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Pilot aus Dreieich geht in den USA mit dem Heli auf Verbrecherjagd

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Von: Frank Mahn

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Bastian Liebermann (34) aus Dreieich-Dreieichenhain erzählt von seinem Leben als Hubschrauberpilot bei der Polizei in Baltimore.

Dreieich - Ein besonderes Interesse für Fluggeräte habe er schon seit seiner Jugend gehabt, erzählt Bastian Liebermann. Der 34-Jährige sitzt entspannt im Garten seiner Eltern in Dreieich-Dreieichenhain (Kreis Offenbach) und plaudert aus dem Leben eines Hubschrauberpiloten. Den Beruf übt er schon seit vielen Jahren in den USA aus. Liebermann hat für verschiedene Firmen gearbeitet. Inzwischen geht er für die Polizei in Baltimore in die Luft und jagt Verbrecher.

Treue Zuschauer von „Wetten, dass...?,“ erinnern sich: Im Jahr 2008 hatte ein gewisser Jan Veen seinen großen Auftritt in der ZDF-Unterhaltungsshow. Innerhalb von drei Minuten gelang es dem Langener, vier Bierflaschen innerhalb von drei Minuten zu öffnen – mit einem Flaschenöffner, der an den Kufen eines Helikopters montiert war. Klar, dass der Pilot Wettkönig wurde.

Kreis Offenbach: Für den Piloten-Traum von Dreieich in die USA

„Jan war einer meiner Lehrer in der Ausbildung“, erzählt Liebermann grinsend. Der Dreieichenhainer fängt nach dem Abitur 2007 bei der Egelsbacher Firma Heli Transair mit der Privatlizenz an. Für ihn steht da schon fest: Er will mit dem Fliegen seinen Lebensunterhalt verdienen. Das Problem: In Deutschland ist der Berufspilotenschein sehr teuer. In den USA ist die Ausbildung wesentlich günstiger. Liebermann fasst einen Plan: Rüber nach Amerika, Schein machen, mit vielen Flugstunden Erfahrung sammeln und als Fluglehrer nach Deutschland zurückkehren.

Aber wie das manchmal so ist. Nicht jeder Plan geht auf, wobei die Abweichung in diesem Fall eine glückliche Fügung ist. Liebermann wohnt damals in einem Apartment in einer umgebauten alten Kirche. Zwei Zimmer weiter lebt eine junge Frau, es gibt ein erstes Date, die beiden verlieben sich – und heiraten. Mit Frau Lisa, die heute ein Forschungsprogramm beim Militär leitet, und den beiden Kindern Lukas (7) und Elisabeth (3) ist er vor Kurzem zu Besuch im Elternhaus gewesen.

Mit der Hubschrauberstaffel der Polizei fliegt Bastian Liebermann Streife in Baltimore. Unter den amerikanischen Großstädten ist sie die mit der höchsten Mordrate.
Mit der Hubschrauberstaffel der Polizei fliegt Bastian Liebermann Streife in Baltimore. Unter den amerikanischen Großstädten ist sie die mit der höchsten Mordrate. © privat

Die Vereinigten Staaten sind für Liebermann nach seinem Umzug 2009 nur bedingt Neuland. Papa Jochem ist früher als Banker viel in der Welt herumgekommen, Singapur, Hongkong, New York. Ehefrau Andrea ist dabei, die Engagements sind nicht auf ein paar Wochen oder Monate begrenzt. Bastian wird ebenso in den Staaten geboren wie sein zwei Jahre jüngerer Bruder Nils. Beide haben deshalb die doppelte Staatsbürgerschaft.

Pilot aus Dreieich erzählt von seiner Arbeit bei der Polizei in Baltimore

Wenn man sich mit Bastian Liebermann unterhält, wird schnell klar: So ein Job als Helikopterpilot ist für jede Menge Abwechslung gut. In Myrtle Beach, einem Urlaubsort an der Küste South Carolinas, arbeitet er bei einem Unternehmen, das Sightseeing-Touren für Feriengäste anbietet. Die dauern zwischen fünf und 30 Minuten. Da kommt was zusammen an einem Tag. Drei Jahre macht er das, dann wird Liebermann das Pendeln nach Maryland zu viel, wo Ehefrau Lisa lebt.

