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„Not ist gerade groß“: Dreieich richtet Winterquartier für Obdachlose ein

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Von: Nicole Jost

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Mitarbeiter der Parität schauen täglich nach den Bewohnern der Wohnwagen. Ahmet Bozkurt gibt wie seine Kollegen sein Bestes, um den Obdachlosen über den Winter zu helfen.
Mitarbeiter der Parität schauen täglich nach den Bewohnern der Wohnwagen. Ahmet Bozkurt gibt wie seine Kollegen sein Bestes, um den Obdachlosen über den Winter zu helfen. © jost

Sie können bei eiskalten Temperaturen Leben retten: Unterkünfte für Obdachlose. In Dreieich hat die Stadt einen neuen Platz dafür gefunden.

Dreieich - Manch einem Passanten, Gassigänger oder Radfahrer sind sie bestimmt aufgefallen: die vier Wohnwagen, die auf dem Parkplatz am Sprendlinger Freibad aufgestellt sind. Ein Bauzaun verhindert allzu neugierige Blicke. Das kleine, vorübergehende Campingareal ist das Winterquartier für Obdachlose, die in Dreieich Schutz suchen.

„Das ist eine Übergangslösung, die wir für dieses Jahr geschaffen haben“, erklärt Ellen Grohe, Fachdienstleiterin Soziales, Schule und Integration im Rathaus. Bis vor einigen Jahren, als es die Obdachlosenunterkunft an der Hainer Chaussee noch gab, dienten dort Container als Winterquartier. Nachdem die Bauarbeiten für das Wohnquartier auf dem ehemaligen Opelgelände begonnen hatten, konnten die vor Kälte Schutz suchenden Menschen im ehemaligen BIK- Haus Unterschlupf finden. Im vergangenen Jahr gab es Plätze in einem Haus in der Gleisstraße in Dreieichenhain.

Lange Bemühungen um ein Winterquartier für Obdachlose in Dreieich

„Nachdem das BIK-Haus abgerissen worden ist und all unsere Flüchtlingsunterkünfte voll sind, mussten wir uns eine andere Lösung einfallen lassen“, erläutert Grohe. Über eBay Kleinanzeigen hat die Stadt vier Wohnwagen gekauft und entsprechend vorbereitet. Der Standort am Freibad, sagt Grohe, ist nicht ideal, aber für dieses Jahr zumindest eine machbare Lösung, weil das Areal über die Wintermonate eben nicht für Autos gebraucht werde. „Die Entfernung zur Voltastraße, wo sich die Menschen bei der Sozialberatung der Parität mit Essen versorgen, Duschen und Wäsche waschen können, ist schon ein Stück entfernt“, so Grohe.

Die sechs bis acht Menschen, die in den Wohnwagen unterkommen können, sind mit Strom und einem Dixiklo versorgt. Einmal am Tag kommt ein Mitarbeiter der Parität vorbei, um nach dem Rechten zu schauen. Ellen Grohe sagt, dass sich die Stadt schon lange um ein festes Winterquartier für die obdachlosen Menschen bemüht. „Wir sind leider noch nicht fündig geworden. Denn wir stehen ja jedes Jahr wieder vor diesem Problem und haben eben nicht die Strukturen wie Großstädte, die beispielsweise Wärmebusse anbieten können.“

Dreieich: Flüchtlinge aus der Ukraine stellen die Stadt vor große Herausforderungen

Bürgermeister Martin Burlon betont ebenfalls, dass der Schwimmbad-Parkplatz kein dauerhafter Standort für die Wohnwagen sei. „Es ist nur ein Winterquartier. Sobald es wieder wärmer wird, kommen die Wohnwagen weg.“ Die Anwohner des Parkplatzes wurden über das Notquartier für die wohnungslosen Menschen in einem Brief vorab informiert.

Die derzeitige Lage mit den Flüchtlingen aus der Ukraine stellt die Stadt vor erhebliche Herausforderungen. „Wir haben einen großen Druck auf unsere Flüchtlingsunterkünfte und auch auf die Obdachlosenunterkunft in der Schlagfeldstraße. Aber wir müssen auch für die Menschen, die über den Sommer auf der Straße leben, sorgen und sie gut und sicher über den Winter bringen“, so der Verwaltungschef.

Notunterkunft für Obdachlose kann Leben retten

Maria Holzenthal berichtet, dass in den vergangenen Tagen schon vier Menschen in die Wohnwagen eingezogen sind. „Nicht jeder wird dort Zuflucht suchen, denn die Menschen auf der Straße sind oft Einzelgänger und werden nicht gemeinsam in einem Wohnwagen leben können“, weiß die Leiterin der Sozialberatung und des Sozialkaufhauses der Parität in der Voltastraße. Einige bleiben im Zelt im Wald und kommen in die Voltastraße, um sich mit Essen zu versorgen und um sich aufzuwärmen. Einen Stromausfall in dem kleinen Wohnwagenpark gab es ausgerechnet am extrem kalten vierten Adventswochenende – durch ein Missgeschick flogen die Sicherungen raus. „Wir konnten das am Montag aber schnell wieder richten“, sagt Holzenthal, die betont, dass sie und ihre Mitarbeiter froh über das Quartier sind. „Es kann vor dem Erfrieren retten! Die Not ist gerade groß.“

Wer die obdachlosen Menschen jetzt über die Wintermonate unterstützen möchte, kann das mit einer Spende tun. Sie brauchen dicke Jacken, Winterschuhe für Männer, Schlafsäcke für Minustemperaturen, dicke Decken, Taschenlampen, alte Handys und auch gerne Lebensmittel. Maria Holzenthal bittet darum, diese Spenden keinesfalls an den Wohnwagen abzugeben, sondern in die Voltastraße 4 zur Sozialberatung zu bringen. (Von Nicole Jost)

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