Von der Antarktis bis zur ISS: Der Amateurfunkclub Dreieich hält Kontakt

Der Amateurfunk mag antiquiert wirken, kann im Zweifel aber Leben retten. Neben Reisen um die Welt ermöglicht das Hobby zudem ungeahnte Begegnungen.
Dreieich – Wenn das Mobilfunknetz überlastet und die Internetversorgung gestört ist, können sie allen Widrigkeiten zum Trotz die Kommunikation weiter aufrechterhalten: Funkamateure. Doch auch neben diesem in Notfallsituationen sehr nützlichen Aspekt stellt sich das Hobby deutlich vielfältiger dar, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Ob Erforschung abgelegener Inseln oder Erklimmen einsamer Berggipfel, dem Tüfteln und Basteln in den eigenen vier Wänden oder der Kontaktaufnahme mit der Internationalen Raumstation ISS – all das lässt sich unter der großen Klammer des Amateurfunks vereinen. Und findet sich damit auch im kleinen Dreieicher Ortsverband des Deutschen Amateur-Radio-Clubs (DARC) wieder, wie Rainer Hoffmann berichtet.
„Mit dem eigenen Know-how und meinen eigenen Händen eine Verbindung etablieren und Kontakt zu anderen aufnehmen, ohne mich davor bei irgendeinem Dienstleister einloggen zu müssen, ist schon etwas Besonderes“, beschreibt das langjährige Mitglied des Ortsverbandes den Reiz seines Hobbys. Eines Hobbys, das einerseits auf dem „Do-it-yourself“-Prinzip beruht, andererseits jedoch auch einer starken gesetzlichen Regulierung unterworfen ist. Denn Teilhaben an der Welt des Amateurfunkdienstes darf nur, wer zuvor eine Prüfung bei der Bundesnetzagentur für Telekommunikation abgelegt hat. Abgefragt werden etwa das Wissen über die Abwicklung des Funkverkehrs, die fachliche Gesetzeskunde sowie technische Fragen. Nach bestandener Prüfung erhält man ein personengebundenes Amateurfunkzeichen und ist fortan dazu berechtigt, mit im Handel erworbenen oder aber auch komplett selbst gebastelten Funkstellen und Sendeanlagen in den weltweiten Austausch einzusteigen.
Zwischen DIY-Mentalität und Universalgenies
„Früher waren Amateurfunker richtige Universalgenies“, erzählt der 72-Jährige und erinnert sich daran, wie es ihm 1969 gelang, eine Station in Anchorage, der größten Stadt im US-Bundesstaat Alaska, anzufunken. Mit seinem selbst gebauten Equipment überbrückte Hoffmann damals eine Distanz von mehr als 7 000 Kilometern – wohlgemerkt Jahrzehnte vor der kommerziellen Nutzung des Internets und der damit einhergehenden Selbstverständlichkeit permanenter Kommunikation rund um den Globus.
Beim Angeln sitzt man einfach da und wartet ab, ob was anbeißt – das ist der Amateurfunker. Der Internetnutzer hingegen ist der, der einfach zu ,Nordsee’ geht und sich dort sein Fischbrötchen holt.
Obgleich einer Technologie wie dem Amateurfunk im 21. Jahrhundert etwas Anachronistisches anhaftet, ist das Ganze dennoch weitaus mehr als nur eine Spielerei für Nostalgiker. „Bei uns sind Leute aus allen Teilen der Gesellschaft dabei, die einen interessieren sich mehr für die technischen Aspekte, andere haben ihren Schwerpunkt im sportlichen Bereich gefunden und nehmen an Wettbewerben teil“, gibt Hoffmann einen Einblick in die Aktivitäten des Ortsverbands. Er selbst interessiert sich mehr für das Technische, kann mit Begeisterung davon erzählen, unter welchen meteorologischen Bedingungen sich Funkverbindungen selbst mit der ISS oder der deutschen Polarforschungsstation Neumayer III in der Antarktis herstellen lassen. Die sportlich versierten Mitglieder wiederum besteigen Berggipfel oder reisen auf abgelegene Inseln, um dort tragbare Sende- und Empfangsanlagen zu installieren – mit denen dann Amateurfunker weltweit versuchen können, eine Verbindung herzustellen.

Amateurfunkclub in Dreieich: Auch Jüngere zeigen Interesse
Carsten Schaudel ist stellvertretender Vorsitzender des Dreieicher Ortsverbands, den er im Vergleich zu anderen Verbänden mit seinen knapp 30 Mitgliedern als „klein aber fein“ bezeichnet und dessen Einzugsgebiet sich von Dreieich, Egelsbach, Eppertshausen und Langen bis über Neu-Isenburg, Messel und Rodgau erstreckt. Genauso wie Hoffmann ist auch der 49-Jährige einst durchs Studium zum Amateurfunk gekommen. Und auch wenn die Altersspanne der Mitglieder recht breit gestreut ist – das Jüngste ist 15, das älteste um die 80 Jahre alt – so macht auch vor dem Amateurfunkclub das Problem der Überalterung nicht halt, berichtet Schaudel. Ebenso wie die Tatsache, dass es „sich noch immer um eine relativ männlich besetzte Sphäre handelt“.
Trotz allem kämen auch Vertreter der jüngeren Generationen hin und wieder mit dem Hobby in Berührung. Warum? „Weil sie der technische Aspekt reizt“, weiß der Elektroingenieur. Und fügt als Erklärung hinzu: „Als Amateurfunker kann ich ja im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben alles selbst zusammenbauen und dann gucken, wie weit ich mit meinem eigenen Sender komme.“ Oder, wie Hoffmann das Besondere an ihrem Hobby in etwas metaphorischen Worten beschreibt: „Beim Angeln sitzt man einfach da und wartet ab, ob was anbeißt – das ist der Amateurfunker. Der Internetnutzer hingegen ist der, der einfach zu ,Nordsee’ geht und sich dort sein Fischbrötchen holt.“ (Joel Schmidt)