Dreieicher Veranstaltungsleiterin: „Kultur ist Lebenselixier“

Sie hat lange darauf warten müssen. Seit Oktober 2019 ist Maria Ochs Veranstaltungsleiterin der Burgfestspiele in Dreieichenhain – doch dann legte Corona auch die Kultur auf Eis. Zwei Jahre lang mussten die Macher mit dem Open-Air-Spektakel aussetzen, ehe Ochs ihre Premierensaison als Programmmacherin erleben durfte.
Dreieich - Wie sie die empfunden hat, schildert die 58-Jährige im Interview. Und sie macht Appetit auf ein ganz besonderes Ereignis.
Frau Ochs, Sie haben als Veranstaltungsleiterin für Bürgerhaus und Festspiele im Oktober 2019 die Nachfolge von Wolfgang Barth angetreten. Ein paar Monate später legte Corona auch den Kulturbetrieb weitgehend lahm. Veranstaltungen waren – wenn überhaupt – nur mit erheblichen Einschränkungen möglich. Nun haben Sie Ihre ersten Burgfestspiele erlebt, bei denen Sie für das Programm verantwortlich waren. Wie fällt Ihre Bilanz aus?
Für mich persönlich waren diese Burgfestspiele natürlich ganz besonderes aufregend. Nachdem ich zwei Jahre hintereinander jeden einzelnen Termin ins nächste Jahr verschoben hatte, war es bei jeder Vorstellung, die nun tatsächlich stattgefunden hat, als ob ein kleiner Wackerstein von uns abfiele. Zwar gab es keine gesetzlichen Einschränkungen mehr für Veranstaltungen, dennoch war es immer spannend, ob die Ensembles vollständig anreisen konnten oder ob jemand coronabedingt ersetzt werden musste. Es war wunderbar zu sehen, wie sehr das Publikum die Veranstaltungen genossen hat und auch die Künstlerinnen und Künstler waren glücklich, ja zum Teil fast demütig, ob der schönen Sommernächte in der Burg. Jo Barnikel, der langjährige Bühnenpartner von Konstantin Wecker, sagte mir nach dem Auftritt: „Dieser Ort ist magisch!“ Das finde ich auch und ich bin glücklich, etwas dazu beitragen zu dürfen.
Wie weit sind die Vorbereitungen für die Festspiele im kommenden Sommer gediehen?
Der Zeitraum und die Struktur für die Burgfestspiele 2023 sind festgelegt, es stehen auch schon einige Veranstaltungen fest, andere sind noch in der Abklärung bei den Agenturen. Man muss sich das wie ein Puzzle vorstellen, das sich in den nächsten Wochen immer mehr verdichtet. Da wir nahezu jeden Abend eine andere Produktion zu Gast haben, müssen unser Spielplan und die Tourpläne der Produktionen genau aufeinander abgestimmt sein. Im November, wenn wir in den Vorverkauf gehen und der Flyer gedruckt vorliegt, muss alles wasserdicht sein. Bis dahin kann es immer noch Änderungen geben.
In ein paar Tagen startet ja schon die nächste Open-Air-Reihe. Auf der Parkterrasse des Bürgerhauses ist das kleine, aber feine Format „Luft & Liebe“ angesagt, das in der Pandemie aus der Not geboren wurde. Was erwartet die Besucher?
Die Mischung aus Kabarett, Kleinkunst, Konzerten und Programm für Kinder kam sehr gut an. So haben wir beschlossen, die Reihe in diesem Jahr weiterzuführen. Das Programm läuft vom 25. August bis 11. September immer von Donnerstag bis Sonntag. In den drei Wochen gibt es 14 Veranstaltungen. Das Besondere an Luft & Liebe ist die Nähe zu den Künstlerinnen und Künstlern und die sehr entspannte Atmosphäre auf der Parkterrasse mit kleinen Tischen und dem Blick in den Park. Falls das Wetter mal zu unwirtlich für einen Open-Air-Abend sein sollte, gibt es die Möglichkeit, die Show ins Bürgerhaus zu verlegen.
