Milde Strafe nach Besitz von Kinderpornografie für Mann aus Dreieich

Ein Mann aus Dreiech (Kreis Offenbach) bekommt ein Jahr auf Bewährung und eine Geldstrafe für den Besitz mehrerer kinderpronografischer Dateien.
Dreieich/Langen - Kinderpornokonsum als Stressausgleich – das ist die Erklärung eines 31-Jährigen aus Dreiech-Sprendlingen (Landkreis Offenbach), der 2 761 Foto- und Videodateien von Mädchen und Jungen jeglichen Alters gesammelt hatte. Die Darstellungen umfassten das reine Posing bis hin zu schwerem sexuellen Missbrauch und körperlichen Züchtigungen. Der Fall beschäftigte jetzt Richter Volker Horn am Amtsgericht Langen. Das Urteil für den nicht vorbestraften Informatiker: ein Jahr Haft auf Bewährung. Als Auflage muss er 1500 Euro an den Deutschen Kinderschutzbund zahlen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Dem Dreieicher kommt zugute, dass die Taten schon zwei Jahre zurückliegen und noch nach alter Rechtsprechung sanktioniert wurden. Anfang 2021 wurde der Paragraf 184 des Strafgesetzbuchs verschärft. Anstatt mit Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft wird der Besitz seither mit Gefängnis von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.
„Puppen-Unzucht“: Passanten rufen Polizei - Mann aus Dreiech nutzte Puppen als Ersatzkinder
Aufgeflogen ist der Mann nicht, wie üblicherweise, in den unendlichen Weiten des Internets, sondern in der realen Welt im thüringischen Henschleben. Dort hatte er im September 2020 mit einem Kumpel eine Ferienwohnung gemietet, um ein weiteres ungewöhnliches „Hobby“ auszuleben: die Tagesgestaltung mit lebensgroßen Kinderpuppen. Das fiel Passanten auf, die die Polizei verständigten, weil sie „Puppen-Unzucht“ witterten. Laut Angeklagtem war dies aber nicht Sinn der Übung.
„Hintergrund ist ein realer Kinderwunsch. Man stellt Alltagssituationen nach, füttert und wickelt die Ersatzkinder. Dafür habe ich auch die Fotoausrüstung gekauft.“ In dem Apartment werden ein Mobiltelefon, ein Laptop und eine Festplatte mit einschlägigem Kinderpornomaterial sichergestellt. Folgerichtig wird auch die Wohnung in Sprendlingen durchsucht. Dort finden sich ein weiterer Laptop, eine Festplatte und CDs, ebenfalls nicht sauber.
Dreiech: Mann aus Sprendlingen gesteht und macht Therapie - „Ventil gesucht“
Vor Gericht ist der Mann zwar durch anwaltlichen Beistand vertreten – kann sich aber auch selbst bestens verteidigen. Eine Stunde erzählt der 31-Jährige aus seinem Leben, warum es zu der Sammlung gekommen ist und wie er bereits seit über einem Jahr an einer Besserung arbeitet. „Angefangen hat alles, als ich 2018 mit meiner behinderten Freundin zusammengezogen bin. Ich habe Vollzeit gearbeitet, nebenbei studiert und auch den Haushalt und ihre Pflege übernommen. Das war alles sehr belastend. Da hab’ ich ein Ventil gesucht, um den Stress zu kompensieren.“
Zu der Zeit habe er keine Alternativen gehabt, sich aus Angst und Scham niemandem anvertrauen können. Als die Polizei in Henschleben auftauchte, sei er in eine neue Situation reingeworfen worden und habe endlich mit der Freundin und den Eltern gesprochen. Seit August 2021 macht er nun in Frankfurt eine Therapie, die er selbst bezahlt. „Das Studium ist abgeschlossen, ich habe einen neuen, adäquaten Job und meinen Alltag besser geregelt. Ich gehe nach Feierabend nicht mehr an den Computer, ich besitze gar keinen mehr. Ich habe ein neues, stabiles Leben aufgebaut.“ Und er habe in der Therapie ausführlich über das Thema Kinderpornografie geredet. „Wir haben gelernt, Situationen zu vermeiden, über Triggerpunkte gesprochen.“
Konsum von Kinderpornografie: Ähnlicher Vorfall bereits 2012 mit Mann aus Dreiech
Allerdings: 2012 hatte es schon mal einen ähnlichen Vorfall gegeben, der ebenfalls eine Therapie nach sich zog. Ein Ermittlungsverfahren wurde eingestellt. „Damals war eine völlig andere Situation als heute. Ich wohnte noch im Elternhaus. Die heutige Therapie ist um Welten besser“, sagt der Beschuldigte. Staatsanwalt Dominik John und Richter Horn kann der Angeklagte mit seiner reflektierten Rede überzeugen – hauptsächlich wegen des frühen Geständnisses in Thüringen und der Therapie.
Nicht zuletzt durch die häufigen taktischen Wiederholungen erinnert der Vortrag jedoch weniger an ein Angeklagtengeständnis als an das Verkaufsgespräch eines Vertreters. Sein letztes Wort vor der Urteilsverkündung: „Ich bereue zutiefst, bin selbst schockiert. Trotzdem habe ich den Kopf nicht in den Sand gesteckt. Es geht mir heute so gut wie nie zuvor.“ (Silke Gelhausen)
Mit einem Freispruch endete ein Prozess vor dem Amtsgericht Langen wegen Gefährdung des Straßenverkehrs mit Unfall unter Alkoholeinfluss. Die Begründung ist banal.