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Dreieicher Gedenken an Bauhaus-Künstlerin

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Von: Nicole Jost

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Auf den Spuren Alma Siedhoff-Buschers: Karin Siegmann (von links), Sonja Arnold und Ingrid Kiunke bei Ebba Reiter, der Schwiegertochter der Bauhaus-Künstlerin, die persönliche Stücke für die Ausstellung verleiht.
Auf den Spuren Alma Siedhoff-Buschers: Karin Siegmann (von links), Sonja Arnold und Ingrid Kiunke bei Ebba Reiter, der Schwiegertochter der Bauhaus-Künstlerin, die persönliche Stücke für die Ausstellung verleiht. © privat

Das Schicksal von Alma Siedhoff-Buscher ist für immer mit Buchschlag verbunden: Nach einem Angriff auf Frankfurt werden die restlichen Bomben am 25. September 1944 über der beschaulichen Villenkolonie abgeworfen. Damals werden sieben Häuser zerstört und zwei Frauen kommen ums Leben: Mathilde Lejeune und die Bauhaus-Künstlerin Alma Siedhoff-Buscher, die im Zaunweg in der dortigen Näherei arbeitet. Die Druckwelle der amerikanischen Fliegerbombe zerreißt ihr die Halsschlagader.

Dreieich -Die Dreieicherinnen Karin Siegmann, Sonja Arnold und Ingrid Kiunke haben sich im vergangenen Jahr auf die Spuren der bedeutenden Bauhaus-Designerin und Kunsthandwerkerin, Jahrgang 1899, gemacht. Ihre umfangreichen Recherchen zeigen sie im Juni in einer Ausstellung in der Stadtgalerie in Sprendlingen. Die Schau, wie eine Broschüre, wird von der Frau berichten, die in den 40er Jahren jeden Tag mit dem Zug aus Frankfurt kommend in den Zaunweg gelaufen ist. Natürlich geht es auch um die Bauhaus-Ära, die Rolle der Künstlerin, die sich schon 1922 emanzipierte und sich von Walter Gropius nicht in die Weberei abschieben ließ. Die Organisatorinnen wollen auch von Buchschlag im Krieg und vom Bombenangriff erzählen.

Kontakt zu Nachfahren

„Ich glaube, ich habe alles gelesen, was je über Alma Siedhoff-Buscher geschrieben wurde, ich habe eine regelrechte Sucht entwickelt und kann auch gar nicht damit aufhören“, berichtet Sonja Arnold. Die Forschung führt die drei Frauen nicht nur in die Archive und zu vielen Aufsätzen und Artikeln über das Bauhaus, sie haben auch Kontakt zu den Nachfahren der Künstlerin geknüpft, die das berühmte Kinderzimmer im „Haus am Horn“ zur Bauhausausstellung 1923 in Weimar entworfen hat, das in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiert.

Der Besuchstermin mit Almas Sohn Joost Siedhoff, damals 95 Jahre alt, im vergangenen Sommer steht schon. Doch die Dreieicherinnen kommen zu spät: Der Schauspieler, der die Rolle des Willis in „Die Hesselsbachs“ verkörperte, stirbt, bevor sie ihn treffen können. „Wir haben ein halbes Jahr später mit seiner Witwe, Ebba Reiter, auch Schauspielerin, in einem Vorort Potsdam zusammen gesessen“, erzählt Karin Siegmann. Im Büro des Verstorbenen dürfen die Dreieicherinnen eine Kiste mitnehmen, auf der Alma Siedhoff-Buschers Name steht. „Darin waren viele Briefe von Werner Siedhoff an seine Frau. Er nennt sie darin Palma und Schnüppken. Er schreibt in seinen Zeilen immer wieder, dass er ihr leider kein Geld schicken kann. Die meisten der Bauhaus-Künstler waren arm und die Familie lebte wegen der Schauspiel-Engagements von Werner phasenweise nicht zusammen. Ein Brief geht von Alma an ihren Mann, diesen mussten wir übersetzen lassen, er war in Sütterlin geschrieben“, berichtet Sonja Arnold. Siedhoff (1899 bis 1976) fing als Darsteller und Tänzer am Bauhaus an, bevor er an verschiedenen Bühnen spielte.