Das Bürgerhaus feiert in wenigen Wochen sein 50-jähriges Bestehen. Neben einem Abend für geladene Gäste gibt es am Samstag, 24. September, ein großes Fest vor allem auf dem Gelände um das Haus herum und am Montag, 26., eine Show mit allerlei Künstlern. Was sollten sich die Dreieicher auf keinen Fall entgehen lassen?
Am allerbesten ist es, sich an diesen Tagen erst gar nichts anderes vorzunehmen. Am Samstag von 14 bis 22.30 Uhr steigt bei freiem Eintritt ein großes Fest. Unter anderen sind dabei die französische Band Les Yeux d’la Tête, die rockige Brass-Band Marshall Cooper und Salsa mit Las Karamba. Alle machen sie mitreißende Tanzmusik und vor allem gute Laune. Es wird an diesem Tag zwei Bühnen geben, dazu viele Stände mit Essen und Trinken, das Spielefest im Bürgerpark und eine beeindruckende Straßenzirkusnummer namens Robo Pole. Ein Tag voller Musik, Tanz, Spiel und Staunen, der sich dann mit einer Drohnen-Lightshow zum groovigen Absacker mit YouGen ins Basement verabschiedet. Unser Wunsch ist es, mit allen Generationen und der ganzen Region ein rauschendes Fest zu feiern. Am Montagabend geben sich bekannte Größen aus dem Bürgerhausprogramm das Mikrofon in die Hand, moderiert von der Komikerin Carmela de Feo. Die Gäste werden dem Bürgerhaus mit Musik, Kabarett, Comedy und Magie gratulieren und den Abend auch nutzen, um gemeinsam backstage weiterzufeiern. Für diesen Abend gibt es Tickets im Vorverkauf.
Es ist momentan im Zuge der Digitalisierung und der Folgen der Pandemie viel die Rede von anstehenden Veränderungen im Kulturbereich. In welcher Richtung sollte sich das Bürgerhaus in den nächsten Jahren entwickeln? Wo sehen Sie die Herausforderungen?
Die Pandemie hat der Digitalisierung auch im Bürgerhaus einen Schub gegeben. Wir haben mit Beginn der Veranstaltungspause Möglichkeiten gesucht, mit unserem Publikum im Kontakt zu bleiben. Mit einer neuen Homepage, einem Newsletter-System, einem Facebook- und einem Instagram-Auftritt haben wir die Reichweite unserer Informationen ausgedehnt. Die Herausforderung ist, wirklich alle neuen Kanäle zu bedienen, auf dem Laufenden zu bleiben und gleichzeitig die herkömmlichen Formen der Kommunikation wie Printmedien, Programmhefte, Plakate und Flyer nicht zu vernachlässigen.
Nicht nur die Pandemie verändert den Kulturbereich, sondern alle Aspekte der aktuellen gesellschaftlichen Themen wie Krieg, Klimawandel, Energiekrise, Inflation. Die Kultur muss diese Themen zum einen aufgreifen und verhandeln. Zum anderen sollte sie auch ab und zu kleine Fluchten bieten. Manchmal darf sich das Publikum auch einfach auf gutem Niveau amüsieren. Kultur ist Kit und Lebenselixier in Krisenzeiten. Voraussetzung dafür ist, dass der Kulturbetrieb weiter gefördert wird und dass das Publikum uns wie bisher treu bleibt! Wir sind jedenfalls da und freuen uns über alle, die diese schönen Live-Erlebnisse mit uns teilen.
Das Interview führte Frank Mahn
Zur Person
Maria Ochs hat im Herbst 2019 die Veranstaltungsplanung für die Bürgerhäuser Dreieich und die Burgfestspiele von Wolfgang Barth übernommen. Die gebürtige Pforzheimerin leitete von 1995 bis 2015 das Theater Alte Mühle in Bad Vilbel, ehe es sie vorübergehend in ihre alte Heimat zurückzog. In Pforzheim war sie von 2016 bis 2019 Leiterin des Kulturhauses Osterfeld.