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Dreieicher Kelterei befürchtet maue Apfelernte

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Von: Nicole Jost

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Matthias Walter Schäfer probiert den ersten Most aus Früchten von Streuobstwiesen aus dem Kreis Offenbach. Der Saft der wenigen Früchte ist süß und aromatisch.
Matthias Walter Schäfer probiert den ersten Most aus Früchten von Streuobstwiesen aus dem Kreis Offenbach. Der Saft der wenigen Früchte ist süß und aromatisch.  © jost

Auf dem Hof der Schäfers duftet es nach frischen, saftigen Äpfeln. Matthias Walter Schäfer richtet seinen Blick auf den großen Trog, der in diesem Moment mit Wasser geflutet wird. Wenige Minuten später surrt die große Apfelpresse so laut, dass man kaum noch sein eigenes Wort versteht. Für die Kelterei in der Darmstädter Straße in Sprendlingen hat die heiße Phase begonnen.

Dreieich - Seit gestern sind drei Mann beschäftigt, die Äpfel, die Streuobstwiesenbesitzer aus der Region anliefern, zunächst zu Most und dann zu Apfelwein zu verarbeiten. Matthias Schäfer ist aber besorgt. Nachdem am ersten Anlieferungstag rund 80 Zentner Früchte auf den Hof der letzten gewerblichen Kelterei im Kreis Offenbach gefahren wurden, läuft es schon am zweiten Tag sehr schleppend: „Ich habe Mitte Juli vom Verband der Hessischen Apfelwein- und Fruchtsaft-Keltereien gelesen, dass wir alle eine gute Apfelernte erwarten. Aber da hat jemand den Tag schon vor dem Abend gelobt“, sagt Schäfer kopfschüttelnd. Denn was in den Wochen darauf folgte, war eine sehr lange und heiße Dürrephase. „Das ist alles andere als gut für die Äpfel“, weiß der Fachmann. „Der Baum bekommt zu wenig Wasser und hat dann nicht die Kraft, die Frucht zu halten“, erläutert Matthias Schäfer. Die Folge: Das Obst fällt früh ab und wird schnell faul.

Deshalb erreichten die Kelterei in den vergangenen drei Wochen etliche Anrufe von langjährigen Lieferanten, die die Äpfel bringen und dafür bezahlt werden – oder ihre Äpfel anteilig als Apfelwein wieder zurückbekommen. Sie wollten ihre Äpfel deutlich früher bringen, weil sie auf ihren Wiesen das Herunterfallen beobachteten. „Aber wir können nicht früher anfangen, weil die Äpfel dann einfach noch nicht die richtige Qualität haben. Dann wird der Apfelwein zu dünn. Wir brauchen einen gewissen Zuckergehalt in der Frucht für den Gärungsprozess“, erklärt Schäfer. Die ersten Proben des Mosts, der jetzt saisongerecht aus den Leitungen läuft, beweisen: Die Qualität der Früchte, die jetzt durch die Presse laufen, ist gut. Der Saft ist süß und sehr aromatisch – aber eben in der Menge begrenzt.

Um es in Relation zu sehen: Das beste Jahr in der jüngeren Vergangenheit war 2018. Da konnte die Kelterei 300 Tonnen Äpfel aus der Region verarbeiten. Das war übrigens ebenfalls ein heißes Jahr – aber da fiel zwischendrin immer mal wieder Regen. Optimal für die Äpfel, die dann mit der Sonne süß genug werden, aber durch zwischenzeitliche Regenphasen am Baum bleiben. Im vergangenen Jahr konnte die Kelterei, die auf eine 110-jährige Geschichte blicken kann, 150 Tonnen Äpfel verarbeiten. Dieses Jahr hofft Matthias Schäfer zumindest auf 100 Tonnen. „Ich muss dann zwangsläufig Äpfel aus dem Spessart und dem Odenwald zukaufen, um die Kapazität zu erreichen, die ich brauche“, so der Chef. Die Vorräte aus 2021, die in riesigen Edelstahltanks im Keller lagern, sind zu 90 Prozent verkauft. „Der Apfelwein bleibt bei uns kein Jahr mehr im Keller“, berichtet Schäfer.

Eine Verteuerung der Produkte sei derzeit aber nicht geplant: „Ich habe keine lange Lieferkette. Wir sind ganz regional orientiert und müssen jetzt einfach gut kalkulieren“, so der Unternehmer. Die Kelterei hat sich längst über die Grenzen Dreieichs hinaus einen Namen gemacht und sich als Traditionsbetrieb der Moderne keinesfalls verschlossen. So werden unter dem Label „Apfelweinhelden“ neben dem klassischen Apfelwein in Flaschen und Kanistern auch der „Royal Schoppe Bembel“ bundesweit vermarktet und verschiedene Cider-Varianten angeboten, die sich großer Beliebtheit erfreuen.

Wer jetzt also noch Äpfel auf der Streuobstwiese hat, kann sie montags bis freitags zwischen 9 und 12.30 Uhr und 14 und 18 Uhr sowie samstags von 9 bis 13 Uhr in der Darmstädter Straße 52 abgeben.

Von Nicole Jost

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