Selbstversuch von Schülern: Wie gut funktioniert der Jugendschutz bei Alkoholkäufen?

Dreieicher Schüler testen Einhaltung des Jugendschutzgesetzes, indem sie versuchen, Bier zu kaufen. Wie leicht kommen 15-Jährige an Alkohol?
Dreieich - Was passiert, wenn ein 15-Jähriger am späten Vormittag in einen Dreieicher Supermarkt geht und zwei Flaschen Bier kaufen möchte? Das Jugendschutzgesetz verbietet bekanntlich die Abgabe von Alkohol an unter 16-Jährige. Hochprozentiges dürfen Jugendliche erst mit 18 Jahren kaufen. Ob dieses Gesetz in ihrer Stadt eingehalten wird, haben Schüler der neunten Realschulklassen der Heinrich-Heine-Schule in Dreieich und Neu-Isenburg im Selbstversuch getestet.
Das Ergebnis ist einigermaßen beruhigend: Die meisten der 21 besuchten Geschäfte, darunter Supermärkte, Tankstellen, Kioske und Getränkehändler, verweigerten den Verkauf von Schnaps, Bier, Wodka oder Gin. In 73 Prozent der Testkäufe wurden die Jugendlichen freundlich, aber bestimmt abgewiesen. In 16 Prozent der Fälle reagierten die Verkäufer verunsichert, gaben aber letztlich keinen Alkohol heraus. In elf Prozent wurde gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen und die Jugendlichen hätten den Alkohol kaufen können – wenn der Test nicht von ihnen aufgelöst worden wäre.
Hartnäckig, aber erfolglos: Schüler aus Dreieich versuchen Alkohol zu kaufen
Die Gruppe aus dem Wahlpflichtunterricht „Gewohnheit, Interesse, Sucht“ von Lehrer Uwe Grünhäuser war bestens vom Team des Suchthilfezentrums Wildhof in Offenbach auf die Testkäufe vorbereitet worden und wurde während des Versuchs von Erwachsenen begleitet, die sich zum Beispiel „inkognito“ an der Kasse anstellten. „Zunächst ging es im Unterricht um die Gefahren und Risiken von Alkohol, insbesondere bei in der Entwicklung stehenden Jugendlichen. Später haben wir in der Gruppe mit Rollenspielen geübt, was bei den Testkäufen an der Supermarktkasse passieren könnte“, erklärt Rainer Ummenhofer von der Fachstelle Suchtprävention beim Wildhof.
Die Schüler waren aufgeregt und gespannt vor ihrem Einsatz: „Als ich versucht habe, Sekt zu kaufen, sagte ich der Verkäuferin, dass ich für meine Eltern einkaufe“, erzählt die 15-jährige Lilly, dass sie recht hartnäckig war – aber erfolglos: „Auch als Anaya, die mich begleitete, sagte, sie sei schon 16, haben wir den Alkohol nicht bekommen, weil sie keinen Ausweis vorlegen konnte.“
Schüler in Dreieich machen Selbstversuch: Testkäufe zeigen erfreuliche Entwicklungen
Mitschüler Eren hätte in einem Kiosk zwei Flaschen Bier bekommen. „Die Verkäuferin erklärte, dass sie mich wegen der Corona-Scheibe nicht richtig erkannt hat.“ Eine etwas fadenscheinige Ausrede. Vanessa wollte eine Flasche Gin kaufen, und sie hätte sie auch bekommen. „Als wir unseren Testkauf aufgelöst haben, war die Verkäuferin peinlich berührt und hat sich sehr oft entschuldigt“, erzählt die Schülerin. In solchen Fällen haben die Mitarbeiter des Wildhofs Infozettel verteilt, dass es sich um eine Ordnungswidrigkeit handelt.
Für Uwe Grünhäuser ist das schon die zweite Testkauf-Aktion an der Heine-Schule. „2005 haben wir das schon mal gemacht. Damals haben 57 Prozent der Geschäfte gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen“, berichtet der Lehrer. Es sei eine erfreuliche Entwicklung, dass das Ergebnis in diesem Jahr so viel besser ausfällt, findet Kim Schön von Wildhof. Die Fachfrau ist überzeugt, dass dies auch das Ergebnis von bundesweiten Kampagnen gegen den Alkoholkonsum unter Jugendlichen ist. „Es gab Mitte der 2000er Jahre einen rasanten Anstieg im Zusammenhang mit Koma-Saufen und damit verbunden steigende Zahlen von Einlieferungen ins Krankenhaus. Die sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken.“ Praktische Aufklärung, wie jetzt an der Heinrich-Heine-Schule, helfe enorm, den jungen Menschen die Gefahr von Alkohol klar zu machen. „Es war eine tolle Zusammenarbeit“, finden Grünhäuser und das Wildhof-Team. (Von Nicole Jost)