Im Wolfsrudel fest integriert

Über echte Inklusion wird oft gesprochen, praktiziert wird sie eher selten. Wie es gehen kann, zeigt der Waldkindergarten Dreieich. Unter den 20 Kindern sind zwei mit Down-Syndrom – Neo und Pauline fühlen sich im „Wolfsrudel“ sehr wohl.
Dreieich - Gut zwei Jahre ist es her, dass zum ersten Mal die Anfrage an den Kindergarten gerichtet wurde, ob auch Kinder mit Down-Syndrom aufgenommen werden. Einrichtungsleiterin Alexandra Schwedler und der Vorstand des Trägervereins mussten nicht lange überlegen. Gemeinsam machte man sich daran, die Voraussetzungen zu schaffen und die bürokratischen Hürden zu nehmen. Auch das Finden einer Integrationsfachkraft erwies sich als Herausforderung. Doch schließlich waren alle Hindernisse beseitigt und der Aufnahme des ersten Integrationskindes stand nichts mehr im Weg.
Für die Familie von Neo war von Anfang an klar, dass ein regulärer Kindergarten mit mehreren Gruppen und einem offenen Konzept für sie nicht infrage kommt. Auch ein spezieller, integrativer Kindergarten, in dem Therapien in den Kindergartenalltag eingebaut werden, war ihnen nicht so wichtig. „Für uns ist es Therapie genug, wenn wir sehen, wie er hier über den unebenen Waldboden läuft, er draußen in der Natur sein darf und rennen, springen und klettern ganz nebenbei lernt“, sagt Neos Mutter Julia. Die Natur ist ein idealer „Spielplatz“, sie regt an, sich mehr zu bewegen, neue Dinge zu entdecken und kreativ zu werden.
Der Waldkindergarten im Sprendlinger Seegewann wurde 2009 eröffnet und hat eine Gruppe mit aktuell 20 Mädchen und Jungen. Aus diesem Grund kann hier sehr individuell auf die verschiedenen Bedürfnisse der Kinder eingegangen werden. Aber nicht nur die drei Erzieherinnen achten auf die Kinder, auch die Kinder passen aufeinander auf und helfen sich gegenseitig, wenn Hilfe benötigt wird. Nachdem der Start mit Neo gut verlaufen war, nahm der Kindergarten zu Beginn dieses Jahres mit Pauline ein weiteres Kind mit Down-Syndrom auf. Ihr steht ebenfalls eine Integrationsfachkraft zur Seite.
Neo und nun auch Pauline sind nach einer gelungenen Eingewöhnung fest integriert im Wolfsrudel, wie sich die Gruppe nennt. Und sie werden als Bereicherung empfunden. Ihre Familien sind sich einig, dass die beiden genau das gleiche wie alle anderen Kinder brauchen. „Das Team hat jedes einzelne Kind und die Bedürfnisse im Blick. Hier wird qualitativ hochwertige Arbeit geleistet und dafür sind wir total dankbar“, sagt Eva, die auch ihre ältere Tochter im Waldkindergarten betreuen lässt. Auch dass hier Gebärden zur Unterstützung der Kommunikation im Kreis aller Kinder eingesetzt werden, sieht sie nicht als Selbstverständlichkeit und freut sich sehr darüber.
Vor ein paar Tagen wurde das Team um Alexandra Schwedler von Neos und Paulines Familien überrascht. Die beiden Mütter kamen mit einer Urkunde des Deutschen Down-Syndrom Info-Centers vorbei. Eine solche Urkunde wird an Kindergärten und andere Einrichtungen vergeben, die sich besonders für Menschen mit Down-Syndrom engagieren.
Schwedler und ihre Kolleginnen Bonnie Ziegler und Barbara Honka freuen sich über die Anerkennung. „Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, alle Kinder egal mit welchem Hintergrund hier gleichermaßen zu betreuen und zu integrieren. Pauline und Neo machen alles genauso wie die anderen 18 Kinder. Sie brauchen lediglich etwas mehr Zeit dafür und die geben wir ihnen gerne“, sagt Alexandra Schwedler. fm