Nächste Station ist eine Charterfirma in New York, für die der Wahl-Amerikaner unter anderem auch wohlhabende Geschäftsleute durch die Lüfte kutschiert, morgens zu ihrem Arbeitsplatz nach Manhattan und abends wieder heim. „Da sind wir auch einfach mal auf einer Wiese auf dem Grundstück gelandet.“ Liebermann hat vier Zwölf-Stunden-Tage am Stück, dann vier Tage frei. Eines Tages setzt er gerade einen Passagier ab, als ihn eine SMS der Schwiegermutter erreicht: „Es geht los“. Praktisch, wenn man Pilot ist. Er schafft den Weg in den Kreißsaal rechtzeitig und kann bei der Geburt von Sohnemann Lukas dabei sein.

Mal wieder Dreieichenhainer Luft geatmet: Bastian Liebermann im Garten der Eltern.
Mal wieder Dreieichenhainer Luft geatmet: Bastian Liebermann im Garten der Eltern. © fm

Irgendwann wird Liebermann das Hin und Her zwischen New York und Maryland zu viel. Er möchte öfter bei der Familie sein und bewirbt sich bei der Polizei in Baltimore. Unter den amerikanischen Großstädten ist sie die mit der höchsten Mordrate. Für 2020 weist die Bilanz 335 Tote aus – bei einer Einwohnerzahl von 615 000. „Wir fliegen mit unserer Staffel Tag und Nacht Streife in zwei Schichten“, erzählt Liebermann, der seinen Abschluss in der Polizeiakademie als Klassenbester macht. Derzeit absolviert er quasi nebenbei noch einen Online-Studiengang in „Criminal Justice“, der kostenlos von der Polizeigewerkschaft angeboten wird und den er mit dem Bachelor abschließen will.

Heimweh nach Dreieich: „Vermisse meine Familie in Deutschland“

Vor ein paar Monaten hat die Familie ein neues Haus bezogen – mit Garten und einer riesigen Grünfläche drumherum. Das gefällt ihm. die Größe und die Weite. Und die Leute? „Die Menschen hier“, sagt der zweifache Vater, „sind auf einer oberflächlichen Ebene sehr viel freundlicher als in Deutschland“. In gewisser Hinsicht seien sie allerdings auch fundamentaler. Manche Themen wirkten sehr polarisierend, erzeugten extreme Meinungen und Spannungen. Als Beispiele nennt Liebermann die Diskussionen über Schwangerschaftsabbrüche und Waffengesetze.

Redaktion freut sich über Anregungen

Die einen suchen das Abenteuer, wollen ferne Länder entdecken und bleiben dann in irgendeinem Winkel der Erde hängen. Andere wiederum suchen gezielt eine neue berufliche Herausforderung oder wollen eine Sprache lernen. Und manchmal durchkreuzt die Liebe die eigentliche Lebensplanung und führt auf einen neuen Weg. Die Redaktion startet heute mit einer Serie über Menschen, die in Dreieich lebten, aber mittlerweile in einem anderen Land heimisch geworden sind. Den Anfang macht Bastian Liebermann, der in die USA ging, Berufspilot wurde, eine Familie gründete und dort Wurzeln geschlagen hat. Weitere „Dreieicher in aller Welt“ stellt die Redaktion einmal im Monat samstags vor.

Die Redaktion greift natürlich auch gerne Anregungen aus der Leserschaft auf. Wer einen „Auswanderer“ kennt, der für die Serie infrage kommen könnte, schickt eine E-Mail an frank.mahn@op-online.de oder wählt die Telefonnummer 06103 31085-21. fm

Obwohl er sich in Maryland mit Frau und Kindern wohlfühlt, kommt ab und an schon Heimweh auf. „Ich vermisse meine Familie hier in Deutschland“, sagt Liebermann. Den knapp dreiwöchigen Aufenthalt hat er natürlich auch genutzt, um Freunde und Bekannte wiederzusehen. Mit der Familie ist er auch am Bodensee und im Schwarzwald gewesen – und er hat ihr die Burg Hohenzollern gezeigt, die Dreieichenhainer Burg sowieso. „Solche Sehenswürdigkeiten gibt es in Amerika ja nicht.“ Und hat er in Deutschland im Vergleich zu den USA auch etwas vermisst? „Ja, die Läden machen hier so früh zu. Und sonntags geht gar nichts. Bei uns zu Hause kann ich zu jeder Tages- und Nachtzeit einkaufen gehen.“ (Frank Mahn)

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