Schatzsucher fürstlich belohnt

Dreieich - Das Dreieicher Stadtarchiv ist um einen Schatz reicher, zur großen Freude von Reinhard Pitterling. Von Frank Mahn
Wilhelm Ott, Vorsitzender des Heimatkundevereins Freunde Sprendlingens, und sein Stellvertreter Alfred Liederbach überreichten dem Stadtarchivar gestern die Reproduktion einer Landkarte aus dem Jahr 1761. „Sie zeigt eine der ersten Abbildungen unseres Dorfs überhaupt“, unterstrich Ott ihren Wert.
Am Anfang war ein Rätsel. Im Nachlass des Sprendlinger Heimatforschers Heinrich Runkel hatten sich in einem Umschlag qualitativ schwache Fotografien von Ausschnitten einer historischen Karte gefunden. Sie zeigte nach Otts Worten interessante Details aus der Landschaft Dreieich, waren aber unbeschriftet. Wo sich die Originalkarte befand, war unbekannt. Gesine Weber von der Unteren Denkmalschutzbehörde lieferte schließlich den entscheidenden Hinweis. Sie war sich ziemlich sicher, dass es sich um eine Karte aus dem Archiv der Fürsten von Isenburg in Birstein handelte und von dem Geometer Nicks angefertigt worden war. „Damit hatten wir eine gute und eine schlechte Nachricht“, berichtet Ott. „Wir wussten, wo die Karte ist, aber das Archiv ist normalerweise nicht öffentlich zugänglich.“
Doch der Zufall wollte es, dass sich Wilhelm Ott und Prinz Alexander von Isenburg bei einer Veranstaltung in der Hugenottenstadt begegneten. Anlass war die Vorstellung des Buchs von Dr. Heidi Fogel über die Geschichte Neu-Isenburgs. Herbert Hunkel, Bürgermeister der Nachbarstadt, war ebenfalls zugegen. Der Rathauschef ist zudem Vorsitzender des Vereins für Geschichte, Heimatpflege und Kultur – Ott und Hunkel sprachen den Prinzen auf die Karte an und erhielten die Zusage, sie im Archiv dokumentieren zu können.
Es bedurfte dann zweier Anläufe, die Gesamtkarte reproduktionsfähig zu fotografieren. Die hat nämlich die stattlichen Ausmaße von 120 mal 90 Zentimetern. Der erste Versuch scheiterte an der technischen Ausrüstung. Ott zog mit Uwe Dettmar einen professionellen Fotografen hinzu, der auch für das Institut für Stadtgeschichte in Frankfurt arbeitet. Das Ergebnis: eine 780 Megabyte große Datei, die es erlaubte, die Karte in Originalgröße und hoher Auflösung drucken zu lassen. Das übernahm die Dreieicher Firma Irmschler. Drei Exemplare gaben die Freunde Sprendlingens in Auftrag. Eins befindet sich im Fundus des Vereins, eins ging ans Neu-Isenburger Stadtarchiv und eins wanderte gestern ins Dreieicher Stadtarchiv.
Bei der Karte handelt es sich um eine kolorierte Federzeichnung, 1761 gefertigt von dem Geometer J. Ca. Nicks, der in fürstlich Isenburger Diensten stand. Sie ist von beträchtlicher lokalhistorischer Bedeutung, weil sie das Gebiet zwischen Sprendlingen, Neu-Isenburg, Gravenbruch und Neuhof mit großer Detaildichte abbildet. Auch die damaligen Territorialgrenzen mit den auch heute noch aktuellen Grenzpunkten sind eingetragen. Der ehemalige Verlauf von Straßen und Wegen ist gut nachvollziehbar. Zudem konnten die Heimatforscher neue Erkenntnisse über die damalige Neu-Isenburger Ostgrenze gewinnen. Interessant ist auch, dass es bereits 1761 die Darmstädter Straße in Sprendlingen gab und sie mittels einer Brücke über den Hengstbach geführt wurde.
„Die Freunde Sprendlingens leisten mit ihrer Arbeit rund um die Geschichte von Sprendlingen und ganz Dreieich einen wertvollen Beitrag zur Wahrung der Geschichte und der Tradition in unserer Stadt. Diese Aufgabe, die ehrenamtliche Heimatforscher für die gesamte Stadt und die Identität der Stadtteile leisten, ist immens. Dafür sind wir sehr dankbar“, sagte Erster Stadtrat Martin Burlon.
Ihr Exemplar der Karte und viele weitere historische Exponate präsentieren die Freunde Sprendlingens am kommenden Sonntag, 22. Oktober, in einer Ausstellung im Gemeindehaus der Erasmus-Alberus-Kirche. „DREY EICH – Eine Landschaft auf alten Karten“ ist von 10 bis 17 Uhr zu sehen, für 11 Uhr ist eine Führung angesetzt. Die Ausstellung ist Teil der Reihe „40 Jahre Dreieich“. Der Eintritt ist frei.