Dreieicher entwickelt einzigartiges Löschraupenfahrzeug

Eine Raupe steht für Veränderung. Im biologischen Prozess der Metamorphose mutiert sie meist zu einem bunten Schmetterling. In der Dreieicher GmbH ReloConsult ist die Raupe grün und der Aufbau leuchtend gelb, damit man das Fahrzeug auch in dichtem Rauch sehen kann. Waldbrände sind das Metier des einzigartigen Raupenlöschfahrzeugs, das Christian Klementz im Rahmen eines Forschungsprojektes des Bundesministeriums für Verkehr und Digitale Infrastruktur konzipiert hat. Die Brandschützer sind Feuer und Flamme.
Dreieich - Die Entwicklung des Kettenfahrzeugs mit der Typenbezeichnung CT 25 kann in vielfacher Hinsicht als Umweltprojekt bezeichnet werden. Das Vehikel spritzt mit einem Druck von zehn bar Wasser bis zu 70 Meter weit, schützt damit Wälder vor der Zerstörung durch Feuer und rettet Menschen, deren Häuser durch die Flammen gefährdet sind.
Die außergewöhnliche Raupe hat gleich mehrere Vorteile, die sie für Feuerwehren äußerst interessant macht. Der von einem Vier-Zylinder-Dieselmotor angetriebene Löschwagen besticht durch enorm viel Ausdauer, denn das Wasser fließt nicht aus einem kleinen Tank, sondern kommt permanent über einen tausend Meter langen Schlauch. „Damit haben wir hohe Einsatzzeiten und müssen nicht alle fünf Minuten zurückfahren und den Wassertank füllen“, sagt Entwickler Christian Klementz.
Der Dreieichenhainer ist ein Tüftler, ein Mann der Praxis, der den Spruch „Geht nicht, gibt’s nicht“, verinnerlicht hat. „Meine Deutschlehrerin hat früher unter meine Arbeiten geschrieben: Zu viel Fantasie“, sagt der Firmenchef mit einem Augenzwinkern und weiß, dass genau der Ideenreichtum ihn im Berufsleben vorangebracht hat. Manche Dreieicher kennen Christian Klementz auch, da er vor zehn Jahren bei der Bürgermeisterwahl als parteiloser Kandidat antrat.
Seit Jahren beginnt der 63-Jährige mit seiner Arbeit dort, wo andere aufgeben und Maschinen an ihre Grenzen kommen. Christian Klementz hat beispielsweise Fertigteile für Häuser in entlegene Gebiete – etwa in Berge – gebracht, wo wegen des weichen Untergrunds oder der enormen Steigung kein Lastwagen hinkommt.
Und jetzt diese Raupe. Mit dem weiten Wasserstrahl könnte der ReloConsult GmbH der große Wurf in der Bekämpfung von Waldbränden, insbesondere auf munitionsbelasteten Flächen, gelingen. ReloConsult hat vor fünf Jahren den neuen Betriebsteil ATG Across The Ground gegründet, zu dem neben Geschäftsführer Christian Klementz, seine Frau Anja Klementz (Prokuristin, Verwaltung) und Maschinenbau-Ingenieur Merlin Heilmann (Head of Engineering) gehören.
Das neueste Modell der Raupe kann eine Last von bis zu 30 Tonnen tragen und ist in der Lage, auf munitionsbelasteten Flächen in den Sicherheitsbereich von tausend Metern einzufahren, um mittendrin im höllisch heißen Inferno Feuer zu löschen. Ein Mast wird auf die Höhe von bis zu neun Metern ausgefahren und dann heißt es „Wasser marsch!“ 1 200 Liter können pro Minute in die Flammen gespritzt werden. Durch den einen Kilometer langen Schlauch wird ständig Wasser gepumpt. Auf der Plattform befindet sich außerdem ein Puffertank mit einem Volumen von 2 500 Litern Wasser.
Das Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur erkannte die Innovationskraft von Across The Ground im Rahmen eines 5G-Projektes und hat den Forschungsauftrag unter anderem an das Dreieicher Trio vergeben. Das vom Bund geförderte Forschungsprojekt trägt den Namen „Advanced Low Altitude Data Information System“. Das Akronym baut die Brücke zum Mobilfunk. Die Dreieicher Löschraupe ist unbemannt und auch ohne Frau am Steuer, sie wird über Funk aus der Ferne gelenkt. Ihr Arbeitsfeld liegt unter einem 5G-Netz. Christian Klementz und sein Team arbeiten mit der Technischen Hochschule Wildau im Südosten von Berlin zusammen, wo die Tragflächendrohne „ATISS“ entwickelt wurde.
„Dank der Raupe und der Drohne erhalten wir bei Einsätzen in entlegenen Gebieten ein Echtzeitlagebild“, erläutert Christian Klementz. Mithilfe der gesammelten Daten soll eine bessere Aufklärung der Katastrophenlage aus sicherer Entfernung möglich sein. „Aufgrund der intensiven Nachfrage und der positiven Reaktionen werden wir die Fertigung des Feuerwehrfahrzeugs stark forcieren“, so der Geschäftsführer. Doch wo der Firmensitz künftig sein wird und wo die Endmontage läuft, weiß er noch nicht. „Wir suchen eine Produktionsstätte mit Halle zwischen 600 und 2 000 Quadratmeter in Dreieich und Umgebung“, sagt Klementz.
Von Achim Ritz
