Dreieichenhainer Wahrzeichen wird saniert – unter strengen Auflagen des Denkmalschutzes

Für Besucher der Fahrgasse ist es nicht zu übersehen: Das Obertor ist eingerüstet und Mitarbeiter der Dreieichenhainer Malerfirma Stroh stehen hoch oben und bearbeiten die Fassade des historischen Gebäudes.
Dreieich - Es ist ein Stück Putz von der Größe einer Zwei-Euro-Münze, das im Februar vor dem Obertor liegt und die Aufmerksamkeit von Anwohnern weckt. Das um 1350 erbaute Obertor bröckelt. Benjamin Halberstadt, Leiter der Dreieicher Bürgerhäuser und zudem für den heutigen Bürgertreff in Götzenhain sowie das Obertor verantwortlich, reagiert schnell: Das unter Denkmalschutz stehende Ensemble bekommt an der Stelle, aus der sich der Putz gelöst hat, ein Sicherheitsnetz. „Das Tor ist zur Seite Richtung Dreieichplatz aus rotliegendem Gestein, das vor circa 15 Jahren schon einmal neu verfugt wurde. Auf der anderen Seite, zur Fahrgasse hin, hat der Turm Fachwerk. Aus dem betroffenen Gefach haben wir dann die lockeren Steine entfernt und die Stelle abgesichert“, erläutert der Bürgerhaus-Chef.
Es ist der Zahn der Zeit, der an dem Fachwerk nagt: Zwischen den Balken und dem über den darunter liegenden Steinen aufgebrachten Putz entstehen mit den Jahrzehnten kleine Risse. Wasser kann eindringen, durch Frost im Winter entsteht noch mehr Spannung und weitet die Risse. Mit der Zeit löst dieser Prozess den Putz ab. Die Sanierung des Obertors stand ohnehin auf der Liste der Bürgerhäuser. Eigentlich waren die Arbeiten für kommendes Jahr geplant, aber jetzt besteht Handlungsbedarf.
In Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalschutzbehörde aus Dietzenbach wurde das Obertor zunächst genau begutachtet: „Gut ist, dass die Holzbalken selbst noch gut in Schuss sind, auch die Fenster sind alle heil“, so Halberstadt. Das Anfang Mai gestellte Gerüst, das eine Durchfahrt weiterhin erlaubt, ermöglicht, dass alle Gefache genau angeschaut werden können. Die entfernten Steine sind wieder eingemauert – kein alter Stein wird aus dem Gebäude entfernt, das schreibt der Denkmalschutz vor. Die Malerfachleute bürsten alle Holzbalken sauber mit einer Drahtbürste ab, überprüfen den Putz und verfugen die Balken mit einer Spezialholzverfugung neu. Der Putz muss in einer besonderen Technik aufgebracht werden. „Das soll hinterher so aussehen, als habe man ein Kissen in die Holzrahmen gedrückt, der Putz schließt nicht mit scharfen Kanten am Holz ab, sondern fügt sich halbrund wie ein Kissen ein. So wurde Fachwerk früher gearbeitet, das wollte auch die Denkmalschutzbehörde so haben“, berichtet Halberstadt.
Anschließend werden alle Gefache neu gestrichen, ebenfalls mit einer speziellen Farbe, wie aus Dietzenbach gewünscht, erläutert Michael Stroh, Chef der ausführenden Firma. Es ist die letzten Tage sehr heiß auf dem Gerüst: „Es brennt ganz schön. Wir haben sicherlich 35 Grad“, erzählt der Malermeister, der bei dieser doch eher ungewöhnlichen Aufgabe für seinen Betrieb den Schreibtisch verlässt und zur Unterstützung seiner zwei bis drei Kollegen selbst mit anpackt. „Wir haben das vor 35 Jahren schon mal gemacht, da war ich aber noch nicht dabei“, erinnert sich Stroh, dass die Fassade damals auch von den Dreieichenhainer Malern gestrichen wurde.
Eine ältere Hainerin, die gerade am Obertor vorbeikommt, freut sich, dass das Obertor so schnell Hilfe bekommt. „Die Leute denken jetzt, dass der Rundgang mit der Stadt vor zwei Wochen, wo der Schaden Teilnehmern aufgefallen ist und noch einmal explizit aufgenommen wurde, der Grund ist, dass jetzt das Gerüst steht. Aber so schnell sind wir auch nicht, wir haben das Problem ja seit Februar auf dem Schirm“, erklärt Halberstadt. Schnelligkeit ist jetzt trotzdem ein wichtiges Stichwort: Alle Beteiligten haben den Ehrgeiz, die Arbeiten bis Freitag vor Pfingsten, also Anfang Juni, fertig zu haben. Es wäre schön, wenn die Hayner Weiber ihre Kerb am Obertor mit einer schicken Fassade und ohne Gerüst feiern könnten. Die Kosten für die Sanierung, rund 25 000 Euro, wie Halberstadt schätzt, tragen die Bürgerhäuser. Sie sind bereits im Budget geplant.
Von Nicole Jost