Ein Hoch aufs Hinnerbörnche

Dreieich - Das Hinnerbörnche plätschert wieder. In Absprache mit dem Geschichts- und Heimatverein Dreieichenhain haben die Freunde Sprendlingens den Brunnen auf Vordermann gebracht und gestern mit einer kleinen Feier eingeweiht.
Es sei ja allgemein bekannt, dass die Hainer und Sprendlinger Kinder vom Storch aus dem Born im Haaner Wald geholt und zu ihren Eltern in spe gebracht werden, merkt Wilhelm Ott, Vorsitzender des Heimatkundevereins Freunde Sprendlingens, augenzwinkernd an. In Dreieichenhain werde der Brunnen Hinnerbörnche, in Sprendlingen auch Haaner Börnche genannt. Er liegt an der Brunnenschneise in der Nähe der Staffordstraße nahe des Baugebiets Säuruh.
Für Ott und seine Mitstreiter steht fest: Es gibt eine eindeutige Wechselbeziehung. „Seit der Born vor einigen Dutzend Jahren versiegte, sank die Geburtenrate in beiden Städten stetig.“ Dagegen wollte der Verein für Heimatkunde etwas unternehmen. In Absprache mit der Stadt, dem Forstamt in Langen und dem Geschichts- und Heimatverein reparierten die Mitglieder den Brunnen. Ein neues Auslaufrohr wurde eingesetzt, die undichte Fassung mit Spezialzement abgedichtet und die defekte Auslaufrinne erneuert. Die Heimatkundler sammelten mehrere Eimer Glasscherben ein, entfernten Graffiti, säuberten die Anlage mit einem Hochdruckreiniger, beseitigten Brombeersträucher und setzten eine herausgerissene Betonbank wieder ein. Mitarbeiter der Firma Tippelt Gartengestaltung verlegten Trittplatten aus Granit, die der Dreieicher OBI-Markt gespendet hatte.
Der Brunnen hat eine lange Geschichte: Er wurde bereits 1537 von Erasmus Alberus, dem Reformator der Dreieich, als „fons Hinnuli“ erwähnt. In der heimatgeschichtlichen Literatur wird er auch als „Hindborn“ bezeichnet, so Ott. Der manchmal gebrauchte Name „Hunnenborn“ beziehungsweise „Hunnenbrunnen“ sei historisch kaum belegt. Vor Zeiten war das Hinnerbörnche ein Platz, an dem sich Dreieichenhainer Vereine zum Feiern trafen. 1927 wurde von den Schauspielern der Burgfestspiele für diesen Festplatz eine Betonbank gestiftet, die jetzt im Graben der Hainer Burg steht. Anfang der 1970er Jahre bekam der Brunnen im Zuge des Autobahnbaus mit Granitsteinen ein neues Gesicht. Durch Undichtigkeiten der Brunnenkammer suchte sich das Wasser andere Wege: Der Born hörte auf zu plätschern. Anfang der 1980er Jahre verwüstete ein Orkan den Platz. Es dauerte lange, bis sich der Wald von den Sturmschäden erholte. Der Platz um das Hinnerbörnche verkam: Vandalen zerstörten die Betonbänke, sengten Tischplatten an, besprühten Abfalleimer und den dort stehenden pilzförmigen Unterstand mit Farbe, Flaschen wurden zerschlagen und in den Wald geworfen, Steine aus der gemauerten Abflussrinne herausgebrochen. Dies war der Zustand, als die Freunde Sprendlingens beschlossen, den Brunnen – mit Blick auf die Geburtenrate – zu renovieren.
Seit gestern ist das Werk vollendet. Zum Abschluss installierte der Heimatverein eine Informationstafel und befestigte ein Schild an der Brunnensäule. In einer kleinen Feierstunde wurde das renovierte Hinnerbörnche der Öffentlichkeit vorgestellt. Dabei erklang das von den Freunden Sprendlingens aufgenommene „Hinnerbörnche-Lied“, das vom Schuster-Hannes aus Dreieichenhain getextet wurde. Sogar ein Storch hatte sich eingefunden, der Babyboom ist folglich nur noch eine Frage der Zeit. Das Hinnerbörnche, meint Wilhelm Ott, sei auch ein schönes Ziel für den Ausflug am 1. Mai. (fm)