abgeordneten im Stadtparlament vertreten ist, fordert eine Leinenpflicht für Hunde und stärkere Kontrollen.

Dreieich – Anlass ist zum einen der Vorfall in den Baierhansenwiesen, bei dem sich eine 71-Jährige den Unterarm brach, nachdem sie von einem frei laufenden Hund zu Fall gebracht worden war. Zum anderen schildert BfD-Fraktionsvorsitzende Natascha Bingenheimer einen weiteren Vorfall, den sie am Donnerstag im Wald zwischen Sprendlingen und Buchschlag beobachtet hat.

Keine Leinenpflicht in Dreieich: „Der Hund trieb die Tiere in großen Kreisen wild bellend vor sich her“

Im Bereich um einen Weiher habe sie gegen 14.30 Uhr gesehen, wie ein frei laufender Hund eine Rehmutter und ihr Junges durch den Wald hetzte. „Die Rehe waren in völliger Panik, der Hund trieb die Tiere in großen Kreisen wild bellend vor sich her“, berichtet Bingenheimer. „Es ist schon selten, dass man ein Reh im Wald sieht, aber ob diese Tiere die Tortur unbeschadet überstanden hat, weiß ich nicht.“ Sie habe einen Mann und eine Frau am Weiher angesprochen, die beide auf der Suche nach ihrem Hund gewesen seien. Die Frau sei einfach mit ihrem Rad davongefahren, der Mann habe gesagt, dass sein Hund „irgendwie entlaufen“ sei.

„Es gab bei den durch mich angesprochenen Haltern keine wirkliche Einsicht und kein Verständnis. Überhaupt ist festzustellen, dass die Rücksichtslosigkeit einiger Halter weiter zunimmt ebenso wie die Zahl der frei laufenden Hunde, obwohl gerade Brut- und Setzzeit ist“, stellt Bingenheimer fest.

Hunde in Dreieich: „Wir benötigen ganz klar eine Anleinpflicht“

Für sie und ihren Fraktionskollegen Tino Schumann steht deshalb fest: „Wir benötigen ganz klar eine Anleinpflicht, um dem Treiben ein Ende zu bereiten. Halter, die ihre Hunde eh schon anleinen, tangiert diese Maßnahme nicht, denn sie verhalten sich ja schon vernünftig. Aber die anderen, die nicht in der Lage sind, einen Hund zu führen, müssen sanktioniert werden können – und zwar durch Kontrollen.“

Bingenheimer erinnert an den jüngsten parlamentarischen Vorstoß zur Einführung einer Leinenpflicht in der Brut- und Setzzeit vorzwei Jahren. Damals hatten die Grünen das Thema auf die Agenda geholt. Der Antrag scheiterte knapp, 21 Stadtverordnete stimmten dafür, 23 dagegen.

Pro Leinenpflicht von Frank Mahn: Keine Lust mehr auf „der tut doch nix“ in Dreieich

Eins gleich mal vorneweg: Ich habe absolut nichts gegen Hunde. Ich bin auch nicht der ängstliche Typ, der zwanghaft einen großen Bogen um sie macht. Aber als jemand, der gerne mit dem Fahrrad in der Natur unterwegs ist, geht mir das völlig unreflektierte Gebaren von uneinsichtigen Haltern gehhörig auf den Senkel. Dabei sind die Hunde nicht das eigentliche Problem. Ich habe keine Lust mehr, mir die immer gleichen Ausreden wie „der tut doch nix“ anzuhören.

Hunde haben einen angeborenen Jagdtrieb, manche Rassen mehr, manche weniger. Wer weiß schon, ob der vermeintlich beste Freund des Menschen nicht doch mal zuschnappt, wenn er durch die Gegend streunt? Als Radler kann ich aus einem langjähigen Erfahrungsfundus schöpfen. Dazu gehören – neben mehreren Beinahe-Unfällen und etlichen sinnfreien Dialogen – auch ein Sturz, als ein Hund plötzlich aus dem Gebüsch auf den Weg sprang. Die allermeisten Halter sind vernünftig und nehmen Rücksicht auf ihre Mitmenschen. Und sie müssen sich hier auch nicht angesprochen fühlen.

Pro Leinenpflicht in Dreieich: Ein saftiges Bußgeld spricht sich herum

Es gibt aber leider auch die andere Spezies von Hundehalter, denen das Wohl ihres vierbeinigen Lieblings wichtiger ist als das ihrer Mitmenschen. Für am Boden brütende Vögel, andere Jungtiere oder Rehe ist da erst recht kein Verständnis vorhanden. Natürlich weiß ich, dass eine Leinenpflicht schwer zu überwachen ist. Aber deshalb sollte man nicht darauf verzichten. Es geht im weitesten Sinn ja um Sicherheit. Unter Hundehaltern wird es sich herumsprechen, wenn einer mal ein saftiges Bußgeld abgedrückt hat, weil er seinen Hund in den Baierhansenwiesen nicht unter Kontrolle hatte.

Contra Leinenpflicht von Nicole Jost: Bestraft würden viele rücksichtsvolle Hundebesitzer in Dreieich

Ich kann den Ruf nach einem Leinenzwang vonseiten der Naturschützer sogar verstehen – halte ihn aber nicht für das richtige Instrument. Bestraft würden damit die vielen rücksichtsvollen Hundebesitzer. Denn wieso soll ein Hund, der gut hört, abrufbar ist und eben nicht kopflos durch Wiesen und Unterholz rast, an die Leine? Hunde müssen auch im Ballungsgebiet mal richtig rennen und mit anderen Hunden Sozialkontakte pflegen dürfen. Eine ausgewiesene Hundewiese ist für mich niemals der Ersatz für einen ausgedehnten Spaziergang. Mal ganz davon abgesehen, dass solch ein Areal nur funktioniert, wenn alle Hundebesitzer die Hinterlassenschaften beseitigen. Wenn nicht, ist es natürlich schnell eine stinkende Kloake.

Ein Hundebesitzer, den es nicht stört, dass sein Hund über Felder jagt, Rehe oder sogar Menschen in Gefahr bringt, der in Kauf nimmt, dass sein Hund einen Radfahrer aus dem Sattel holt und der seinen vierbeinigen Liebling soweit davon rennen lässt, dass er unbemerkt eine Frau umreißen kann, die sich bei diesem Unfall den Arm bricht, der wird sich auch durch eine Satzung nicht zu einem rücksichtsvollen Hundebesitzer wandeln. Natürlich hätten Ordnungsamt und Feldschützer mit diesem klar geregelten Verbot ein Argument und könnten Ordnungsgelder verhängen.

Contra Leinenpflicht in Dreieich: Wie viele Hundebesitzer werden tatsächlich auf frischer Tat erwischt?

Aber seien wir doch mal ehrlich: Wie viele renitente Hundebesitzer werden tatsächlich auf frischer Tat erwischt? Die Zahl ist verschwindend gering. Und gekniffen sind die, die sich an die Regeln halten, und deren Hund, der sich nicht die Bohne für Kaninchen und Co. interessiert, drei lange Monate nur an der Leine laufen darf.

Der Tierheimbetrieb läuft trotz Coronavirus weiter. Auch wenn die Anlage in Dreieich offiziell nicht geöffnet hat, müssen all die herrenlosen Hunde*, Katzen und Kleintiere ja trotzdem versorgt werden.

*op-online.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

VON FRANK MAHN UND NICOLE JOST

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