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Dreieichenhainer Altstadt „ist kein Museumsdorf“

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Von: Nicole Jost

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Gerade an sonnigen Tagen erhöht sich das Vergnügen, in aller Ruhe seinen Äppler oder einen Eisbecher genießen zu können.
Auch eine Ausweitung des Fahrverbots in der Altstadt wurde im Ausschuss diskutiert. © Jost

Eine ganze Reihe von Verkehrsthemen steht aktuell auf der Agenda der Kommunalpolitik. Im Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Energie diskutieren die Parlamentarier über den ruhenden wie über den fließenden Verkehr.

Dreieich – Erst 2021 wurde die Stellplatzsatzung neu gefasst. Damit haben Bauherren von Neubauten erstmals die Möglichkeit, die geforderten Autostellplätze auf dem Grundstück anteilig durch Fahrradstellplätze zu ersetzen. Was die Verkehrswende hin zu weniger Autos befeuern sollte, hat sich in der Realität nicht bewährt. CDU, SPD, FWG und FDP fordern deshalb in einem Antrag, die entscheidenden Paragrafen wieder aus der Satzung zu streichen. „Die Maßnahmen führen nicht dazu, den Radverkehr zu fördern, sondern sie steigern schlicht den Profit der Immobilienhaie. Das sind wir nicht mehr bereit mitzutragen. Die Stellplatzsatzung ist das einfachste Instrument das wir haben, Nachverdichtung zu begrenzen“, sagt SPD-Fraktionschef Holger Dechert. Der Kann-Paragraf, wie Dechert ihn nennt, also die Möglichkeit, die Anzahl der Stellplätze im Falle eines guten Konzepts der Bauträger zu reduzieren, bleibt erhalten. Bürgermeister Martin Burlon räumt ein, der Verdacht sei nicht von der Hand zu weisen, dass die aktuelle Satzung ausgenutzt werde. „Es geht nicht darum, gute Mobilitätskonzepte nicht zuzulassen“, betont der Bürgermeister. Aber der grundsätzliche Anspruch darauf, weniger Parkplätze zu bauen, ist mit der jetzt geplanten Änderung nicht mehr gegeben. Der Ausschuss stimmt geschlossen für die Streichung der Paragrafen.

Ebenfalls ein einstimmiges Votum gibt es für die Anregung der Grünen, die Stadt möge sich der Initiative Agora Verkehrswende anschließen. Diesem Verbund gehören mehr als 100 Städte und Gemeinden an, die mehr Handlungsspielraum im Hinblick auf die innerörtliche Höchstgeschwindigkeit fordern. „Als Stadt ist es schwierig, auf Gemeindestraßen Tempo 30 durchzusetzen. Das heißt nicht, dass wir auf all unseren Straßen Tempo 30 wollen. Es geht jetzt erst einmal darum, ein Signal zu setzen“, so Grünen-Sprecherin Linda Hein.

Ein drittes Verkehrsthema dreht sich um die Fahrgasse in Dreieichenhain. Natascha Bingenheimer von den Bürgern für Dreieich (BfD) bringt den Prüfantrag ein, die Sperrung der Altstadt zwischen Ober- und Untertor, die über die Sommermonate sonn- und feiertags gilt, auszuweiten, um den Verkehr aus der Gasse rauszunehmen und ruhigeres Einkaufen zu ermöglichen. Erster Stadtrat Markus Heller regt an, erst die Auswertung der jüngsten Begehung mit Anwohnern, Vertretern der Verwaltung und Interessierten durch die Altstadt abzuwarten, bevor eine solche Entscheidung getroffen werde.

SPD-Chef Dechert äußert sich kritisch zu einer generellen Sperrung der Altstadt, vor allem für die Anwohner sei es nicht zumutbar. „Die Altstadt ist kein Museumsdorf. Wir wollen dort auch Geschäfte für die zentralen Lebensbereiche haben. Und wenn jemand bei Drölls ein mehrteiliges Porzellanset kauft, will er das nicht bis ans Untertor auf den Parkplatz schleppen.“ Die Grünen bewerten den Vorstoß positiv: „Ich sehe den Antrag eher als Rückenwind. Natürlich müssten Anwohner und Geschäftsleute gehört werden. Aber grundsätzlich ist es gut, den Verkehr in der Fahrgasse zu verringern“, meint Linda Hein. Letztlich ist der Antrag aber chancenlos. (Nicole Jost)

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