In Buchschlag begraben

Die Recherchen ergeben, dass das Ehepaar in Buchschlag begraben liegt. Die Familie hat die Grabpflege privat übernommen – aus diesem Grund wurde das Grab nicht als Kriegsgrab weiter gepflegt. Die Grabplatten wurden vermutlich in den 90er Jahren abgeholt. Der Platz von ihr und Werner Siedhoff, direkt neben Mathilde Lejeune, ist heute leer. Nichts auf dem Friedhof erinnert mehr an die Bauhaus-Künstlerin, die die beliebten Wurfpuppen, übrigens das einzige Bauhausprodukt, das damals das Reichspatent erhalten hat, entworfen hat. „Das wollen wir dringend ändern. Von der Familie – wir stehen mit Almas Urenkelinnen in Kontakt – bekommen wir die originalen Grabplatten und es sollen Gedenkgräber auf dem Buchschlager Friedhof entstehen“, erläutert Karin Siegmann. „Wir wollen dafür sorgen, dass ihr ein Andenken bewahrt wird“, so Sonja Arnold.

Aus den Broschüren des Geschichtsvereins Buchschlag können Kiunke, Siegmann und Arnold weitere Fakten aus den Kriegsjahren zusammen tragen. Sie nehmen Kontakt mit Zeitzeugen auf, die sich an den Bombenangriff erinnern können. Etliche Termine rund um die Forschung stehen noch an: Dazu zählen Kontakte mit dem Bauhaus-Archiv, aber auch ein Besuch im Haus in der Corneliusstraße in Frankfurt, wo Familie Siedhoff lange lebte. Aber Ausstellung und Broschüre sind auf der Zielgeraden. „Als wir mit dem Projekt begonnen haben, konnten wir nicht im geringsten ahnen, wie groß es wird“, sagt Karin Siegmann nach gut einem Jahr intensiven Recherchen.

Platz nach Künstlerin benennen

Zur Ausstellungseröffnung am 6. Juni kommt Michael Siebenbrodt, ehemaliger Leiter des Bauhaus-Museums in Weimar, und hält einen Vortrag zu Alma Siedhoff-Buscher und ihrem so wichtigen Wirken am Bauhaus. Begleitend zur Ausstellung wird es einen Kreativ-Wettbewerb geben. Buchschlager Grundschüler können mit einem Bastelbogen von Alma Siedhoff-Buschers Schiffsbauspiel, das heute noch von einer Schweizer Firma vermarktet wird, Bilder gestalten. Die schönsten Werke werden gezeigt.

Veranstaltungsreihe

Am 6. Juni um 19 Uhr wird die Ausstellung zu Alma Siedhoff-Buscher mit dem ehemaligen Leiter des Bauhaus-Museums, Michael Siebenbrodt, eröffnet. Am 16. Juni um 20 Uhr gibt es zu dem Wirken von Frauen im Bauhaus eine musikalische Revue und am 20. Juni um 19 Uhr ist die Kulturwissenschaftlerin Dr. Ulrike Müller zu Gast und spricht über berühmte und vergessene Bauhaus-Frauen. Alle Veranstaltungen sind in der Stadtgalerie, Fichtestraße 50 A.

Das Schicksal von Alma Siedhoff-Buscher und der Bezug von Buchschlag zum Bauhaus soll auch im Straßenbild sichtbar werden. Der Magistrat berät in dieser Woche, ob der Bahnhofsvorplatz künftig nach ihr heißt.

Von Nicole Jost

Das sind sie, die patentierten Puppen: Karin Siegmann mit den Wurfpuppen, die Siedhoff-Buscher entwarf.
Das sind sie, die patentierten Puppen: Karin Siegmann mit den Wurfpuppen, die Siedhoff-Buscher entwarf. © -
Alma Siedhoff-Buscher als junge Studentin
Alma Siedhoff-Buscher als junge Studentin © -

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