Stück der mittelalterlichen Ringlandwehr rekonstruieren

Dreieich - Wer den Wald hinter der Hainer Trift und der Lettkaut betritt, stößt auf historisch bedeutsames Gelände. Nur eine Tafel erinnert heute noch daran, dass sich dort einmal die Ringlandwehr befand. Zugleich findet sich dort die Erklärung für den Namen Buchschlag. Von Holger Klemm
Die Freunde Sprendlingens bemühen sich seit einiger Zeit um eine Rekonstruktion. Wer genauer hinschaut, sieht dort einen Graben, der an beiden Seiten dicht bewachsen ist. An ihm kann man den Verlauf der Ringlandwehr nachvollziehen. Wenige Meter davon entfernt findet sich neben der uralten Süntelbuche, die ein Naturdenkmal ist, auf einer Tafel der Regionalparkroute die Erklärung für den Begriff der Ringlandwehr. Dabei handelt es sich um mittelalterliche Befestigungen, die Eindringlinge fernhalten sollten. „Die Dreieicher Ringlandwehr war eine 1348 erstmals erwähnte Verteidigungsanlage, die die Orte Sprendlingen, Dreieichenhain, Götzenhain, Offenthal, Langen und Egelsbach umfasste“, berichtet Wilhelm Ott, Vorsitzender der Freunde Sprendlingen. Sie bestand aus einem Graben beziehungsweise Doppelgraben, einem undurchdringlichen bepflanzten Wall, der aus geknickten und miteinander verflochtenen Buchen (Gebück) bestand, und einem Begleitweg. Passierbar war die Landwehr nur an bestimmten Stellen, den kontrollierten „Schlägen“, die oft zur Erhebung des Wegzolls dienten. Und der Schlag an diesem Punkt heißt „Buch-Schlag“, wodurch sich der Namen der benachbarten Villenkolonie erklärt. Ott verweist auf eine Karte um 1600, auf der sich der Verlauf um die Ortschaften gut nachvollziehen lässt.

Im Kreis Offenbach gibt es noch die Mainzer Landwehr um Steinheim sowie die Dietzenbacher oder Hanauer Verbindungslandwehr. In Frankfurt erinnern beispielsweise die Sachsenhäuser oder Friedberger Warte an die Frankfurter Landwehr. Durch das Aufkommen der Feuerwaffen verloren die Landwehren schließlich ihre Bedeutung, sie wurden nicht mehr gewartet und verfielen im Laufe der Zeit. An einigen Stellen ist die Dreieicher Ringlandwehr aber noch gut zu erkennen, wie am Waldrand der Hainer Trift.
Die Freunde Sprendlingens, die sich seit ihrer Gründung für den Erhalt von kulturhistorisch bedeutsamen Objekten in der Dreieich einsetzen, möchten nun dieses Kleinod mehr herausgehoben wissen. Sie greifen dabei auf eine Idee zurück, die der Regionalpark Rhein-Main Südwest GmbH vor mehr als zehn Jahren vorbrachte. Damals wurde eine Rekonstruktion der Landwehr an dieser Stelle geprüft, aber wegen anderer Prioritäten nicht weiter verfolgt. Seit einiger Zeit bemühen sich die Freunde Sprendlingens nun um eine Wiederaufnahme des Projekts.
Die Rekonstruktion auf bis zu 200 Meter an dieser Stelle würde eine Vertiefung des noch bestehenden Grabens, der Anlage und Bepflanzung eines parallel verlaufenen Walls sowie die Herrichtung des Begleitwegs umfassen. Ott erhofft sich dadurch eine Steigerung der Attraktivität der Regionalparkroute. Die Kosten für die Anlage schätzt er auf 100.000 Euro. Hinzu käme der Pflegeaufwand.

Ende 2016 gab es auf Einladung des Ersten Stadtrats Martin Burlon ein Gespräch, an dem auch Manfred Ockel, Geschäftsführer der Regionalpark Rhein-Main Südwest GmbH, teilnahm. Nach einem Ortstermin mit allen beteiligten Ämtern wurde die Anlage zweier Erkundungsgräben durch die Untere Denkmalschutzbehörde beschlossen, um die Umsetzung des Projekts zu prüfen. Nach dem Ziehen der Gräben durch einen Bagger wurde das Profil des Landwehrgrabens dokumentiert und im Anschluss wieder verfüllt. Auch dem Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Energie wurde das Projekt vorgestellt.
Nun hofft Ott auf eine baldige Umsetzung des Vorhabens, das den Besuchern des Regionalparks das Interesse für die Geschichte näherbringen könnte.
Der Vorsitzende der Freunde Sprendlingens verweist noch auf eine weitere Besonderheit in dem Bereich. In dem Waldstück liegen die 1783 gesetzten Steine der Grenze zwischen Ysenburg und Hessen-Darmstädtischen Gebiet. Zudem hat der Verein eine Entdeckung gemacht: An einem weiteren Graben weist er auf einen Stein, Reste der Brücke am Buch-Schlag. Für Ott sind das noch mehr Gründe, die dafür sprechen, das historische bedeutsame Areal aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken.