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Investoren in Dreieich nicht das Feld überlassen

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Von: Frank Mahn

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Aus dem Gelände einer ehemaligen Gärtnerei im Sprendlinger Nordosten soll ein Wohngebiet werden. Aus Sicht der Grünen ist das Projekt städtebaulich fragwürdig. 
Aus dem Gelände einer ehemaligen Gärtnerei im Sprendlinger Nordosten soll ein Wohngebiet werden. Aus Sicht der Grünen ist das Projekt städtebaulich fragwürdig.  © -Strohfeldt

Geeignete Flächen zur Wohnbebauung sind rar in Dreieich, aber es gibt sie. Und sie werden auch entwickelt. Nach Auffassung der Grünen-Fraktion müsste die Stadt allerdings deutlich aktiver werden, um häufiger selbst zum Zug zu kommen. 2017 ist eigens die Dreieich- Bau AöR gegründet worden, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die Praxis sieht oft anders aus.

Dreieich - „Die Investoren überholen uns links und rechts“, ärgert sich Roland Kreyscher. Als jüngste Beispiele nennt der Grünen-Fraktionsvorsitzende das Gelände des ehemaligen Ponyhofs in Offenthal und das frühere Hotel-Areal an der Eisenbahnstraße in Sprendlingen, bei denen Projektentwickler zugreifen konnten. Exemplarisch macht Kreyscher die Situation am Projekt Oberwiesen im Sprendlinger Nordosten fest. Mit Blick darauf spricht er von einer verpassten Chance.

Das Interesse eines Investors, Rendite zu erzielen, sei natürlich legitim, so Kreyscher. Die Grünen wurmt aber, dass in diesem Fall mehr als 80 Prozent der geplanten 50 Wohneinheiten frei finanziert werden sollen. Der soziale Wohnungsbau mache gerade einmal 18 Prozent aus. Dabei habe das Stadtparlament im Frühjahr 2021 beschlossen, bei größeren Bauprojekten eine Quote von 30 Prozent einzuführen. „Dieses politische Versprechen gilt es nun einzulösen, und zwar bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Der Magistrat muss dazu zeitnah eine rechtsverbindliche Vorlage zur Beschlussfassung vorlegen“, fordert Kreyscher.

Die Schaffung von günstigem Wohnraum sei im Kommunalwahlkampf 2021 nicht nur ein zentrales Thema der Grünen gewesen, erinnert der Fraktionschef. Angesichts der Aussagen in Wahlprogrammen wundert sich Kreyscher umso mehr über den Beschluss des Stadtparlaments von Mitte Dezember, der den Weg für das Projekt der Oberwiesen GmbH frei machte. Städtebaulicher Vertrag und Erschließungsvertrag gingen mit den Stimmen von CDU, SPD und FWG durch, nur Grüne und BfD lehnten die Vorlage des Magistrats ab, während die FDP sich enthielt. Die Öko-Partei kritisiert nicht nur das Verfehlen der Quote, sondern sieht bei dem Projekt weitere Konflikte, über die auch die Imagekampagne des Investors nicht hinwegtäuschen können. Kreyscher: „Ein paar Nistkästen und eine Spielstraße sind nicht überzeugend.“ Hingegen seien die „enorme“ Verdichtung und ein Riegel aus mehrgeschossigen Gebäuden am Übergang zur offenen Landschaft fragwürdig, zudem grenze das Naturschutzgebiet Oberwiesen an.

Kreyscher zählt eine ganze Reihe von Punkten auf, die versäumt oder nicht berücksichtigt worden seien: keine Kommunikation mit den unmittelbar betroffenen Anwohnern, keine Einbindung der städtischen AG Umwelt- und Naturschutz, Beeinträchtigungen des nahen Naturschutzgebiets zum Beispiel durch den notwendigen Bau von Tiefgaragen (Grundwasser), Auswirkungen auf das lokale Kleinklima durch den Gebäuderiegel, mangelhafte Erschließung durch die Spielstraße In der neuen Lach und Defizite bei der Infrastruktur vor allem mit Blick auf die Kinderbetreuung.

Nach Einschätzung der Grünen hätte es ganz anders laufen können – wenn die Politik an einem Strang gezogen hätte. „Es wäre durchaus machbar gewesen, dass die DreieichBau das Gelände der ehemaligen Gärtnerei erwirbt und dort überwiegend bezahlbaren, öffentlich geförderten Wohnraum baut“, ist Kreyscher überzeugt; und das umweltverträglicher mit einer weitaus geringeren Verdichtung. „Kein Investor hat das Recht auf einen Bebauungsplan, mit dem er sein Renditeprojekt realisieren kann. Schon gar nicht, wenn dem Interessen des Gemeinwohls entgegenstehen.“ Die öffentliche Hand müsse selbst als Käufer und als Bauherr auftreten, um sozialen Wohnungsbau in nennenswertem Umfang verwirklichen zu können.

Für die nächste Sitzungsrunde, die im Januar beginnt, will die Grünen-Fraktion deshalb einen Prüfungsantrag vorlegen, der die Einrichtung einer städtischen Gesellschaft zum Erwerb von Grundstücken für den Wohnungsbau zum Inhalt hat. Die öffentliche Hand dürfe im Rennen um geeignete Flächen nicht erst dann ins Spiel kommen, wenn private Investoren den „Deal“ schon eingetütet hätten, so Kreyscher.  fm

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